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Metzger oder Schaffner?... Geht auch beides?

Nach "Midnight Meat Train" überlegt man es sich zweimal abends alleine mit der U-Bahn nach Hause zu fahren... oder man freut sich als Clive Barker-Fan erst recht auf den Nervenkitzel ;-). Denn eine bessere Verfilmung eines Werkes des teuflisch guten Schreibers wird man kaum finden. Ästhetisch ist dieser fleischige Zug abgefahren, surreal, grobschlächtig. Einfach passend. Das raue Filmkorn, die alptraumhaft überzeichnete Brutalität, Bradley Cooper als abdriftender Sympathieträger in einer sehr ungewöhnlichen Rolle für den Beau - diese Fahrt vergessen grobere Horrorgourmets so schnell nicht. Sehr gute Regie-Wahl, selbst wenn der Japaner Kitamura damals noch neu war in Hollywood. Seine Art ist Antihollywood und sehr geil - was dem Film allerdings zu Kassengift machte. Immerhin huldigen die Hardcore-Horror-Heads ihn bis heute und fanden großes Gefallen dann später im Heimkino - da schließe ich mich sicher nicht aus!

Der Film macht enorm viel aus einer diabolisch-simplen Kurzgeschichte Barkers. Es geht um einen New Yorker Fotografen kurz vor seinem Durchbruch - seine morbiden und düsteren Bilder kommen an. Als er allerdings merkt, dass viele seiner menschlichen Motive, die er nachts an U-Bahnhöfen knipst, am nächsten Tag tot sind oder vermisst gemeldet werden, kommt er einem barbarischen U-Bahn-Metzger auf die Spur, der seine Wagons mit Leichen füllt wie andere Kühlhäuser... Abgedreht, bösartig, gemein. Richtig schön eiskalt und nichts für Zartbesaitete. Vinnie Jones ist der perfekte Metzger - ein beängstigendes, sprach- und erbarmungsloses Monster. Das Ende ist vielleicht erahnbar und storytechnisch merkt man den Kurzgeschichten-Ursprung, da ist wenig auf den Rippen. Was Freunde der blutigen Filmsprache sich allerdings erhoffen, wird hier galore geliefert.

"The Midnight Meat Train" ist eines der besten Hollywood-Horror-Regiedebüts der jüngeren Geschichte. Wunderhübsch, gleichzeitig wunderböse. Hat ein europäisches, asiatisches, dreckiges Feeling, dass man so, selbst von der Stadt die niemals schläft, nicht erwartet oder kennt. Im Extended Cut noch saftiger. Der Name ist Programm und für das was er ist und sein kann, gibt es hier so gut wie nichts zu meckern. Style, Gore, Idee, Darsteller - alles edel, besonders und hochwertig. Heute würde Cooper so einen Killerfilm wohl nicht mehr machen, gut dass er damals noch mutiger und kantiger war. Kann man lieben, kann einen abstoßen - aber langweilig wird dieser Ritt sicher nicht. Allein die Augen-Szene rockt das Ding! Innovativ, anders, schwarz. 100% Barker, 100% Kitamura - Volltreffer. Da haben sich zwei gesucht und gefunden. Schade, dass da nie mehr Ähnliches nach kam...

Fazit: eine der intensivsten, brutalsten & coolsten Clive Barker-Verfilmungen. Ein wilder Goreritt, eine stylische Schlachtplatte. Zieht einen in seinen Bann und unterhält enorm. Ziemlich perfekter Midnight Movie?!

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