Review

Richard Mathesons „I am Legend“ ist schon mehrfach verfilmt worden, sowohl mit Vincent Price (1964) als auch mit Charlton Heston (1971) und in beiden Fällen war sicherlich auch der Hauptdarsteller der Schlüssel zum Erfolg, mußte er doch als „letzter Mensch der Welt“ praktisch charakterliche Höchstleistung erbringen, um das Publikum mitfühlen zu lassen.

Das erneute Remake, das, nach diversen Plänen, Projekten und Umdispositionen (u.a. sollte Schwarzenegger die Rolle übernehmen), mit 15 Jahren Verspätung umgesetzt wurde, ging an Will Smith, der ebenfalls in der beneidenswerten Lage ist, einen Film einfach anhand seines Namens tragen zu können und wenn es auch zur Ikone noch nicht reicht, dann jedenfalls über die Sympathiewerte.

Die Erde ist also mal wieder entvölkert worden bis auf eine verschwindend geringe Anzahl Immuner, diesmal ausgelöst durch die Mutation eines Virus, das eigentlich Krebs besiegen sollte (warum man für ein relativ unwichtiges Interviewintro ausgerechnet Emma Thompson verpflichtete, bleibt schon mal rätselhaft). Der Wissenschaftler und Militär Robert Neville, der an dem Virus mitgearbeitet hat, ist offensichtlich der einzige Mensch in Manhattan und arbeitet immer noch an einem Gegenmittel, allerdings ist er nicht allein...

Wie schon bei Heston und „Der Omega-Mann“ zerfällt auch diese Bearbeitung in zwei Teile. Der erste Teil dient der Einführung und Etablierung, es ist ein Mahnmal der Katastrophe, die Geschichte des Einsamen, der durch die verlassene, ausgestorbene Metropole wandert und versucht, der Einsamkeit, dem Wahnsinn und seiner Verantwortung Herr zu werden.
Dazu kommt eben die Bedrohung durch die im Dunkel lauernden Infizierten, die über die originalen Vampire und religiöse Albinofanatiker hier nun zu lichtscheuen überagressiven Mutanten umgeschrieben wurden.
Die zweite Hälfte gehört traditionell dem Konflikt zwischen Neville und anderen Überlebenden, die gegensätzlichen Planungen über den weiteren Verlauf und die zwischenmenschlichen Konflikte, nicht zuletzt um Pflicht, Berufung, Glaube und Hoffnung.

Die erste Hälfte ist Francis Lawrence, dem Regisseur von „Constantine“ noch ganz überzeugend gelungen. Zu verdanken hat er das sicher auch den Bildern von „Herr-der-Ringe“-Kameramann Andrew Lesnie, der die wildnisüberwucherte, menschenleere Metropole in berauschende und beklemmende Bilder umsetzt. Tatsächlich schafft es Smith allein mit seiner Präsenz, den Film in der Balance zu halten, unterstützt von seinem Hund (der ihn natürlich irgendwie in Sympathiewerten an die Wand spielt).

Der gute Eindruck geht jedoch in dem Moment flöten, als zum ersten Mal die Mutanten ins Bild geraten.
Kaum zu glauben, daß eine Produktion, die sich solche Mühe mit monumentalen Cityscape-Bildern gegeben hat, etwas so Unechtes, Unspektakuläres und Enttäuschendes zusammenrührt.
Die Mutanten erweisen sich als komplett am PC zusammengestoppelt und wirken doch tatsächlich in keiner Sekunde echter als etwa die Kreationen in „Beowulf“. Unecht und deplaziert sind sie in jeder Szene und es wird nicht besser, wenn sie sich in (wie Mel Brooks sagen würde) „lächerlicher Geschwindigkeit“ Marke Zeitraffer durch die Stadt bewegen, computergenerierte Affen, die ihre Gesichter praktisch erklärungsfrei ins Unendliche verformen können und mit dem Schädel in 20 Versuchen Panzerglas zertrümmern können, ohne sich den Schädel zu zermatschen.

Sämtliche Szenen mit den Viechern sind albern und blöde – und was noch schwerer wiegt – nicht eine Szene im macht einen exzessiven Einsatz von PC-Kreationen nötig. In jedem Fall wirken die Viecher gruseliger, wenn man sie eben nicht sieht und während es echte Schauspieler gewesen, der Horror wäre eindeutig mit „I am Legend“ gewesen. Aber vielleicht war die Angst zu groß, Ähnlichkeiten mit „28 Tage später“ zu provozieren.

Ebenfalls negativ wirkt sich das (wieder einmal) höchst mäßige Drehbuch von Akiva Goldsman aus, daß tatsächlich fast zwei Drittel des Films vergehen läßt, bis für Neville ein menschlicher Widerpart erscheint.
Bis dahin verbrät es aber ungerechtfertigterweise ebenso lange, um in drei wenig informativen Rückblenden zu erzählen, was wir ohnehin schon ahnen, nämlich wie Neville seine Familie verloren hat, bzw. daß er sie verloren hat.

Für die Message in traditioneller Form bleibt also gerade mal noch ein gutes Drittel der mit 96 Minuten eh nur knapp bemessenen Laufzeit und das Skript wirft Alice Braga als Anna praktisch kalt in den Film, wo ihre Rolle leider nie ankommt. Denn der Film nimmt jetzt eine typisch amerikanische und eigentlich sehr konservative Haltung ein und wird in Bezug auf Nevilles Figur widersprüchlich. Der unter der Einsamkeit psychisch Zermürbte reagiert auf die Gesellschaft spröde bis abweisend, muß drehbuchgemäß unpassend in alte Smith-Manierismen verfallen (er synchronisiert „Shrek“ und liefert eine unnötige Bob-Marley-Parodie ab) und stellt sich als Mann der Wissenschaft da, der für ein Gegenmittel kämpft, das (da er nicht mehr an Zuflüchte und Überlebende glaubt) dann zwecklos wäre, würde er es finden.
Hier treffen dann platt Wissenschaft auf Religion und Glauben, liefern sich einen abgenutzten Schlagabtausch und münden dann in einen viel zu kurzen und übereilten Showdown, der ohne Pfiff die Grundsituation von nichts auf eben auflöst. Die überraschende Opferbereitschaft ist dabei genauso an den Haaren herbeigezogen, wie der Epilog, der unangenehm in Richtung „Der Glaube wird’s schon richten“ deutet.

Wo Heston zwar Atheismus verinnerlicht hatte und praktisch indirekt zur Jesusfigur stilisiert wurde (durch seinen Tod), bemüht man sich hier um eine Theoretisierung und produziert lediglich Plattheiten, irgendwo in einem hektischen und unlogischen Showdown voller CGI-Kreaturen.
Insofern hat „I am Legend“ zwar eine hervorragende Exposition, findet dann aber nicht die nötige Breite, um wirklich als etwas zu bestehen, das mehr ist als eine simple Popcornbotschaft in Schnellschußform.
Es bereitet jetzt nicht wirklich Schmerzen, sich das anzutun, doch zufrieden sein kann man mit diesem Ergebnis nun auch wieder nicht. Da sollte Smith vielleicht hin und wieder ein bißchen mehr polarisieren, denn so homophob und herbe Heston rüberkam, er ist öfter thematische Risiken eingegangen, als andere. Das sollte im Startum von heute auch endlich mal Maxime werden. (5/10)

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