Neill Marshall knallte uns Freunden des gepflegten Horrors in den letzten Jahren mit "Dog Soldiers" (2002) und "The Descent" (2005) zwei außerdordentlich gute Filme vor die Latz. Nun folgt drei Jahre später mit "Doomsday" ein, na man muss es schon so kombinieren, "Science-Fiction-Endzeit-Action-Thriller" und die Erwartungshaltungen der Fans waren sehr hoch. "Doomsday" ist mit Sicherheit kein schlechter Film, jedoch kann er die Messlatte der beiden vorangegangen Werke nicht erreichen.
Im Jahre 2008 bricht in Schottland bricht das Reaper-Virus aus - eine totbringende Krankheit, die sich schneller wie jeder Husten und Herpes verbreitet. Da es keinen Impfstoff oder Gegenmittel gibt, beschließt die britische Regierung, um die Landesgrenzen eine unüberwindbare Mauer zu bauen, um eine Pandemie zu verhindern. Schottland und seine Einwohner werden ihrem Schicksal überlassen.
27 Jahre später, 2035, bricht das Reaper-Virus jedoch in England aus (hat jemand über die Mauer gerotzt?) Die Regierung schickt Elite-Soldatin Eden Sinclair (Rhona Mitra) mit einem Kampftrupp und zwei Wissenschaftler in die verbotene Zone nach Schottland, da Satelliten-Bilder bewiesen haben, dass es dort noch Leben gibt. Es wird vermutet, dass der renomierte schottische Wissenschaftler Kane (Malcom McDowell) scheinbar ein Gegenmittel gefunden hat.
Ausgerüstet mit High-Tech-Waffen begleiten wir also die Gruppe in das unbekannte Gebiet. Das macht verdammt viel Spaß, aber - es wird schnell klar, dass hier ein Sammelsurium von Ideenklau vorliegt. Gewiefte Film-Freunde werden mindestens zehn andere Filme in "Doomsday" erkennen.
Der Film fühlt sich fast wie ein Computer-Spiel an, in der sich die Gruppe von Level zu Level hangelt. Zuerst treffen sie auf feindlich gesinnte Endzeit-Punks, die über die Hälfte der Truppe dezimieren und Sean Pertwee (überlebt der eigentlich auch mal einen Film?) genüsslich vor feiernder Kulisse auf dem 2m-Feuerwehr-Grill rösten und anschließlich verspeisen (in der deutschen Fassung ist das Kannibalen-Thema jedoch gänzlich rausgeschnitten worden). Auch wenn dieses lange Kapitel äußerst spannend und blutig geraten ist, fragt man sich, wann denn nun unsere Klapperschlange Snake Plissken auftaucht. Und so geht die Reise weiter, Level für Level. Ort für Ort.
Eins muss man Neill Marshall auf jeden Fall lassen, so viele unterschiedliche Orte (die sich gegenseitig beißen weil sie eigentlich nicht zusammenpassen) hat noch keiner vor ihm in 110 Minuten Spielzeit untergebracht. Die Reise geht weiter: Katakomben, Wälder, unendlich weite Landschafts-Ebenen und eine mittelalterlichen Burg (!), in der auch so gelebt und geherrscht wird, wie wir es von Rittern gewohnt sind. Hier gibt es die große Auflösung, bevor es im Finale auf asphaltierter Straße eine Höllenfahrt in bester "Mad Max II"-Manier gibt.
Die Darsteller agieren solide, nicht mehr und nicht weniger - einzig Craig Conway, als Anführer "Sol" der Kannibalen-Punks, spielt seine Rolle genüsslich overacted (naja, schließlich hatte er ja auch beim Dreh was intus).
Als Computer-Spiel hätte die Story wohl besser getaugt, leider funktioniert sie in "Doomsday" nur begrenzt. Man staunt schon, wie flüssig das ganze vonstatten geht. Der für einen Kinofilm ungewohnt hohe Gewaltgrad zieht sich durch den ganzen Film (das gibt ein dickes Respekt-Pünktchen, da viele Major-Labels vor zu expliziten Szenen kuschen wegen Gefahr auf geringere Einnahmen). Wenn man jetzt mal einen dicken Haufen Kamel-Dung auf den Ideen-Klau legt, gibt es trotzdem ein Punkt, der hier ganz mies auftrumpft: Und das wäre die Logik! Ich bin eigentlich einer von der Sorte, der auch gerne mal darüber hinwegsieht, wenn der Film ordentlich rockt. "Doomsday" rockt ja auch wie Schmitt´s Katze, aber was hier an Logiklöchern geboten wird, reicht für ein ganzes Kinojahr.
Das fängt schon mit der Einführung an: Die Mauer erscheint wie von Zauberhand in ein paar Tagen zu stehen und ganz Schottland schaut dabei zu. Bei den Endzeit-Punks scheint auch nach 27 Jahren der Sprit nicht ausgegangen zu sein, schließlich geben sie sich mehrere Verfolgungsjagden per Bus, Auto und Motorrad mit der Heldentruppe. Der Strom funktioniert auch noch einwandfrei. Mal ganz abgesehen von einer Dampflok, die munter durch die Gegend tuckert. Warum wird hier für hunderte Punks ein einzelner Mensch geröstet und gefressen - was haben die die ganzen Jahre gegessen? Kühe scheinbar nicht - denn die stehen unberührt in der Gegend rum und grasen die Weiden ab. 5 km weiter scheint die Zivilisation komplett zurückgeworfen zu sein, und wenn es auch noch so schön ist, mitanzusehen: Who the Fuck leben Wissenschaftler Kane und seine "Mannen" wie im Mittelalter. Und zwischen den beiden "Welten" gibt´s natürlich noch so eine Art Geheimtunnel (den keiner außer die Schlüsselfigur Cally kennt), in dem kostbare Schätze wie z.B ein Bentley Continental GT versteckt ist (mit dem ja auch das Finale gestaltet wird). Und wo wir gerade mal beim Bentley sind: Wie können sich die Punks mit ihren alten Wichs-Gurken eine Verfolgungsjagd mit einem 560PS-Höllengerät (in 4,8 sek. auf 100 km/h) liefern? Aua - Aua und nochmals aua. Und diese ganzen Punkte könnte man unendlich fortsetzen... Da muss man schon drei Augen zudrücken können bei soviel Blödheit. Ich hab zwar noch ein Hühnerauge anzubieten, das ich mir ausdrücken könnte, aber bei soooo viel Löchern tut es selbst dem Mainstream-Liebhaber weh.
"Doomsday" wäre ein wirklich guter Endzeit-Film geworden, wenn die ganzen Logik-Löchern und der (in meinen Augen nicht gravierende) Ideen-Klau wären. Dafür zwei Punkte Abzug. Dennoch kann man sich "Doomsday" zwischendurch reinpfeifen, man wird schon kein Reaper-Virus davon bekommen.
7/10