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Who's Next geht unabhängig von Brothers genau den umgekehrten Weg. Eine verhältnismäßig gesehen ewig lange Vorlaufzeit, die die ersten festen Ankündigungen bereits ein halbes Jahr vor dem Kinostart verbuchte. Ohne sich überhaupt in die Köpfe der etwaig angepeilten Käuferschar zu brennen und nicht einmal wirklich die Voraussetzungen zu erfüllen, die eine Ausstrahlung vor zahlenden Publikum auf großer Leinwand gerechtfertigen würde. Auch hier zwar mit einer Handvoll vielleicht dem Eingeweihten bekannterer Namen versehen, die aber anders als die rüstigen Vorruheständler samt erlangtem Edelrentnerbonus keinen wirklichen Ruf im Geschäft und schon gar keine Anziehungskraft auf das Auditorium haben. Ein vielleicht etwas besser gestelltes b-picture mit betont unperfekter Illustration, dem es offensichtlich nicht nur finanziell an vielen Ecken und Enden fehlt und sich wohl deswegen auch in nur einer Idee mit repetierend wiederholenden Schauplätzen verbirgt.

Trifft man dabei sogar einige Deckungspunkte mit dem weit später entwickelten, aber zeitgleich an die Öffentlichkeit entlassenen Konkurrenzprodukt, dessem box office Erfolg man erwartungsgemäß rein gar nichts entgegensetzen konnte, und fährt man auch das gleiche Sujet ans Tageslicht, so unterscheidet sich vor allem der gebrochene Ton samt bearbeitender Behandlung. Hier findet man nicht den üblich prächtig erhabenen Akzent, den sinnlich verspielten oder pathetisch deklarierenden, nicht einmal den wuchtig entschlossenen vor, sondern vorwiegend nur den von Fax und Jux und Tollerei, noch zusätzlich in bleichsüchtiger low budget Manier und stumpfer Mitt-Neunziger-Optik.
Man möchte gerne eine trivial-unreale Satire sein, in gefakter Konstruktion und mit den Utensilien von Maskerade und Narrenkappe. Ein künstlich erarbeitetes, mit dem Zwiespalt von Inhalt und Reflexion auch etwas krampfhaft wirkendes Machwerk.

Das Spottgedicht gemäßigt greller Schimpfreden im kleinen Laienspielhaus ist schon vom Äußeren weithin erkennbar; der selbst gewählte Aufzug ist bevorzugt kunterbunt mit extra torrhaften Anstrich aus der Farbspritzpistole gehalten, das Schauspiel mild boshaften Gewitzels schweift von gelangweilt über uninteressant kalkulierbar bis hin zu grotesk überzogen, wobei besonders das letztere Merkmal auch öfters der drechselnden Dramaturgie einen Schlag von hinten auf den Kopf verpasst. Filmemacher Rico Cheung, der schon seit jeher Mädchen für Alles in der Laufbahn war und auch hier die Aufgaben von producer / writer / director in Personalunion übernimmt, hat sich augenscheinlich an seinem anamorphotischen Grundgedanken übernommen, dehnt ihn auf das ganze materielle Streckennetz aus und verliert deswegen nicht nur den Überblick, sondern unabsehbar die Spannung zuungunsten von Müßiggehen und Mutwillentreiben gleich mit. Fern von Verstand, Scharfsinn und moralischer Beurteilung bleibt der unsubtile Versuch einer treuherzig einfältigen Travestiere mit irre geleiteter Hingebung, eines entstelltes Zerrbildes in komischer Einkleidung, eines Festivals an Verhöhnung und Übertreibung.

Aufgrund der langwierigen Aufwärmphase und der scheinbar entsprechend vielen Proben sind die Teilnehmer der eher lächerlich als tragischen Privatrache immerhin schon vor dem Überqueren der Startlinie in Bewegung:
Hung Yau-choi [ Austin Wai ] hat sich die letzten Jahre ein wenig aus dem zunehmend hinterhältiger und tödlicher werdenden Triadengeschäft zurückgezogen, und es mit seiner Frau [ Kiki Sheung ] etwas ruhiger angehen lassen. Nicht mehr der Jüngste ist er mehr um sein Erbe beschäftigt. Sein ältester Sohn Ben Hung [ Gordon Lam ] soll nach manchen Fehlern in der Vergangenheit und dem noch wenige Tage dauernden Gefängnisaufenthalt ein neues Leben beginnen. Der jüngere Bowie Hung [ Tsui Tin Yau ] wurde komplett aus dem kriminellen Milieu herausgehalten, auch über die wahre Identität seines Vaters im Unklaren gelassen und befindet sich seit frühester Kindheit wohl behütet in den USA, wo er gerade das Studium absolvierte.
Als nach dem Ableben des bisherigen Gangsterführers die neue Wahl zum Oberhaupt ansteht, Hung zugunsten des aufstrebenden Sean [ Jordan Chan ] den Weg freimacht, allerdings durch einen Unfall von einem von Seans Schergen lebensgefährlich verletzt wird, brodelt es in der Hak Se Wui.

Der noch beim Dreh verwendete Arbeitstitel The Funeral gab die Problematik und die Szenerie gleich mit bereits ausdrücklich wieder; nicht nur, dass die Geschichte voll mühsamer Hektik und Kurzatmigkeit mit einer Beerdigung einsteigt, auch die gesamte Narration dreht sich um die Austragung einer Trauerfeier. Sean, der zwar überhaupt nichts mit Hungs Tod zu tun hat, aber sofort in Verdacht und entsprechende Erklärungsnot gerät, möchte die Sache samt Leiche am liebsten schnell vom Tisch haben und drängt die nicht gerade befreundete Familie Hung zum Feuerbegräbnis. Diese wäre auch im Sinne von Inspector Dai [ Patrick Tam ] vom Anti-Triad Bureau, der ebenso so wenig Aufregen und Aufwand wie möglich haben will. Die Ehefrau und die Söhne sind allerdings gegen den Abschied im Krematorium und möchten eine angemessene Totenfeier mit ehrwürdiger Grablegung.

Einige weitschweifige Wendungen später, die mehr ein penetrant inkonsequentes Hin und Her mit naiven menschlichen Gebaren statt einem wirklichen Fortschritt darstellen, hat man ein emsiges, aber ungelenkes Aussitzen auf kleinem Raum zwischen Klappstuhl, Styropor, Notausgängen und Warenkartons gesichtet. Mit offenkundigen, aber nicht gleich gravierend niederschlagenden Mangelerscheinungen an Ausstattung, Figurenzeichnung, Kreativität und Talent. Auch wenn man die belanglose Fragwürdigkeit / kuriose Würdelosigkeit der Charaktere nicht weiter beleuchten kann, einen gewissen Sinn für das Schräge bezüglich fixierter Abstraktion mit etwaigen Trashflair mag man der recht kleinkrämerisch-unmodernen Gaunerfabel aber nicht abstreiten. Zeitweise blitzt tatsächlich das Absurde in der regelkonformen Tradition, dem im entscheidenden Momenten verlangten, aber eigentlich völlig unlogischen Ethos auf. Zwischen dem normalen Verhalten, dass ständig auf seine Zweckmäßigkeit hin verifiziert wird und der gebräuchlichen Sinnesart, die sich aufgrund ihrer formellen Korrektheit schon nahe an versteinerten Interpretationsmustern befindet:
Das verlangte Die-letzte-Ehre-erweisen gegenüber Jemandem, dem man bei Tageslicht verfeindet gegenüber gestanden oder noch nicht einmal respektiert hat. Der Kontrast, der zwischen der Erkenntnis zum Handeln steht. Die Abweichung von Vernunft, Geschmack, Tugend, sowohl im Film als auch von ihm aus.

Dabei nimmt man sich der in Election präzisierten Wahl durch Abstimmung und der dahinter stehenden Funktionsweise samt des Zahnradgetriebes der Triadenorganisation an, begründet mit den stillen Hintermännern, viel niedrigen Pöbel und ihren stetigen Schwankungen zur jeweilig gewinnbringend erscheinenden Machtseite eine gleichfalls verwickelte, nicht automatisch ähnlich geistreiche Geschichte, in der Irrtümer, falsche Schlussfolgerungen und zeitlich ungünstige Entscheidungen die Figuren reichlich durcheinander bringen. Überzieht dies generell auch mit den gewohnten Stilen und Motiven der entsprechenden Gattung, mischt aber Verharmlosungen und stetig karikierendes Spottbild darunter, auch wenn dies zuweilen nur aus albernen Kleiderwechseln und schalkhaften Versteckspielchen statt verächtlicher Beleidigung oder ernsthafter Bosheit besteht. Gerade Sean führt sich nicht nur wie ein harlekinisch lamentierender Diktator einer phantasierten Bananenrepublik auf, sondern zieht sich auch aus zusammengewürfelten Bestandteilen verschiedener Uniformen an, wobei er seinen Possenreißer-Aufmarsch öfters wie Revolutionär Castro auf Kriegsübung in olivgrün mit Zigarre hält.

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