Nur wenige Wochen nach dem 11. September 2001 gestartet, sprach sich das sensibilisierte Publikum nicht für den inhaltlich fragwürdigen und extrem peinlichen „The Last Castle“ aus oder war ausnahmsweise doch mal reifer, um dieses plakative Drama einfach mal links liegen zu lassen. Dabei waren die Kritiken gar nicht mal so negativ.
Dennoch muss sich speziell Robert Redford („Sneakers“, „Spy Game“) fragen, was ihn an dieser Rolle gereizt hat, bewies er doch schon Anfang der Achtziger mit „Brubaker“, dass er ein solches Thema wesentlich souveräner beherrscht. Aber wenn das Drehbuch einen nicht lässt und das Geld lockt...
„The Last Castle“ präsentiert sich technisch sicherlich up to date, denn „The Contender“ – Regisseur Rod Lurie inszeniert auf der Höhe der Zeit in attraktiven Bildern aber ohne eigenes Profil das Duell zweier Egos, das oberflächlicher und hohler kaum vonstatten gehen könnte bis schließlich ein offener Krieg hinter den Mauern eskaliert, in dessen finale Schlacht alle hineingezogen werde.
Redford gibt seinen schillernden und legendären Lt. Gen. Eugene Irwin auch sichtlich engagiert mit Körpereinsatz und präsentiert sein Filmego als ehrenhaften, respektablen Vollblutsoldaten, der sich gegen einen Befehl und für sein Gewissen entschied. Vor Gericht erklärte er sich seines Vergehens für schuldig und will nur noch in Ruhe seine Zeit absitzen. Col. Winter (souverän und hinterhältig: James Gandolfini, „Terminal Velocity“, „Crimson Tide“) , der harte Leiter des militärischen Gefängnisses ohne soldatische Tugenden im Leib, begrüßt diese Einstellung, wird aber von Erwin erst in seinem Ego gekränkt und dann herausgefordert.
Rod Lurie hat allerdings keine Eile damit die Situation zuzuspitzen, sondern lässt sich alle Zeit der Welt, um die beiden Hauptfiguren einzuführen, ohne dass ihm das Drehbuch dafür ein Fundament zur Verfügung stellt. Der verklemmte Besuch von Irwins Tochter, die ihren Vater, den Berufssoldaten, eigentlich gar nicht kennt, ist lediglich ein verzweifelter Versuch Irwin eine zweite Dimension zu verleihen. Denn für den Rest des Films ist er nur ein lebenserfahrener Mann, der gegen die diktierten Ungerechtigkeit in dieser Institution angehen will und mit seinem fabelhaften Gedächtnis jeden Soldaten kennt und die Blaupausen jeder archaischen Kriegstaktik gespeichert hat und ebenso alles zu improvisieren weiß.
Neben ihm leben in diesem Gefängnis scheinbar ausschließlich Ex-Soldaten ohne Rang, die trotz diverser Charakterschwächen gar keine Verbrecher sind. In diese doch sehr befremdliche Richtung tendiert der Ton des Films nämlich, der vom leicht zurückgebliebenen Stotterer über den gewissenlosen Buchmacher bis hin zum gewalttätigen Muskelprotz jeden so dick mit sympathischen Augenblicken bestreicht, dass die skrupellosen Wärter und Winter selbst die eigentlichen Verbrecher sind. Da ist schon etwas Wahres dran, weil vor allem Winter die Manipulation liebt und seine Insassen geschickt so dirigiert, dass sie aufeinander anstatt auf seine Männer losgehen, aber falsch bleibt diese Aussage trotzdem.
Denn Irwin, ganz in edlem Understatement versunken, schweißt instinktiv mit seinen Führerattributen in ruhigem, pathetischen Ton mit präzisen Appellen jegliches Gesocks zu einer Armee zusammen, erklärt jedem, der es hören will, was Ehre und Soldat sein überhaupt bedeutet und geht als Märtyrer voran, während er stets seine Untergebenen hervorhebt. Spätestens der Steintransport im hohen Maßstab und das ABC des Salutierens lassen dann auch den letzten Zuschauer mit einigermaßen Durchblick krampfhaft die Würgereflexe unterdrücken. Und dabei muss man sich erst um Irwin scharren, um ihn zu überzeugen ein letztes Mal das Kommando an sich zu reißen und eine Hilferuf nach draußen zu leiten, da alle Gefangenen auf ihn zählen. Kennen sie den loyalen Offizier doch alle aus Erzählungen ihrer Väter, die unter ihm gedient haben.
Während die Scharfschützen auf den Mauern noch jeden Verstoß gegen die Lagerordnung mit gezielten Gummigeschossen goutieren und die Gefangenen sich immer mehr wie in einem Kriegsgefangenenlager fühlen, schlägt Irwin selbst das Angebot aus, krankheitsbedingt aus dem Gefängnis zu scheiden, um den harten Methoden Winters, dem er als Mann ohne Kriegserfahrung ohnehin keinen Respekt entgegenbringt, Einhalt zu gebieten und den Insassen ihre Würde nebst Selbstachtung zurückzugeben. Aus dem Machtkampf zwischen Sommer, der seinen prominenten Häftling erst mit Samthandschuhen anfässt und, als er damit keinen Erfolg hat, versucht ihn mit radikalen Strafmaßnahmen ruhig zustellen, und Irwin erwächst ruhig aber stetig ein Konflikt, der bald alle betrifft und fleißig in Form von drakonischen Strafen und Erniedrigungen angefeuert wird.
Überflüssig in die Verlängerung gedehnt, fehlt es dem Film an prägenden Momenten, nicht aber überbordenden Klischees und final dann auch furchtbarem Patriotismus, der so penetrant gnadenlos die Zehennägel aufrollt, dass er nur noch anspruchslose Naturen kalt lässt.
Nichtsdestotrotz darf die Revolte der Gefangenen nach einem sorgfältigem Studium der taktischen Möglichkeiten Sommers sich als eine kleine Materialschlacht outen, in der das halbe Gefängnis in Rauch aufgeht und einige Gebäude einer gründlichen Renovierung bedürfen. Die totale Eskalation mit scharfer Munition traut sich der Film natürlich nicht, aber vor einer Handvoll Toten und blutigen Nasen schreckt „The Last Castle“ nicht zurück.
Wenn im Gefängnishof der Hubschrauber häckselt, brennende Geschosse Sommers Büro umgestalten, Wasserwerfer mit Enterhaken bestückt werden und die ganze Anstalt im Chaos versinkt, wird die bedenkliche Aussage dahinter zumindest so weit weggeschwemmt, dass man sich von der Action problemlos blenden lassen kann – wenn man denn möchte.
Ich bin wirklich niemand, der sich auf amerikanische Filme mit einer gehörigen Portion Patriotismus eingeschossen hat, sondern meine ganz im Gegenteil, dass Patriotismus ein gar nicht einmal zu unterschätzendes, moralisches Standbein real wie filmisch ist, aber „The Last Castle“ hat eben das Problem nebenher kaum nennenswerte Stärken außer eines souveränen, aber gleichzeitig auch unterforderten Hauptakteurs zu zeigen, der aber leider von gemeinhin bekannten Stereotypen belagert wird, denen er Militarismus als höchstes Gut predigt.
Schade, um den erlesenen Support (u.a. Mark Ruffalo, Delroy Lindo, Clifton Collins Jr.), dem keinerlei Möglichkeiten zur Profilierung gewährt werden, und der vertanen Möglichkeit mit etwas weniger Aufdringlichkeit und mehr Sorgfalt einen vor allem inhaltlich ausgereifteren Film zu drehen, waren die Voraussetzungen, abgesehen vom notleidenden Drehbuch, doch allemal gegeben.
Regisseur Rod Lurie muss sich allerdings auch den Vorwurf gefallen lassen das Gefängnis als solches kaum als beengten Ort kaum zu instrumentalisieren und verschenkt damit eine der natürlichen Stärken dieses Spielorts, an dem schon ganz andere, großartige Filme ihren Platz in der Geschichte erhielten.
Fazit:
Sehr konservativ und fragwürdig outet sich „The Last Castle“ als inhaltlich schlichtweg peinlich, kann dank einer soliden Regie, genügend Action und guten Darstellern noch geradeso das Mittelmaß erreichen. Der charismatische Redford, abgestraft mit einem idealen Modellbau-Soldaten, und der listige Gandolfini, den es so klischeehaft nicht besser erwischte, verdienen so einen Film allerdings nicht. Von der Aussage zwar ärgerlich, unterhält Rod Lurie letztlich eigentlich nur mit seiner gelungenen Actionchoreographie und den darin verwickelten Darstellern. Man kann den Film auch problemlos als Unterhaltung abtun, aber angesichts der bedenklichen Intentionen hatte zumindest ich meine Probleme mit „The Last Castle“