Wenn man ein männliches Wesen fragt, wie es sich seine Traumfrau vorstellt, dann kommen zu 90% die üblichen Floskeln, wie "hübsch", "intelligent", und "witzig". Manch einer gibt dann vielleicht noch zu, dass sie gut im Bett sein müsste aber das ist schon die Minderheit. Doch was die Männer wirklich wollen, dass sagt natürlich keiner. Denn so ein wirkliches 08/15-Weib möchte doch eigentlich keiner. Feuer sollen die Frauen haben, bloß nicht so sehr dem üblichen Klischees entsprechen und vielleicht ab und an auch mal eine dicke Lippe riskieren, wenn ihnen irgend ein Saftarsch etwas anhaben will. Und genau diese Art von weiblichen Geschöpfen rotten die Regisseure Oliver Parker und Barnaby Thompson, in ihrer rabenschwarzen Komödie "Die Girls von St. Trinian", dem Remake des 1954er-Streifens "The Belles of St. Trinian's", zusammen, die den Zuschauer zum Brüllen bringen.
"Die Girls von St. Trinian" erzählt die Geschichte des Mädcheninternats "St. Trinian", welches alles andere als den üblichen Klischees entspricht. Denn hier sammeln sich die Art von Girls zusammen, für die in normalen Schulen kein Platz mehr vorhanden zu sein scheint. Von der sexgeilen Schulschlampe, über die pickelige Streberin, den rotzfrechen Erstklässlerinnen, bis hin zu den dunkelsten Mitgliedern der Gothic-Community, ist so ziemlich jeder Mädchenschlag vorhanden, den man sich als Eltern nie wünschen würde. Geführt wird das Ganze von der ebenfalls nicht ganz üblichen Schuldirektorin Miss Fritton, welche mit ihren unkonventionellen Methoden zwar bei den Schülerinnen ankommt, jedoch nicht beim hiesigen Schulamt. Bis "St. Trinian" eines Tages eine Zwangsvollstreckung der Bank ins Haus flattert... Und bis dahin geht es bösartig zu, wie schon so lange nicht mehr in einer Komödie. Auch wenn man dem Ganzen gleich zu Beginn vorwerfen könnte, dass die Figuren hier ja auch nur den üblichen Klischees der "etwas anderen" folgt, so muss man es den Schreiberlingen doch lassen, sich endlich mal über und über mit Figuren zu umgeben, die eben nicht so ganz den üblichen Standards entsprechen. Auch wenn die Geschichte selbst alles in allem nicht wirklich für Überraschungen gut ist, so spielen die Girls hier einfach eine Musik, wie man sie sich schon lange mal wieder gewünscht hat.
Und dabei geht es vor allem in der ersten Hälfte des Films wirklich knackig zu. Die Mädels haben es wirklich faustdick hinter den Ohren und stellen so ziemlich alles an, was man als "feine Dame" nicht tun sollte. Highlight bildet dabei vor allem ein Rugbymatch zwischen den St. Trinians und einer anderen Mädchen-Schule, in dem die Feindseligkeiten so dick und komisch aufgetragen wurden, dass man, als Fan britischer Komödien, teilweise nicht mehr aus dem Lachen herauskommt. Immer wieder kommen Szenen der Marke "Das glaub ich jetzt nicht" um die Ecke, genauso wie Szenen der Marke "Das werden sie doch jetzt nicht wirklich tun". Eine Mitschülerin die beim Duschen gefilmt und dann bei YouToube ins Netz gestellt wird, ist da noch das Harmloseste. Nein, die ersten 2/3 des Films sind teilweise wirklich Bösartigkeit pur.
Zum Ende hin wird das Ganze dann allerdings etwas weicher. Zwar soll die angesprochene Rettung der Schule auch nicht ganz ohne kriminelle Vorstellungen vorangehen, doch der kräftige Biss, welche den Film langezeit stark prägt, lässt zum Schluss dann leider doch ein wenig nach. Ganz so "abartig" und "fern jeder Normalität" wollte man die Mädels dann wohl doch nicht in den Köpfen der Zuschauer zurücklassen. Doch wirklich böse kann man diesem Umstand nicht sein, hat man diese Brut doch schon längst irgendwo ins Herz geschlossen und der Zusammenhalt der Bande ist auch wesentlich realistischer und nachvollziehbarer, als wenn die Girls zum Ende hin vielleicht alle noch im Knast gelandet oder auseinander gerissen wären. Auch wenn ein wenig Alternativität auch dem Schluss nicht geschadet hätte, so kann man sich damit unterm Strich zufrieden geben, ohne größere Abstriche machen zu müssen.
Zumal der Film auch nicht nur als Komödie funktionieren will, sondern hier und da auch ein paar Seitenhiebe auf das aktuelle Verhalten der Presse und der Politik zum "anders" sein liefert. So wird ein Vertreter des Schulamtes hier am Ende z. Bsp. als das eigentliche Übel präsentiert, der mit seinem fahrlässigen Mord an einem Hund mehr Empörung erregt, als die Rasselbande von "St. Trinian". Alles in allem sind diese Spitzen zwar in der Unterzahl, doch in der Menge und in der Art wie sie hier präsentiert werden, behalten sie eine gewisse Glaubwürdigkeit inne, ohne dass sie dem eigentlichen Geist des Films, nämlich den Zuschauer zu unterhalten, in irgend einer Weise schaden. Gut so!
Wunderbar zudem auch die Riege von Darstellern, die die Regisseure hier zusammengeschart haben. Angefangen bei Rupert Everett, welcher hier in einer Doppelrolle agiert, nämlich als Miss Fritton und deren Bruder, wobei er vor allem Erstere mit Bravour zur Schau stellt. Dazu die ganze Riege der weiblichen Darsteller, denen man allesamt die harte Schale, mit dem zwar weichen aber dennoch zähnebrechenden Keks, abnimmt. Und auch Mimen wie Colin Firth legen eine flotte Darstellung aufs Parket.
Fazit: Wunderbar bösartige "Mädchen-Komödie", sowie sie wohl nur die Briten auf die Beine stellen können. Rabiater Humor paart sich hier mit einer ganzen Riege von (vornehmlich) weiblichen Figuren, welche man sich zwar (zumindest) offiziell allesamt nicht unbedingt als Freundin wünscht, die man aber dennoch schnell ins Herz schließt und vielleicht sogar die geheimen Wünsche des männlichen Wesens mit Fingerschnippen erfüllen. Auch wenn dem Ganzen zum Schluss dann ein wenig die Puste ausgeht und letztlich ein etwas zu konventioneller Weg eingeschlagen wird, so kann man sich mit dieser bissigen Mädchenbande schon mal einen ziemlich schönen (Kino-)Abend machen, vor allem als Mann!
Wertung: 7,5+/10 Punkte