Noch ein Satirchen über die Macken von Hollywood, braucht das wirklich jemand?
Es scheint so, wenn man bedenkt, was aus dem kleinen, feinen Sudelbuch von Art Linson geworden ist, der seine Erlebnisse in Hollywood geschickt kaschiert einem lesefreudigen Publikum nahe brachte.
Und weil Künstlichkeit, Wahnsinn und Realität nirgends so austauschbar sind wie in Tinseltown, nahm sich Hollywood der eigenen Spottstory an, natürlich unter dem Deckmäntelchen der Selbstentblößung – in Szene gesetzt von einem engagiert-angesehenen Regisseur wie Barry „Rain Man“ Levinson, bei dem man aber immer gern übersieht, daß er schon einmal eine beißende Satire grandios in den Sand gesetzt hat und zwar den allseits abgejubelten „Wag the Dog“, der abseits seiner Grundidee vor allem eins war: zerredet und unspektakulär.
Aber wenn sich dann jemand wie Robert de Niro für die Hauptrolle als gestresster Producer gewinnen läßt und eine Vielzahl anerkannter Mimen mitwirken, die sich praktisch selbst spielen (im Fall von Bruce Willis tut derselbe es sogar), dann kann man schon mal 25 Millionen locker machen – aber dann muß man auch was bieten.
Immerhin kann man sagen, ein wenig unterhaltsamer als die Polit-Satire ist „What just happened“ schon, aber nicht viel, es ist vor allem ein relativ unaufgeregter Film, der zwar scheinbar einen unbeschönigten Blick hinter die Kulissen gewährt, damit aber auch nur bedingt Hunde hinter dem Ofen hervorlocken kann, wie ein Einspielergebnis von gerade mal einer Million nachweist.
De Niro gibt den Producer Ben, der gleichzeitig vor mehreren Problemen steht, von denen aber zwei sein Leben bestimmen: einmal das in die Hose gegangene Testscreening des neuesten Sean-Penn-Films „Fiercely“ des britischen Regisseurs Brunell, dessen Schockende samt Hundtötung alle vergrätzt, der aber dennoch nichts davon ändern will, obwohl dann das Studio zu drastischen Umschnittmaßnahmen greifen will und dann der Produktionsstart eines Bruce-Willis-Streifen, der gefährdet wird, weil der übergewichtige Star sich einen voluminösen Vollbart nicht abrasieren will. Eine Menge Geld steht also auf dem Spiel und Ben, nach zwei gescheiterten Ehen (samt Kindern) immer noch in seine letzte Exfrau verliebt, sieht sich dem Problem ausgesetzt, daß diese wohl mit einem Drehbuchautoren schläft.
Das könnte witzig sein, ist aber nicht halb so spektakulär wie vermutet und gewinnt Gewicht eigentlich nur durch die Tatsache, daß die Macken und Egotrips tatsächlich tagtäglich so ihren Lauf nehmen im Studiosystem.
Die Regisseure sehen sich als Künstler, die Produzenten schauen aufs Geld, die Darsteller sind Mimosen und am Ende geht’s um die Einnahmen oder um Filmpreise, bloß nicht um Integrität. Auf jeden Fall arbeitet notfalls jeder gegen jeden – und alle können verlieren.
Levinson bemüht für diese Geschichte den Anschein eines semidokumentarischen Stils, läßt raumgreifend mit einer delirierenden Handkamera arbeiten und ist so immer nah am Geschehen, was insofern wenig bringt, weil Ben ein Muster an gestresster Kontrolle ist, tendenziell fähig zum Explodieren, aber in der Gewißheit, daß das nichts bringen würde – wer die Macht hat, hat die besseren Karten.
Und folglich versucht jeder, dem jeweils anderen ans Bein zu pinkeln: Willis sieht die Bartfrage nachträglich als Machtspielchen, der britische Regisseur zieht eine gewagte Nummer ab und brüskiert alle, die Neurosen kreisen.
Aber das alles wirkt, als hätte man mal kurz seine Nase in einen chaotischen Betrieb gesteckt (der zufällig eine Stadt umfaßt) und wieder herausgezogen. Ein paar Drogen- und Alkerwähnungen und gekünstelte Charaktere sind im Zeitalter der MTV-Exzesse nicht mehr wirklich aufregend und alles ist mit dieser Ex-Ehefrauen-Verfolgungsstory zugekleistert, die ein wenig wie „Californication“ minus die Fickszenen wirkt, irgendwie amüsant pointiert und dann doch wieder nicht echt. Wohin das alles führt, wer wen kaputt macht und was für Folgen das Verhalten haben kann, wird nicht thematisiert, hier werden nur Mechanismen aufgezählt und das macht nicht wirklich satt. Ganze Handlungsstränge lodern auf und versanden wieder, weder Exfrau noch der Autor mit seinem Blumenskript noch „Fiercely“ noch der Willis-Film finden irgendeine Fokussierung auf etwas, nur manchmal lodert Abgründigkeit auf, wenn etwa nach dem Selbstmord eines Kollegen auf der Beerdigung alle nur ums Business diskutieren.
Wer noch nie etwas vom Hollywoodgeschäft gehört oder gelesen hat, wird das eventuell ja enthüllend finden, hat man sich aber mal mit Büchern von William Goldman oder Joe Eszterhas Erinnerungen beschäftigt, dann ist das ein kleiner Sturm im Wasserglas: bekannte Gesichter, die mal so tun als wäre sie sie selbst.
Was für eine Episode einer aufklärerischen TV-Serie durchaus geeignet wäre, schwebt hier leider etwas haltlos in der Luft und alle fragen sich, was man uns denn damit sagen will? Daß Filmemachen harte Arbeit ist und alle übern Teich ne gewaltige Macke haben. Das wissen wir auch aus der windigsten Yellow Press – und Levinson sollte seine Arbeit besser an vergleichbaren Werken messen und dabei schon vor Produktionsstart gemerkt haben, daß selbst ein sich in konzentrischen Kreisen endlos bewegender Schwätzer wie der späte Robert Altman mit „The Player“ einen Film rausgebracht hat, dem man sich nicht mal vertrauensvoll auf den Schoß setzen kann. Und wenn bedenkt, wie man hier dem siebten Höllenkreis Filmschmiede mit all seinen Perversionen handzahm und mit modernen Mitteln gekrochen kommt, wirkt das wie Masturbieren auf bemüht erhöhtem Niveau: macht den Verantwortlichen Spaß, sieht im Kinosaal aber nicht wirklich besser aus. (5/10)