Richard Mathesons Endzeitroman „I Am Legend“ diente bereits mehrfach als Vorlage für Amerikas Filmschaffende. Die verschiedenen Umsetzungen des Buchstoffes, allen voran The Last Man on Earth aus dem Jahre 1964 und der sieben Jahre später produzierte Der Omega-Mann mit Charlton Heston in der Hauptrolle, avancierten schnell zu Klassikern des Science-Fiction Films und besitzen auch heute noch ihre Fans. Damit wird es die nun vierte Interpretation des Buches etwas schwerer haben.
„I Am Legend“ ist kein Film der leisen Zwischentöne sondern visiert spürbar das Massenpublikum an. Das erklärt auch die Besetzung von Publikumsliebling Will Smith (Bad Boys, I Robot) für den Part des letzten noch verbliebenen Menschen auf der Erde. Smith schlüpft in die Rolle des Wissenschaftlers Robert Neville, der nach Ausbruch eines tödlichen Virus allein auf der Welt zu sein scheint. Zentrales Element spielt dabei ohne Frage die Einsamkeit, mit der sich unser Protagonist hier konfrontiert sieht.
Den wohl entscheidenden Beitrag zum durchweg stimmigen Gesamtbild, trägt dabei zweifelsohne das einzigartige Setting des Blockbusters bei. New York wird immer wieder gern als Schauplatz für große Hollywoodproduktionen genommen, mal im Eis versunken dann von Meteoriten bombardiert. In diesem Fall wurde die urbane Metropole von der Natur zurückerobert und nur noch modernen Überbleibsel der Stadtbevölkerung sind geblieben. Es blühen nicht nur überall verschiedene Gewächse in der sonst vom Asphalt durchzogenen City, sondern es treiben sich auch aus den Zoos geflohene wilde Tiere in den Straßen umher. Um diese eindrucksvollen Szenen zu Filmen wurden ganze Straßenzüge in New York gesperrt um dort zu drehen und diese später im Computer nachzubearbeiten. Visuell ist „I Am Legend“ wirklich sehenswert und hält einige Eyecatcher sind dann auch diverse Kamerafahrten über die Skyline oder so bizarre Szenen mit einem gestrandeten Flugzeugträger in der Bucht von New York.
Regisseur Francis Lawrence (Constantine) nimmt sich Anfangs viel Zeit um seine Figur, dessen Lebensumstände und die Ereignisse die zur Ausrottung der gesamten Zivilisation führten, darzustellen. So begleiten wir Nevilles klar strukturierten Tagesablauf und beobachten ihn bei alltäglichen Dingen des Lebens: Nach dem Morgensport geht es in die Stadt, denn der Mann braucht Lebensmittel. Mit dem Sportwagen werden daher Gazellen durch die verwaisten Häuserschluchten von New York getrieben oder Gemüse in der verwilderten Fauna geerntet. Wie sehr die Einsamkeit Neville zugesetzt hat wird deutlich bei seinen verschiedenen Freizeitaktivitäten wie Golfbälle vom Deck eines Flugzeugträgers schlagen oder dem täglichen Besuch in der Videothek, wo schonmal Schaufensterpuppen als Gesprächspartner herhalten müssen. Gerade in diesen bizarren Momenten ist „I Am Legend“ am Stärksten, denn hier funktioniert der lausbubenhafte Charme von Will Smith mit Abstand am Glaubwürdigsten.
Etwas anders verhält es sich mit Will Smith als Wissenschaftler. Vor dem Ausbruch der Seuche forschte er für die Army an einem Heilmittel, was er in einem unterirdischen Kellerlabor auch 3 Jahre später noch tut. Mit Ratten als Versuchsobjekte werden verschiedene Präparate durchprobiert, um sie später am Probanten auf ihre Wirksamkeit zu testen. Dabei wird schnell klar das Will Smith, wie seine Vita zeigt, zwar hervorragend in die Rolle des Helden, Sunnyboys und Actionstarts passt, als seriöser Wissenschaftler im Kittel aber nur mäßig überzeugt. So sind die gerade die Forschungsszenen für den Fortgang der Handlung relevant, gehören aber insgesamt zu den eher schwächeren Momenten im Film. Von Smith verlangt dieser Film allgemein viel ab, denn es gilt die gesamte Handlung allein auszufüllen und somit den gesamten Film zu tragen.
Wieso Neville immer noch an einem Gegenmittel forscht wird dem Zuschauer im Verlauf der Geschichte immer nur häppchenweise serviert. Was ursprünglich als Wundermittel gegen Krebs gedacht war, entwickelte sich zum Boomerang und löschte beinah die gesamte Menschheit aus, denn die Infizierten degenerieren zu aggressiven Monstern. In Rückblenden wird dabei auch Nevilles persönliches Schicksal erzählt und auch erklärt wieso er nach strengem Ritual jeden Mittag zu den Docks fährt und auf die Ankunft von weiteren Überlebenden wartet. Diese persönliche Tragödie ist wichtig für die Charakterisierung, wird dem Zuschauer aber etwas zerstückelt vorgesetzt. Diese Rückblenden hätten dabei durchaus auch kompakter ausfallen können.
Auch wenn Smith in der Vergangenheit schon verschiedene Rollen verkörpert hat, zuletzt auch wieder sehr untypisch in Das Streben nach Glück, so musste er bislang nie allein agieren. Mit Schäferhund Sam steht ihm zwar ein Partner zur Seite, dieser kann aber den Ball nicht zurückspielen. Smith gibt sich viel Mühe, und obwohl er kein Charakterdarsteller ist, schafft er dennoch das Publikum bei der Stange zu halten.
In „I Am Legend“ gibt es aber noch mehr als einen Wissenschaftler der sich am Tag durch die verlassene Stadt bewegt, denn wenn es dunkel wird kommen die lichtscheuen Infizierten aus ihren Verstecken und werden zur tödlichen Bedrohung. Im Gegensatz zu den Monstern in Der Omega-Mann handelt es sich aber hier nicht mehr bloß um intelligente Lebewesen, sondern Kreaturen die in ihrem Handeln eher an Zombies erinnern. Vielleicht ist das auch die größte Schwäche des gesamten Films, denn Zombies und Untote gab es in letzter Zeit zuhauf im Kino, so dass sich hier rasch eine Übersättigung einstellt. Wirklich neues zu dieser Thematik fällt auch Francis Lawrence nicht ein, der komplett auf Darsteller verzichtet und seine Monster als CGI animieren ließ. Dabei verliert der Film leider etwas an Atmosphäre, denn es will sich trotz einiger sehr gut platzierter Schockeffekte nicht die gleiche bedrohliche Stimmung einstellen wie in vergleichbaren Horrorstreifen, dafür ist dann „I Am Legend“ wohl auch eine Spur zu harmlos und blutleer. Ärgerlich auch das völlig überflüssige und theatralische Ende mit weichgespültem Happy End und aufopferungsvollem Freitod.
Es drängt sich auch etwas der Vergleich mit 28 Days later auf, denn auch dort ist eine verlassene Stadt samt untoter Bevölkerung Schauplatz des Geschehens, mit dem Unterschied das der in London angesiedelte Endzeitschocker klar der bessere Film ist.
Fazit:
„I Am Legend“ ist ein über weite Strecken visuell beeindruckender Film, bei dem vor allem die liebevoll gestalteten Sets zu begeistern wissen. Will Smith spielt seine Rolle souverän nach bewährtem Muster, kann aber bei Weiten nicht in dem Maße glänzen, wie wir dies aus seinen lockeren (Action)-Komödien gewohnt sind. Der Geschichte des letzten Menschen auf Erden können leider keine neuen Facetten hinzugefügt werden da diese lediglich in die Gegenwart transportiert wird. Überraschungen sucht man genauso vergebens, da die Geschichte vorhersehbar und nach konventionellem Muster verläuft – so bleiben letztlich in erster Linie die visuellen Eindrücke haften. (6,5/10 Punkte)