Wie der Titel "Lola rennt" es schon erahnen lässt, muss Lola (Franka Potente) den Film über ganz schon hetzen. Ihr Freund (Moritz Bleibtreu) hat nämlich einen Beutel mit 100.000 DM verloren und nur 20 Minuten Zeit, das Geld seinem Boss zu beschaffen. Nun rennt Lola los, um das Problem zu lösen. Ihr Vater hat zwar ausreichend Zaster, sieht aber nicht ein, so viel Geld auszulegen. Also kommt Lola ohne Geld zu ihrem Freund, der bereits eine Laden ausraubt. Die herbeieilende Polizei ballert Lola über den Haufen. Was nun? Die Zeit wird einfach noch mal um 20 Minuten zurückgedreht und Lola darf es ein zweites Mal versuchen...
Die einigermaßen frische Geschichte ist alleine schon ein wahrer Glücksgriff, denn so herrlich kreativ sind nur wenig Filme. Noch unterhaltsamer ist nämlich, dass nicht nur Lola ihr Handeln optimiert, sondern ihre Entscheidungen auch bei Nebendarstellern vieles grundlegend ändern. Bei Lolas erstem Versuch rammt sie zum Beispiel eine Frau auf der Straße, welche diesen Zwischenfall mit einem mürrischen "Schlampe" kommentiert. Beim zweiten Versuch verändert sich die Art des Zusammenstoßes dezent, weshalb die alte Schrulle ihre Beleidigung in ein amüsantes "Kackschlampe" steigert. In kleinen Photostakkatos wird dann auch immer gezeigt, wie sich das Leben der Nebenfiguren im weiteren Verlauf gestaltet.
Überhaupt ist der ganze Film wegweisend aufgemacht. Nicht nur die treibende Musik untermalt die adrenalingeladene Stimmung, sondern auch ein sehr guter, eigenständiger, aber auch rücksichtsloser Schnitt. Dazu kommen noch andere visuelle Spielereien wie kurze Zeichentrickeinlagen und Splitscreens. Die gesamte Präsentation ist so herrlich frisch, dass beim Film praktisch nie Langeweile aufkommt. Dabei gibt es durchaus auch mal Ruhephasen (zum Beispiel dann, wenn Lola erschossen wird). Diese kommen durch den Kontrast zur ansonsten hohen Geschwindigkeit aber besonders intensiv rüber.
Die Darsteller sind im Groben auch sehr überzeugend, zumal Franka Potente ja den Bärenteil der Screentime beansprucht. Doch obwohl sie die Hauptdarstellerin ist, gefiel mir Moritz Bleibtreu noch einen Tick besser. Trotzdem ist die Rolle der Lola hochsympathisch, da sie total sua sponte alles auf sich nimmt, nur um ihrem Freund zu helfen. Potente scheint hier aber noch ein kleines Defizit bei Standarddialogen zu besitzen, weil das Anfangstelefonat zu aufgesetzt rüberkommt. Dies soll aber nur ein ganz kleiner Kritikpunkt sein, da es beim Film ansonsten ja nur hektische Zeilen und diese Bettszenen gibt, und hier überzeugt Potente auf ganzer Linie.
Wenn man überhaupt über etwas meckern kann, dann ist es vielleicht die Musik, die zwar toll passt, aber nicht jedermans Sache ist und vielleicht auch die Comiceinlagen. Darüber hinaus muss man halt für sich selbst entscheiden, ob das Wiedererleben der 20 Minuten einem als vollständiger Film genügt. Tom Tykwer gibt sich jedoch an jeder Stelle Mühe, den Film mit frischen Ideen zu garnieren, und am Ende gibt es auch ein richtiges Happy End, womit der Streifen als Gesamtwerk gut abschließt.
"Lola rennt" hat mich wirklich überrascht. Der tolle, hochkreative Stil hebt sich nicht nur vom deutschen 08/15-Film erfrischend ab, sondern eweist sich auch unter internationalen Umständen als wegweisend. Ähnliche Filme gibt es nämlich nur wenige; höchstens "Crank" mit Jason Statham vermittelt ein vergleichbares Tempo mit viel Adrenalin. Deswegen kann ich "Lola rennt" praktisch jedem ans Herz legen, der mal was "Anderes" sehen will.