Review

"Falls sie wirklich nicht mehr weiter wissen haben sie immer noch ihren Zauberstab."

Nein, bei diesem Zitat handelt es sich nicht um irgendwelche Geschlechtsteilbetreffenden Ferkeleien. Gemeint ist ein Strohhalm auf welchem ein nervöser Techniker munter während des Films herum kaut... und am Ende mit dessen eine Vielzahl an Leben rettet.

Terroristen übernehmen die Gewalt über eine Passagiermaschine, die sich auf dem Weg nach Washington befindet. Ihre Forderung ist die Freilassung des Anführers Jaffa. Durch den Experten David Grant (Kurt Russell) vermutet die amerikanische Regierung zudem, dass sich ein tödliches Nervengas auf diesem Flugzeug befindet, welches zuvor während einer Mission, geleitet von Col. Austin Travis (Steven Seagal) nicht auffindbar war. Also werden diese beiden plus einige weitere Experten in die Luft geschickt um in einem riskanten Andockmanövers an Bord zu gelangen, die Maschine zu übernehmen und das Gas zu finden.

Wenn Regisseur Stuart Baird, der auch für "Auf der Jagd" und den letzten "Star Trek: Nemesis" verantwortlich ist, gewusst hätte, dass sich 5 Jahre nach seiner Produktion seine fiktive Flugzeugentführung aufs schrecklichste in ähnlicher Form bewahrheiten sollte, hätte er sich sicherlich einem anderen Thema zugewandt. Vermutlich ist das Thema "11.September 2001" mit ein Grund weswegen der Terrorthriller leicht in der Versenkung verschwunden ist. Aber dies kann man sicher keinem Regisseur anhängen.

Die Ähnlichkeiten zu Michael Bay Filmen sind nicht von der Hand zu weisen, dies kommt besonders durch die Darstellung der amerikanischen Soldaten und des orchestralen Soundtracks von Jerry Goldsmith. Statt eines Effektfeuerwerks und jeder Menge Action setzt "Einsame Enscheidung" aber, bis auf ein paar Ausnahmen gegen Ende, vermehrt auf logische und nachvollziehbare Handlungen. Keiner der Charaktere mutiert zu einer "ein Mann Rambo Armee" und schaltet alle bösen Buben aus, auch "aus dem Bauch heraus" Entscheidungen bleiben aus.
Leider entsteht durch die recht verhältnismäßig lange Laufzeit von über 2 Stunden und dem ruhigen Ablauf genau das was passieren muss: Ein etwas zu lang gezogener mittlerer Part. Das Strecken der sehr vorhersehbaren Handlung auf ca. 90 Minuten wäre hier cleverer gewesen.

Innovativ ist insbesondere das Andockmanöver während dem Flug selbst. So etwas gab es bis dahin in dieser Form noch nicht zu sehen.
Gerade in technischer Sicht gibt es einiges zu sehen, beispielsweise das komplexe zerlegen einer Bombe oder einige Spielereien zur Beobachtung der Passagiere und Terroristen im Flugzeug, wobei hier auch ein paar Logiklöcher entstehen.
Gelungen sind auch die Effekte. Anno 1995 / 1996 wurden noch nicht allzu viele Computererzeugte Effekte in diesem Genre eingebunden, somit ist die Ausstattung noch handgemacht und sieht erstaunlich gut aus, ganz besonders die Flugzeuge und die Explosionen zum Schluss (nichts geht über "echtes" Feuer! :-) ).

Viele bekannte Gesichter konnte Baird für sich gewinnen. Da wäre beispielsweise Richard Riehle, der eher aus Serien bekannt ist und hier einen Kurzauftritt als Airline Marshal hat. Joe Morton, bekannt aus "Terminator 2" (Miles Dyson), mimt Sergeant 'Cappy' Matheny, John Leguizamo (zuletzt "The Happening", "Land of the Dead" und in "Romeo + Julia" als Tybalt) den leicht reizbaren Captain Rat.
Halle Berry hat hier eine ihrer ersten tragenden Rollen als Stewardess Jean und sticht neben John Carpenter's Liebling Kurt Russell am meisten heraus. Die (glücklicherweise?!) recht kurze Screentime von Steven Seagal ist recht überaschend.
Trotz der guten Schauspieler fehlt ein Sympathieträger. Auch der als einzig hervorzuhebende Gegenspieler David Suchet kann hier nicht wirklich punkten.

Anlass zu großer Kritik gibt es zum Finale, dass plötzlich völlig überzogen, unrealistisch und gar lächerlich wirkt. Hier versenkt David Grant, der am Anfang des Filmes noch eine Flugschule besuchte, sich das alleine fliegen aber noch nicht zutraute, unter Anleitung von der Stewardess Jean den Flieger im Sand und alle kommen natürlich ohne Verletzungen davon. Komisch, ist aber so.

Gesamt gesehen ein routiniert inszenierter, teils temporeicher, teils langatmiger Thriller mit guten Ideen, Effekten und Schauspielern. Mittlerweile ist die Meßlatte durch "Air Force One", "Con Air" und "Flug 93" aber ein gutes Stück höher.

6 / 10

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