Wenn Schauspieler improvisieren, denkt man unwilkürlich an Darsteller wie Robert De Niro, dem beim Probem der berühmte "You talkin' to me?"-Dialog eingefallen ist. Wenn ein ganzer Film durch die Darsteller improvisiert wird, dann fallen einem Stegreif-Klassiker wie John Cassavetes' "Schatten" oder Jean-Luc Godards "Pierrot le fou" ein. Doch nie wird sich jemand an Linda Yellens "Parallel Lives" oder nur eine schauspielerische Leistung im Zusammenhang mit dem Schlagwort "Improvisation" erinnern.
Die ersten fünf Minuten des Filmes sind noch die eindrucksvollsten. Und ich meine keinesfalls die Bilder, die uns da geboten werden, sondern eher, die Credits, und welche Namen, sie alle nennen. Es ist wirklich erstaunlich, wer sich hier alles die Klinke in die Hand drückt. James Belushi, Liza Minnelli, Treat Williams, Mira Sorvino, Ben Gazzara, Helen Slater, Gena Rowlands, Jack Klugman, Ally Sheedy, Matt Perry, Dudley Moore, LeVar Burton, Robert Wagner und Paul Sorvino. Welcher Filmbegeisterte leckt bei dieser Besetzung kein Blut? Sie alle sollen eine Tragikomödie über ein monumentales Klassentreffen improvisieren, in der es hauptsächlich darum geht, dass sich fast alle über all die Jahre entfremdet haben, oder sich der alte Hass noch mehr geschürt hat.
Und da liegt der große Schwachpunkt des Films. Er kommt nicht grad wie ein sentimentales Class Reunion oder vergleichbare, deutlich bessere Filme wie zum Beispiel "Der große Frust" daher. Im fehlt die echte Herzlichkeit, die Freude, die aufkommt, wenn sich Freunde nach 20 Jahren wieder treffen. Nur manchmal scheint solch freundschaftliches Glück aufzuflammen, meistens jedoch scheinen alle zu intrigieren, sich gegenseitig zu hassen und irgendwelche Lästereien zu verbreiten. Es fehlt Linda Yellen schlichtweg das Gespür für eine richtige tragikomische, authentische Atmosphäre. Vielleicht hätte sie ein paar Klassentreffen besuchen sollen, um Inspiration zu bekommen.
Die besseren Geschichten in dem Film sind dann noch die, die völlig aus dem Rahmen fallen. James Belushi als Skandalreporter, der mit seiner alten Liebe anbändeln will, macht aufgrund des Belushi-Humors freilich Spaß. Und die erschreckende Story um die Sängerin Una Pace (Lindsay Crouse) ist die filmisch wohl am besten eingefangenste. Dies liegt aber nun wieder daran, dass just ihre Szenen nicht improvisiert worden scheinen. Wenn sie mit ihrem imaginären Freund am Flügel sitzt und komponiert, und die Kamera feinsinnig auf sie zu schwebt, dann hat man kaum das Gefühl, hier würde mal eben eine Szene live erfunden. Der Höhepunkt ist der durch den dämlichen deutschen Titel implizierten Tod eines der ehemaligen Kommilitonen. Leider wird dadurch der Film nicht sonderlich spannender.
Das "Tödliche Klassentreffen" endet mit einer guten Schlusszene. Nach 100 Minuten hat man einen durchwachsenen Film hinter sich. Er ist weder gut, noch so richtig schlecht. Er ist leider nur etwas asymetrisch dem Thema gegenüber. Linda Yellen ist der Herausforderung einfach nicht gewachsen aus einem TV-Film mit Starensemble einen wirklich intelligenten Experimentalfilm zu schaffen. So endet das Klassentreffen. Und wir freuen uns leider nicht auf ein Wiedersehen mit diesen Schulabgängern...