Mit Daylight entführt uns Rob Cohen zurück zum Flair der 70er Jahre, als Katastrophen die Kinositze durchschüttelten. Mit der Idee war er nicht wirklich allein, denn während in den 90ern bunte Techno-Hippies in Schlaghosen die Straßen betanzten, erlebte auch dieses Subgenre seine Renaissance in der trotz allen Plastikkommerzes vielleicht doch letzten großen Dekade des Kinos. Der seit 1980 als Produzent tätige Regisseur wird schon gewusst haben, warum er das gemacht hat.
Sein etwas wuselig zusammengeführtes Inferno trifft die Tunnelverbindung zwischen Manhattan und New Jersey, deren Röhren von einer repräsentativen Mischung aus privaten und geschäftlichen Fahrzeugen gefüllt sind. So schlingert dann auch ein mit Punks besetztes Fluchtfahrzeug durch die Reihen, um sich mit einem Giftmülltransport zu verkeilen und den großen Bumms hervorzurufen, den Industrial Light & Magic aber mal richtig schön hinbekommen haben. Während die in Daylight immer wieder präsenten handgemachten Bühneneffekte den Hintergrund bilden, reißen die Computerflammen fast schon spürbar durch die Gänge.
Aus positiver Sicht muß man den generellen Aufbau des Tunnel-Unglücks in Daylight ganz klar als Hommage an Hollywoods große Blockbuster-Welle der 70er deuten. Die Produktion der Tunnel-Sequenzen fand in der italienischen Cinecitta statt, wo ausreichend Platz für die Bauten und benötigten Wassertanks vorhanden war. Es gibt bei diesen Bühneninszenierungen eine dünne Linie zwischen Effekten, die man im Eifer des Gefechts als real akzeptiert und diesen mechanisch und grob wirkenden Tricks, die wie in einem Freizeitpark immer wieder dieselbe Situation simulieren können. Letzteres trifft leider auf Daylight zu.
Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, daß so eine Bühnendarbietung letztlich ja doch auch abhängig vom dramaturgischen Einsatz ist. Es wäre einfach zu sagen, der eigentlich von Rob Cohen vorgesehene Schauspieler Nicolas Cage sei viel besser für die Rolle geeignet gewesen, was weder zutrifft noch berücksichtigt, daß auch das Schauspiel von Cage öfter mal in der Kritik steht. Die nötige Präsenz für den in Daylight von Sylvester Stallone eingenommenen Part bringt wirklich nur der gute Sly mit und wenn dieser in einer Szene durch mehrere Riesenventilatoren hindurchkraxeln muß, dann passt es eigentlich, zumal Stallone die Presse darüber informierte, nach seiner Bewältigung der Höhenangst in seinem Kletterabenteuer Cliffhanger in Daylight nun die Angst vor engen Räumen besiegen zu wollen. Sein Stamm-Double Mark De Alessandro stand ihm in beiden Fällen zur Seite.
Vielleicht liegt es dann auch tatsächlich an dieser Angst, daß Sylvester Stallone in Daylight schon von Beginn an kurzatmig wirkt. Wer der deutschen Sprache mächtig ist, tut nur gutes daran, die tolle Synchronfassung mit Stallones Stammsprecher Thomas Danneberg und anderen Lieblingen wie Christian Rode und Joachim Kerzel auszuwählen. In dieser wirkt der Actionstar der Situation gewachsener. Schließlich läßt Rob Cohen seinen Protagonisten schon unbeholfen genug aussehen, indem er Stallones Figur Kit Latura ganz leise als Taxifahrer etabliert. Nur kleckerweise rückt er damit raus, daß es sich um einen ehemaligen Haudegen der New York City Emergency Medical Services handelt, der wegen ein paar Todesfällen unehrenhaft aus dem Dienst geschieden ist. Dann verwundert die Haltung seiner ehemaligen Kollegen natürlich nicht, als sie ihn am Unglücksort erkennen.
In Daylight zieht Cohen seiner Hauptfigur damit den Boden unter den Füssen weg, daß Latura sich waghalsig in den Tunnel begibt, um etwas gut zu machen. Dann steht er aber wieder genauso planlos da wie alle anderen, was bis dahin reicht, daß in der Schaltzentrale nicht einmal die Bildschirme beachtet werden. Im Grunde tanzen Stallone erstmal alle auf der Nase herum. Ein bulliger Knacki aus dem Gefangenentransport will das Kommando und ein von Viggo Mortensen ganz witzig dargestellter Sportschuhdesigner und Abenteurer geht auch trotz aller Warnung seines Weges. Die illustren Restposten menschlichen Lebens machen sich dann widerwillig daran, Kit Latura zu folgen, der seinen Weg gern damit begründet, keine bessere Idee zu haben, was Daylight insgesamt recht zäh werden lässt.
Rob Cohen ist durchaus bekannt dafür, sein Kino mit einem Hang zu edlem Trash auszugestalten. So krankt sein Film Daylight oft an der internen Logik. Zwar basiert der Film auf einem Unglück im Holland Tunnel aus den 40er Jahren und die Katastrophe im Mont-Blanc-Tunnel von 1999 hat uns diesbezüglich in die Realität zurück verwiesen, doch frage ich mich weiterhin, warum man einen Tunnelzugang über ein großformatiges Ventilationssystem nicht einfach mit einer kleinen Tür als Notausgang und für Wartungsarbeiten ausgestattet hat.
Wenn man über die Tappsigkeit des Protagonisten hinweg sieht, die dem Geschehen den heroischen Pathos nimmt, dann fallen ferner Prinzipien auf, die ich als überholt erachten möchte.
Es genügt schließlich nicht die gewählte Kombination von Abziehbildern, die in diesem Tunnel eingeschlossen sind, es gibt auch eine Ablebens-Hierarchie, deren Ideale unter anderem die Hauttönung als Indikator zu verwenden scheint. Einen gekreuzigten Heiland schließlich als rettenden Wegweiser einzusetzen ist konsequent wie haarsträubend auf diesem Stolperpfad durch den überschwemmten Untergrund.
An den us-amerikanischen Kinokassen gefloppt spielte Daylight erst in der internationalen Auswertung knapp das doppelte seiner 80 Millionen Dollar Produktionskosten wieder ein, von denen sich Sylvester Stallone an die 20 Millionen für seinen Auftritt auszahlen ließ. Sein Sohn Sage Stallone war außerdem Teil des Schauspieler Ensembles.