Der stetig schnackende Taxifahrer Jerry Fletcher nervt seine Gäste mit mysteriösen schier paranoiden Verschwörungstheorien. Glauben tut ihm nicht wirklich jemand, bis Jerry tatsächlich einer großen Sache auf der Spur ist. Ein wenig Anlaufschwierigkeiten zeigt die Story schon, denn zu Anfang wird der Zuschauer mit unglaublich vielen Theorien und Visionen Fletchers überrollt, sodass sich die eigentliche Kernthematik anfangs nur schwer herausfiltern lässt. Dazu kommt, dass der Psychothriller zunächst gar nicht so einen anmutend ernsten Eindruck erweckt und zu Beginn mehr auf humoristischer Schiene fährt. Doch ab den Folterungen wendet sich das Blatt plötzlich auf eine seriösere Seite.
Nichts desto trotz behält Richard Donners Werk immer noch einen gehörigen Funken für Humor bei. So kann man sich bei Jerrys Anblick mit hochgeklebten Augenlidern ein Schmunzeln nicht verkneifen. Das Gleiche gilt dann, als Jerry anschließend versucht, mit tapsenden Schritten an den Rollstuhl gefesselt der Situation zu entfliehen. Wie erwähnt, lässt sich der Film viel Zeit und enthüllt nur allmählich Fletchers Vergangenheit und bindet dabei gleichzeitig die Anwältin Alice Sutton mit ins Geschehen ein, die ganz bewusst hier eine bedeutende Rolle spielt, wodurch das Skript mit seinen zudem vorkommenden Überraschungen letztlich ein gut durchdachtes Konzept besitzt.
Gestaltet sich das Verfolgen der Handlung beim Zuschauer beim erstmaligen Sehen noch ziemlich nervenaufreibend und spannend, so verfliegt dieses Gefühl bei mehrmaligem Anschauen mehr und mehr, wie es eigentlich auch allgemein in der Natur des Filmeschauen liegt. Etwas mehr Action hätte daher nicht geschadet, um dem erstens, entgegenzuwirken und zweitens, um die Dramatik zu intensivieren.
Regisseur Richard Donner inszenierte sowohl optisch als auch akustisch gekonnt und solide den Thriller. Eine sich den Szenen anpassende Kameraführung und musikalische Untermalung rücken das Gesamtwerk in ein noch helleres Licht. Mel Gibson in der Haut des fast immer heiteren und etwas geistig verwirrten, aber dennoch intelligenten Jerry Fletchers kann vollends überzeugen. Gleiches gilt für Patrick Stewart, der in der Rolle des die Fäden ziehenden und psychologische Experimente veranstaltenden Bösewichts sein bisheriges Image als durchweg gutgesinnte Figur ablegt. Julia Roberts komplettiert schließlich die in ihrer Qualität sehr positive Besetzung.
Mit "Fletcher's Visionen" ist ein qualitativ hochwertiger Thriller entstanden, dem ein wenig mehr Action an den richtigen Passagen sicherlich nicht geschadet hätte.