Review
von Leimbacher-Mario
Klartext mit Schwanz im Mund
Ken Russell hat mit "The Devils" und "Altered States" zwei glasklare Klassiker des abgründigen, kopffickenden Genrefilm gemacht. Mit seinem Anfang der 90er entstandenen "Die Hure" geht es wieder ums Ficken - nur diesmal im wortwörtlicheren Sinne. Es geht um die schlagfertige und vom Leben enttäuschte Liz, die nach einer gescheiterten und katastrophalen Ehe auf dem Straßenstrich landet. Durch die blonde Powerfrau erfahren wir mehr über ihren alltäglichen Kampf mit perversen Freiern, widerspenstigen Kondomen und ihrem brutalen Zuhälter...
"Whore" ist kurz, kurzweilig und alles andere als kurzsichtig. Die freche Liz nimmt kein Blatt vor den Mund und war mit ihrer ständigen Anrede des Zuschauers und dem Durchbrechen der vierten Wand ihrer Zeit weit voraus. Die Balance aus ernstem Bordsteinschwalbendrama und nonchalanter Comedy muss man erstmal derart ideal hinbekommen. Mal lacht man lauthals über die strassenschlaue Liz und ihren brisanten Alltag, die seltsamen Vorlieben ihrer Freier und bewundert ihren unermüdlichen Lebensmut, im nächsten Moment ist man geschockt auf Grund der ständigen Brutalität, Verrohtheit und Schmutzigkeit der Straße und ihrer Geschöpfe. Theresa Russell (nicht mit dem Regisseur verwandt oder verheiratet!) ist schlicht eine aufopferungsvolle Offenbarung, verletzlich und tough zugleich!
Fazit: Ken Russells letzter guter Film?! "Whore" ist hart und weich, witzig und trocken, leicht und schwer, locker und straff, gefühlvoll und eiskalt. Ein explosiver Zwitter aus Milieustudie und frecher Komödie. Empfehlung!
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