Da zu diesem Film bereits jede Menge geschrieben wurde, möchte ich mich einigermaßen kurz fassen und auf einige Punkte eingehen, die mich an "Cloverfield" gestört haben und bewirken, dass ich dem mit einer charmanten Grundidee (ein riesiges Monster versucht New York aufzufressen und wird dabei von einem Partybesucher mit einer Digitalkamera gefilmt) ausgestatteten Film nur wenige Punkte gebe.
Es ist in meinem Fall nicht die zu einem Wackelbild führende Kamera an sich, die ein junger Mann da die ganze Zeit mit sich schleppt. Es ist der Widerspruch zwischen dem Willen zu einer neuen Personen- und Wirklichkeitsnähe, der sich anscheinend in der Egoperspektive der Figur "Hud" ausdrückt und der letztlich die Oberhand gewinnenden Regie, aufgrund deren dann doch Dinge gezeigt werden, die der Zuschauer in einem Monster- bzw. Katastrophenfilm erwartet, die ein unerfahrener Gelegenheitsfilmer aber niemals mehr aufnehmen würde, wenn sein Leben auf dem Spiel steht. Spekulative Erklärungen wie ein plötzlich auftretender Zwang zum Filmen, der auch durch die größte Katastrophe nicht wandelbar ist, vermögen gegenüber der offensichtlicheren Erklärung nicht zu überzeugen: Der Zuschauer will die Brücke zusammenbrechen sehen, also kriegt er es zu sehen. Der Zuschauer will das Monster sehen, also kriegt er das Monster zu sehen - aus nächster Nähe. Egal, ob "Hud" sich dabei in äußerste Lebensgefahr begibt. Ist er vielleicht paralysiert, schockieren ihn die Ereignisse so sehr, dass er nur noch draufhalten kann? Wir wissen es nicht, ich entscheide mich für die einfachere Erklärung: Der Film will uns seine CGI-Effekte vor die Nase halten und fährt dafür schließlich sein anfängliches Konzept - die Ereignisse möglichst wahrhaftig aus der Perspektive eines Augen- bzw. Kamerazeugen darzustellen - vor die Wand. Vorgänger wie "Cannibal Holocaust" (der lange vor dem ständig angeführten "Blair Witch Project" mit der Handkamera-Perspektive arbeitete) haben damit auch schon ihre liebe Not gehabt. "Cloverfield" patzt jedoch um einiges drastischer. So lassen ihn auch die Soldaten (bis auf einen, der "Hud" aber schließlich auch gewähren lässt) in einem improvisierten Lazarett alles filmen, was den Zuschauer interessiert.
Parallel zu der Entscheidung von "Hud", alles zu filmen, was den Partypeople auf ihrer Untergangs-Odyssee so in die Quere kommt, ist die idealistische Zielsetzung von "Rob" zu sehen, seine Freundin "Beth" (toll, diese einsilbigen Namen) aus einem Hochhaus anstatt sich selber zu retten. Seine Freunde gehen dann auch noch mit, obwohl er sich dies zunächst verbeten hat. Hier entscheidet sich "Cloverfield" anstelle der Darstellung des Menschen in all seiner Schwäche und seinem Selbsterhaltungsinstinkt dann doch dafür, seinen Hauptfiguren kleine Heiligenscheine aufzusetzen und sie auf eine waghalsige Kraxeltour zu schicken, während deren "Hud" natürlich wieder nichts zu tun hat, als alles zu filmen, und niemand widerspricht ihm darin - es wird mit der Zeit immer absurder. Doch wäre die Kamera weg oder abgeschaltet, wäre es auch mit dem Film vorbei - dieses immer schwerer lastende Dilemma schleppt die Handlung bis zum Ende mit sich herum.
Des Weiteren hat man auch in den genannten andern Handkamera-Filmen schon abwechslungsreichere Dialoge gehört als "Oh my God! Oh my God! Oh, please, Jesus! Oh my God! We gotta get outta here! We gotta get outta here! Listen, Rob, we gotta get outta here! Oh my Gooooood!" Ob das nun eine realistische Wiedergabe des Sprechverhaltens in Not geratener Amerikaner ist oder der Drehbuchautor schlichtweg an aussagekräftigen Dialogen nicht interessiert war, weiß ich nicht, es nervt aber auf Dauer ungemein.
Ich bin nicht der Typ Zuschauer, der gewohnheitsmäßig mit der Logikkeule auf Filme einprügelt, aber "Cloverfield" ist vornehmlich aus niederen Beweggründen unlogisch - nämlich um seine CGI-Effekte zu zeigen und um seine eigentlich uninteressanten Hauptfiguren durch unerklärlichen Idealismus größer wirken zu lassen, als es ihre Schickimicki-Identität und ihre "Oh my God"-Dialoge vermögen.