Review

VORSICHT, SPOILER!

2008 bricht in Schottland der sogenannte "Reaper"-Virus aus. Warum? Keine Ahnung. Aber wenigstens hat er einen coolen Namen, oder? Also zieht man eine Mauer um ganz Schottland, setzt Scharfschützen (später automatische Geschütze) oben drauf und vergisst die armen Schweine dahinter einfach. Keiner kommt raus - außer, man findet einen gerade startenden Armee-Hubschrauber, dessen Insassen man nur sein potenziell verseuchtes Balg unter die Nase halten muss, damit einer der Soldaten heldenmütig diesem seinen Platz im Heli überlässt...ohman. Noch schnell dem Kind eine Adresse mitten in Schottland und ein "Das ist dein Zuhause!" aufdrücken und fertig. Den letzten Berichten zufolge ging hinter den Mauern danach ziemlich schnell alles den Bach runter - Vergewaltigung, Mordbrennerei und Kannibalismus, wohin man schaut.
27 Jahre später ist besagtes Balg ein weiblicher Snake Plissken-Verschnitt (Rhona Mitra); sie ist sogar einäugig (das wurde ihr damals...was? Rausgeschossen?), trägt aber keine Augenklappe, sondern ein cooles Kamera-Auge zum Rausnehmen. Die perfekte Frau für den Job, der gemacht werden muss: Vor drei Jahren hat man nämlich per Satellitenüberwachung Überlebende im Großraum Glasgow entdeckt (wo waren die während der 24 Jahre davor? Egal...). Das könnte einem jetzt erstmal scheißegal sein, aber leider ist der Reaper-Virus aus heiterem Himmel wieder ausgebrochen; diesmal in London. Und da "Überlebende" höchstwahrscheinlich "Gegenmittel" heißt, muss halt wer rein und dieses finden...und einen Dr. Kane, der höchstwahrscheinlich genau daran gearbeitet hat, gleich mit. Rhona drückt ihrem Chef noch zur Aufbewahrung ihre als Kind erhaltene Adresse in die Hand, und los gehts.
Einmal drinnen, rennen Plisskens Schwester und ihr Team ziemlich schnell einer Horde Klischee-Endzeitpunkern in die Arme, die es sich mitten in der Stadt mit Kannibalismus und lustigen Bühnenshows (Gogo-Girls und fette Männer in Schottenröcken, die Cancan tanzen) mit Pyrotechnik so richtig gut gehen lassen. (Auch das hat 24 Jahre lang keine Sau bemerkt.)
Aber man schafft es mit Hilfe der Tochter des gesuchten Doktors (und Schwester des Oberkannibalen - Familienbande, die im weiteren Filmverlauf keinen mehr interessieren) in ländlichere Gegenden zu entkommen, wo man auch Dr. Kane aufzufinden hofft.
Jetzt verwandelt sich der "Die Klapperschlange"-Verschnitt in einen "Armee der Finsternis"-Verschnitt. Denn Dr. Kane und hat es sich mit seinen Untergebenen (auch die hat 24 Jahre lang...ach, egal.) in einer alten schottischen Burg gemütlich gemacht und auf dem Weg dahin gleich mehrere Kostümverleihe geplündert - jeder einzelne hat sich in Sackleinen, Ritterrüstungen und Hofestracht geschmissen. Dr. Kane ist nicht begeistert über den Besuch - er hat seinen Leuten erzählt, hinter der Mauer gäbe es nichts, und die Anwesenheit einer militärischen Eingreiftruppe lässt ihn nicht gut dastehen. Also verurteilt man einfach den ganzen Haufen zum Tode.
Aber auch hier entkommt man nach einigem Hin und Her (u.a. dem Kampf in der Arena gegen einen dicken Ritter) und flüchtet sich in einen alten Bunker (oder so) in dem noch ein fabrikneuer Bentley rumsteht, den man zur Flucht nutzen kann. Schnell aus einer anderen Kiste noch ein Autotelefon mitgenommen (das aus einer Millionen Gründen nicht funktionieren kann), damit die Vorgesetzten angerufen, damit sie das Signal anpeilen und den Rest des Teams rausholen können.
Jetzt verwandelt sich "Armee der Finsternis" in eine Mischung aus Bentley-Werbespot (doch, genau so sieht das aus) und dem Finale von "Mad Max 2". Plötzlich tauchen nämlich die Punker wieder auf und scheuchen den Bentley über die Landstraßen. Nachdem alle Punker durch eigene Blödheit zu Tode gekommen sind, kann man sich endlich mit dem Helikopter treffen, der einen rausholen soll. Rhona drückt den Verantwortlichen Kanes Tochter in die Hände (weil die ja immun gegen das Virus ist, kann man aus ihrem Blut ein Gegenmittel herstellen) und entschließt sich, aus welchen Gründen auch immer, lieber hinter der Mauer zu bleiben.
Als sie in dem Haus sitzt, das zu der ominösen Adresse gehört, taucht auf einmal ihr Chef auf (?), den sie allen Ernstes fragt: "Wie hast du mich gefunden?" und ihm dann eine brisante Aufzeichnung in die Hand drückt. Bei der Übergabe hat sie mit ihrem Kamera-Auge nämlich aufgenommen, wie der große Boss ihr persönlich brühwarm erzählt hat, dass er das Gegenmittel erstmal eine Weile für sich behalten will.
Fliegt Rhona jetzt mit ihrem Chef zurück nach Hause? Nö, warum auch? Stattdessen macht sie folgendes: Sie sammelt auf der Straße den Kopf des Oberpunkers ein und fährt damit in die Stadt zu den restlichen Spinnern. Denen knallt sie den Kopf vor die Füße und einen trockenen Spruch vor den Latz - die Punks gucken eine Weile blöd aus der Wäsche und bejubeln dann laut gröhlend ihre neue...Anführerin? Abspann!


Oh Junge. Wenn ihr gemeint habt, der Mann hinter "The Descent" habe sich mit diesem schon nicht mit Ruhm bekleckert, dann guckt euch erstmal den Klopper hier an. Der Film ist wirklich ein Remake von "Die Klapperschlange", für den man sich bei "Armee der Finsternis", "Mad Max 2", "Resident Evil", "28 days later" und sogar "Herr der Ringe" bedient hat - nur die eigene Note hat man darüber leider vergessen. So hat man alles schon einmal gesehen, nur besser; vor allem besser zusammenpassend. Man wird von einem Setting in das nächste getreten, aber einen wirklich guten Eindruck macht es nie.
Die Darsteller sind zweckmäßig, keiner strengt sich mehr an, als er muss und die Figuren bleiben blass und egal. Wer Politiker oder Geheimdienstler ist, steht mit unbewegter Miene und den Händen hinterm Rücken da und gibt hölzerne Verschwörungsphrasen von sich, als Soldat wedelt man vor allem mit seiner Knarre und brüllt in die Gegend, während die Punker ebenso irre gucken wie kreischen und gerne mal KISS-mäßig die Zunge flattern lassen. Nur Malcolm McDowell kann ein paar Punkte einfahren, obwohl auch er nur Sätze von der Stange von sich gibt.
Über das Drehbuch gibt es nicht viel zu sagen - 20 eng beschrieben Seiten, umfangreicher kann es nicht gewesen sein. Und auf den 20 Seiten hat man so viele Ungereimtheiten untergebracht, wie man nur konnte. Zweieinhalb Jahrzehnte lang hat jeder Satellit konsequent sowohl an den marodierenden Horden in der Stadt als auch an König McDowell und seinen Mannen vorbeigeguckt? Und wie konnten die überhaupt alle überleben? Sie sind immun gegen das Virus, okay. Aber die Allermeisten von denen dürften noch (Klein-)Kinder gewesen sein, als der Punk abging (Zusammenbruch jeglicher Zivilisation inklusive Mord, Vergewaltigung und Kannibalismus). Wie haben die alle überlebt? Was essen die? Sich gegenseitig? Und selbst wenn es so ist - wenn da seit fast 30 Jahren aktiver Kannibalismus betrieben wird und es vielleicht dadurch immer weniger Leute werden, wie viele waren es denn dann vorher, denen die angeblich so furchtbare Apokalypse augenscheinlich am Arsch vorbeiging? Warum haben die nach wie vor Strom und sogar ein funktionierendes Telefonnetz?
Die Actionszenen wissen dann aber durchaus zu gefallen. Von hektischen Feuergefechten über recht ansehnlich choreographierte Nahkämpfe bis hin zur einen oder anderen stattlichen Explosion und Autokarambolage. Ansehnlich in Szene gesetzt, mit treibendem Score untermalt (der jedoch im Nachhinein betrachtet im Ganzen leider recht unmemorabel daherkommt) und einer guten Portion Splatter. Blutspritzende Einschüsse, abgeschlagene Extremitäten und zermatschte Köppe, wohin man schaut - nicht schlecht!
Unterm Strich haben wir hier einen No-Brainer, der sogar noch eine ganze Ecke stumpfer als "Doom" daherkommt. Sich schon vorher einen hinter die Trommel zu schütten hilft sicher, sonst stößt man sich einfach an zu vielen großen und kleinen Blödheiten, die bei "Doomsday" hinter jeder Ecke lauern. Ich hatte leider nichts zu Saufen in greifbarer Nähe, deswegen von mir nur 4/10.

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