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Ist das eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, dass die meisten Länder kritische (volkstümlich auch "Anti-") Kriegsfilme vorzugsweise über die Kriege produzieren, die sie (meistens unter Hinterlassung reichlich verbrannter Erde) verloren haben ? So gesehen ist Deutschland für das Subgenre geradezu prädestiniert; aber auch unsere linksrheinischen Nachbarn haben da ordentlich Nachholbedarf. Nachdem man sich im 2. Weltkrieg zu den Siegermächten zählte (ich lass das mal unkommentiert), gab es in Vietnam kurz und heftig auf's Barret. Noch übler der Algerienkrieg (1954-1962): Von beiden Seiten mit unfassbarer Grausamkeit geführt, mussten die Franzosen nach geschätzten mindestens 300.000 Toten auf algerischer Seite doch den Rückzug antreten. Kein Wunder, dass danach ziemlich fix die in Gallien recht beliebten Verdrängungseffekte einsetzten ("Alesia? Ich kenne kein Alesia"). Immerhin: Mit diesem Streifen von Action-Profi Siri gelingt eine recht beachtliche, wenn auch späte Aufarbeitung.

Im Mittelpunkt steht ein genreklassische Figurenkonstellation: Der idealistische französische Leutnant Terrien (B.Magimel) übernimmt das Kommando in einer Infantrie-Einheit, in der der abgebrühte Sergeant Dougnac (A. Dupontel) den Ton angibt. Doch die Versuche, in dem Konflikt mit der algerischen Rebellentruppe FNL so etwas wie Würde und Menschlichkeit zu bewahren, ist vergeblich - zu brutal wird der Konflikt von beiden Seiten ausgetragen.

Das muss man schon als mutig ansehen, mit den begrenzten kontinentalen Mitteln in der Post-"Ryan"-Ära einen Kriegsfilm zu drehen, der hinreichend kommerziell und gleichzeitig anspruchsvoll und kritisch geraten soll. Doch das Resultat ist überraschend gut ausgefallen: Siri gelingt ein klassischer Soldatenfilm, der sich auf seine Figuren und deren Entwicklung konzentriert, der die Action nicht zu kurz kommen lässt und der ein ungeschminktes, wenn auch in Details vielleicht ein bisschen zu zahmes Bild dieses extrem grausamen Krieges zeichnet.

Fangen wir mit den handwerklichen Aspekten an: hier gibt es - angesichts der Vorarbeiten des Regisseurs kaum überraschend - wenig zu meckern. Die Kulisse ist grandios (fast ein wenig zu opulent), die militärischen Details wirken stimmig, und die zumindest zwei großen Gefechte sind hervorragend inszeniert. Begleitet von exzellenten Soundeffekten hält sich Siri ohne Kompromisse an das Handbuch "wie inszeniere ich aktuelle Kriegsszenen" - nahe dran, dynamische (zum Glück nicht zu wacklige) Kamera, spritzender Dreck, grobkörnige Bilder. Besonders eindrucksvoll ist dabei die Szene des Napalmangriffs samt Nachwirkung, die man in dieser Form noch nicht gesehen hat.. Ein klein wenig überrascht hat mich allerdings der geringe Härtegrad der Gefechtsszenen (ohne das in die Bewertung einfließen zu lassen): Gestorben wird so etwa wie im Kriegsfilm der späten 60iger, herumfliegende Gliedmaßen, die zwischen Ryan und Rambo zum eher fragwürdigen Genrestandard geworden sind, sucht man hier vergebens - angesichts der historischen Grausamkeit des Konflikts eine zumindest diskussionswürdige Entscheidung.

Aber das ist eben kein Kriegsekelstreifen oder ein reiner Actionfilm, aber auch pathetisches Wohlfühlkriegskino im Stil von Spielberg lag den Machern erfreulich fern. Im Mittelpunkt stehen der historische Konflikt und die menschenverachtende Grausamkeit, mit der er abseits der reinen Gefechte geführt wurde, und nicht zuletzt die daraus resultierende Entmenschlichung. Allerdings muss ich auch hier mit einem kleinen Kritikpunkt beginnen: der Kriegsgegner FLN bleibt über weiter Strecken gesichtslose Masse, ihre Motive kommen arg kurz, und das erste Massaker geht auch zu deren Lasten, was die folgenden französischen Gräuel möglicherweise in einem etwas milderen Licht erscheinen lässt. Dennoch gelingen dem Film beeindruckende Szenen: Gewalt gegen Zivilisten, Folter, rücksichtslose Vorgesetzte, alles dezent, aber durchaus prägnant ins Bild gerückt. Dreh- und Angelpunkt sind (trotz einiger interessanter Nebenfiguren, wie etwa die Algerier, die für Frankreich kämpfen) die beiden Hauptpersonen, ihr Konflikt und die bedenkliche Entwicklung vor allem des positiven Helden. Den moralischen Verfall des jungen Leutnant bringt Benoit Magimel, als einer der "Sky Fighters" extremst unangenehm aufgefallen, überraschend gut auf den Schirm; aber dennoch ist der toughe Sergeant einmal mehr die bessere Rolle, perfekt gespielt, ein Soldat mit Härte und ein bisschen Restmoral, der am Ende vor der Gewalt ebenso kapitulieren muss wie sein Counterpart.

Apropos Ende (wer spoilersensibel ist, möge diesen Absatz überspringen, auch wenn ich nichts direkt verrate). Mag ja sein, dass Budget oder Drehbuch hier kein wirklich spektakuläres Finale mehr hergaben; mea culpa, wenn ich als Action-Fan auch in einem Antikriegsfilm ganz gerne noch einen finalen Höhepunkt sehe; mag weiterhin sein, dass das Ende der Protagonisten konsequent und unvermeidlich ist. Aber eine gewisse Enttäuschung kann ich trotzdem nicht verhehlen: Die letzten etwa 20 Minuten zerfasern einfach ein bisschen zu sehr, die Szenen mit dem Heimaturlaub empfand ich als überflüssig, und die Entwicklung, die die Dougnac-Figur nimmt, ist einfach nicht glaubwürdig.

So ist das letztlich ein über weite Strecken starker Kriegsfilm aus einem zu Unrecht verdrängten Konflikt, wenn auch mit einem relativ schwachen Ende. Dennoch: Dank großartiger Kulisse, exzellenter Inszenierung auch, aber nicht nur der Actionszenen, guter Schauspieler und interessanter Figuren ganz klar über dem Genreschnitt. Und dank zurückhaltend ins Bild gerückter Grausamkeiten sogar als Schulprogramm geeignet, auch und gerade für die gedächtnisschwache Jugend beidseits des Rheins.

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