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Manchmal ertappt man sich bei dem zynischen Gedanken, daß es doch gar keinen Sinn macht, sich auf einen bislang unbekannten Film zu freuen, da man ja doch mehr oder weniger alles kennen würde, weil man bereits alles gesehen hat. "Der Gejagte" aber stellt alle tradierten Sehgewohnheiten und cineastischen Erfahrungsmuster zuerst auf die Probe und sodann zuverlässig in den Schatten. Denn dieser Streifen verdient wirklich das Prädikat "hard boiled"!

Eine solche Dramaturgie vom langsamen unaufhörlichen Scheitern, von kaputten Familienverhältnissen, miesen Jobs, verlassenen (Ehe-)Männern, von höllischen Zahnschmerzen, winterlicher Öde, Dauerfrust und Minderwertigkeitskomplexen, von Kampf, Niederlage und Resignation, von Aufruhr in (selbst-)mörderischer Verzweiflung - wie sie der mehr als Drehbuchautor denn als Regisseur bekannte Paul Schrader in seinem "Der Gejagte" entfesselt, besitzt absoluten Schauwert. Dieser Parforceritt in die Hölle menschlicher Abgründe und Einsamkeit läßt fast alles hinter sich, was man in dieser Hinsicht von Hollywood und seinem Stammpersonal (Nick Nolte / Sissy Spacek / James Coburn / William Dafoe!!) zuvor serviert bekommen hat. Wer angesichts dieses Panoramas von Tristesse und menschlicher Verlorenheit, dieser geradezu sezierenden Studie über die Verletzlichkeit von Körper & Seele nicht angerührt ist, sollte einmal seinen Tablettenkonsum überdenken.

Auch nach zweimaligem Ansehen: uneingeschränkte 9/10. Und der Hinweis, daß dieses weitgehend unbekannte Meisterwerk auf DVD bei Ebay für 2-3 Euro angeboten wird.

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