Review

Irgendwann haben Action-Stars die Anfeindungen der Presse und eines Teils des Publikum satt und dann entscheiden sie sich seltsamerweise dafür, ihren Stärken den Rücken zu kehren. Als Ersatz drehen sie dann "wertvolle-harmlose" Actioner, die keiner sehen will, scheitern in Komödien oder versuchen sich an irgendeinem Schrott.
Stallone war schon ziemlich verzweifelt, als er sich entschloß, es jetzt mal mit dem Katastrophengenre zu versuchen. Das war zwar schon vor seiner Blütezeit Mitte der 70er ausgelutscht, aber bei Kassenfüllern wie "Apollo 13" und den beiden Vulkanfilmen, kann man da ruhig noch einen Tunnelthriller beifügen, bei dem reichlich Verschüttete gerettet werden müssen.

Und so geschah es dann. Stallone kam zurück als der Retter der im Tunnel Steckenden. Und alle waren mit dabei: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Stallone also gegen die vier Elemente. Sieht unfair aus. Und unser Muskelmann mußte auch bald einsehen, daß da wenig zu glänzen ist.

"Daylight" ist so was, wie die Quersumme aus allen möglichen Katastrophenklischees. Schon bei der Einführung kommt die nun noch zu gebrauchenden Charaktere aus dem Bausatz bekannter Vorbilder. Allein das auslösende Moment, in dem drei vollkommen geistlose Punk-Räuber mit einem Auto in einen illegalen Giftmülltransport rasen der uns darob um die Ohren fliegt, zieht dem Dramakonstrukteur die Schuhe aus. Und so geht es dann weiter aus dem großen Topf der flachsten Klischees aller Zeiten: Aus irgendeinem Grund fackelt die Feuerwalze a la Giftmüll den gesamten Tunnel ab, läßt aber unseren repräsentativen Bevölkerungsschnitt (altes Pärchen, Polizist, mehrere jugendliche Strafgefangene, erfolglose Autorin, Familie mit beinahe gescheiterter Ehe, Extremsportmillionär) aus ungeklärten Gründen am Leben. Der liebe Giftmüll hat auch keine weiteren Folgen, dafür stürzt Tunnelchen hinten und vorne ein.

Wer jetzt vor Lachen noch lebt, kann sich daran delektieren, wie Stallone, der Ex-Chef der Feuerwehr (der jetzt als Chauffeur arbeitet, muhaha...) mal eben das Regiment übernimmt, weil der neue Chef ja ein selbstverliebtes Kompetenzarschloch ist, dem gleich darauf beim vollkommen sinnlosen Selbsteinsatz die Decke auf den Kopf fällt. Wenn das Asterix gewußt hätte. Der Ersatzchef ist natürlich ein Schwachmat, der Stallone damals den Job gekostet hat, weil ja jemand bei einem verpatzten Einsatz die Verantwortung für drei Menschenleben übernehmen mußte. Im Hintergrund heulen die Wölfe, hier vorne kotzen wir. Während wir mit so knalligen Tatsachen wie reichlich Panik in der Einsatzzentrale konfrontiert werden (bei der alle hektisch durch die Gegend rennen, aber keiner mal auf einen Monitor guckt), macht sich Onkel Sly eigenhändig auf die Socken, packt sich etwas C4 ein und durchquert auf sinistrem Weg vier Ventilatoren, um dann ohne Plan bei den Verschütteten anzukommen.

War es bis dato kaum auszuhalten, wird es jetzt noch schlimmer. Denn im Tunnel spielt sich das Panoptikum der schlechten Ideen von anno dazumal ab. Jeder darf mal in Panik auf Stallone rumreiten, jeder darf nach der Reihe mal auf Panik machen, keiner hat einen Vorschlag, aber alle machen auf dicke Hose. Das kann man derart billig von einer Liste abhaken, daß es noch nicht mal Trashfreunden gefallen dürfte, denn die regelmäßig aufflackernde Hysterie ist hier nur eins: nervig. Da ist es passend, daß Sly auch keine richtigen Ideen hat, also beschränkt er sich auf Schadensbegrenzung, um ein paar Actionszenen aus dem Set zu melken. Die fallen aufgrund der Umgebung jedoch reichlich dürftig aus. Eine Sprengnummer mit rollendem Tankwagen ist da schon das dollste. Und dann wird es noch mal spannend, wenn alle durch ein Loch tauchen müssen, was wir in "Das Poseidon Inferno" auch schon besser hatten. Ansonsten ist wirklich gar nichts los, wenn nicht gerade wieder jemand austiltet.

So gerät die Rettungsaktion nach hinten immer fader, wenn Stallone langsam aber sicher die Leute wegsterben, natürlich nur die auf die wir verzichten können, wie Agressive, Sich-Überschätzende und alte Leute. Naja, ein Sympathieopfer muß auch sein, was für Sly mal eine richtig emotionale Szene bedeutet, bei der er aber wieder mal die Hand vor Augen hat, weswegen wir auf die Tränchen noch ein, zwei Filme warten müssen.
Oben am Licht macht die Öffentlichkeit beide Augen derweil feste zu und erklärt mal schnell nach sechs Stunden alle im Tunnel für wahrscheinlich tot, damit der Verkehr wieder zum Laufen kommt. Da der Tunnel eh für die nächsten sechs Monate komplett im Arsch sein dürfte und der Verkehr also umgeleitet werden muß, ein schön hirntoter Grund die Situation in der Tiefe noch dramatischer zu machen.

Und so geht's grottendämlich weiter, bis zum großen Knall am Ende, der wenigstens visuell etwas hermacht.
Vorher haben wir schon die Ratten gesehen, die den sinkenden Tunnel verlassen. Was für ein schönes Bild, die wissen einen Ausweg aus diesem Film. Allerdings liegt direkt hinter einer Jesusfigur und für die dicke Symbolik gibt's einen Arschtritt extra.

Ergo: ein geradezu klassisch schlechter Katastrophenthriller, der aus seiner Situation aber auch gar nichts machen kann und in dem sich dann auch niemand nur einigermaßen wie ein denkender Mensch verhält. Die Schauwerte sind deutlich studiolike und die vielen bekannten Gesichter (u.a. Viggo Mortensen und Dan Hedaya) sind größtenteils verschenkt. Stallone kann auch nicht glänzen, denn seiner Figur fehlt jegliche Grundlage, und was wir sonst über das Chiffre Kit (wo ist eigentlich Michael Knight, wenn Kit im Tunnel ist) erfahren, setzt sich nur aus seiner klischeehaften Mißerfolgsstory zusammen. Tja, wären sie doch alle ersoffen, dann hätten wir uns gleich auf "Dantes Peak" konzentrieren können. Der wirkt gegen diesen Film hier nämlich, als hätte er einen Uni-Abschluß. (3/10)

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