Am Vorabend des Tages, an dem der junge Manager Rob nach Japan abreisen will, um dort einen neuen Job zu übernehmen, schmeißen seine Freunde und Bekannte für ihn noch mal eine Abschieds-Party in seinem New Yorker Apartment. Die Feierlichkeiten werden just unterbrochen, als ein gigantisches Ungeheuer in der Stadt auftaucht und damit beginnt, alles in Schutt und Asche zu legen. Das anrückende Militär hat dem Monster dummerweise auch nichts entgegenzusetzen, so dass der Zivil-Bevölkerung nichts anderes übrig bleibt, als ihr Heil in der Flucht zu suchen. Rob und ein paar andere Party-Gäste machen sich zwischenzeitlich auf, um seine Freundin Beth, die verletzt in ihrer Wohnung festsitzt, zu retten, bevor der Notfallplan in Kraft tritt und ganz Manhattan dem Erdboden gleichgemacht wird... "Godzilla" trifft auf "Blair Witch Project", so kurz und knapp lässt sich der mit viel geschickter Internet-Promotion gehypte "Cloverfield", bei dem vor dem Kinostart niemand so genau über den Inhalt Bescheid wusste, auf den Punkt bringen. Dass auch hier, ähnlich wie in Ishirô Hondas ’54er-Monsterfilm-Klassiker, der das Atombomben-Trauma einer ganzen Nation aufgearbeitet hat, wieder mal so was wie Vergangenheits-Bewältigung betrieben wird, erkennt man schon daran, dass Regisseur Matt Reeves sich für seinen Streifen bewusst bei jenen Bildern bedient, die einem von den Terror-Anschlägen des elften Septembers immer noch vor Augen schweben. Es liegt wohl in der Natur solcher Monster-Movies, immer mehr als nur eine reine Zerstörungs-Orgie zu sein, sondern gleichzeitig auch als eine Art filmische Metapher zu fungieren... zumindest solange, bis die ersten Fortsetzungen eintrudeln, die dann doch zumeist schlichter gestrickt sind (in dem vorliegenden Fall allerdings nicht, doch dazu am Ende mehr). Die Wolken aus Staub, Schutt und Asche, die sich hier ihren Weg durch die Straßenschluchten bahnen, wecken doch unsanfte Erinnerungen an jene Augenzeugen-Aufnahmen, die 2001 weltweit die Nachrichtensendungen dominiert haben, und anstatt noch mal dabei zuzusehen, wie das World Trade Center in sich zusammenstürzt, verliert nun halt mit der Freiheitsstatue ein anderes Wahrzeichen New Yorks buchstäblich den Kopf. "Cloverfield" kommt also mit viel intellektuellem Ballast auf einen zu, und zu allem Überfluss hat man sich auch noch entschieden, das fast schon klassische Monster-Szenario fernab des naiv-trashigen Charmes der "Godzilla"-Filmchen als ernstes Terror-Stück durchzuspielen. Das mündet dann in einigen echt horriblen Szenen, wenn die von dem eigentlichen Ungeheuer abfallenden, fiesen Killer-Parasiten Menschen attackieren und die Gebissenen danach aus den Augen bluten und hübsch effektvoll explodieren. Solche Momente haben - obwohl sie nicht allzu explizit ausgespielt werden - mehr mit Gore-Knallern wie "Astaron - Brut des Schreckens" gemein als sonst was und folglich lässt der Streifen in seiner Gesamtheit auch jegliches Fun-Gefühl vermissen, das bei den alten Stuntman-im-Gummikostüm-trampelt-durch-Spielzeug-Sets-Epen noch aufkam. Nun ja, dadurch erhält die raue Handkamera-Ästhetik zumindest eine geringe Legitimation, die sie im Normalfall eindeutig nicht hätte, denn die Idee, einen solchen Monster-Streifen in Form eines Tatsachen-Berichts abzufilmen (und somit dem Zuschauer als wahr zu verkaufen) ist ebenso dreist wie bescheuert. Das hat ja schon beim besagten „Blair Witch Project“ nicht so recht geklappt. Blöderweise hat man es ebenfalls nicht geschafft, einem ikonischen Film-Monster wie "Godzilla" hier, wie von den Machern wohl beabsichtigt, ein amerikanisches Pendant zur Seite zu stellen, denn das beste Creature-Design nützt halt leider herzlich wenig, wenn man als Zuschauer ob der verwackelten Handkamera einfach keinen guten Blick auf das Vieh werfen kann. Da bleibt nur noch die Option, "Cloverfield" als eine etwas respektvollere Liebeserklärung an die japanischen Gummi-Monster-Streifen zu sehen, als es bei Roland Emmerichs "Godzilla"-Remake der Fall war. Auch die über dem Abspann spielende Ouvertüre mit dem hübschen Titel "Roar!" von Michael Giacchino (im Übrigen das einzige echte Stück Filmmusik im gesamten Film) ist da voll und ganz im Stil der musikalischen Untermalung der asiatischen Vorbilder gehalten, und damit absolut passend. Die könnte auch als Score in einem "echten" "Godzilla"-Streifen Verwendung finden. Nur wer bleibt nach dem obligatorischen Downer-Ende schon so lange im Kino sitzen und hört sich das bis zum Schluss an? Zumal "Cloverfield" ohne End-Credits zwar gerade mal 70 Minuten läuft, aber das schon das Maximum an hemmungslosem Kamera-Gewackel und hysterischem Gekreische sein dürfte, was der durchschnittliche Zuschauer zu ertragen in der Lage ist. Was das Ganze allerdings ein wenig rettet, sind zum einen die unverbrauchten Jung-Darsteller, von denen jeder im nächsten Moment den Löffel abgeben könnte, und zum anderen die perfekten Spezial-Effekte, die wirklich nahtlos in das digitale Footage eingearbeitet wurden. Für mich ist "Cloverfield" aber leider im Endeffekt doch nur eine der unspaßigeren filmischen Achterbahn-Fahrten jüngeren Datums, deren Ästhetik man zwar mögen kann, aber nicht muss. Ich bleibe da für meinen Teil doch lieber bei den japanischen Originalen... oder eben bei dem 2016er-Pseudo-Sequel "10 Cloverfield Lane", das formal den Sprung vom Found-Footage zum klassischen Erzählkino macht und angeblich zwar im selben Universum spielt, aber inhaltlich doch weitestgehend für sich alleine steht und deshalb auch allemal als eigenständiger Film zu genießen ist. Das ist der wesentlich bessere Genre-Streifen, der mit dem Vorgänger locker den Boden wischt...
6/10