Review

Mit nur einer Handvoll Kopien wurde "Equilibrium" letztes Jahr in Amerika geschickt und spielte erwartungsgemäß nur ein Bruchteil seiner Kosten ein. Unverständlich, denn dieses Kurt Wimmers erst zweite Regiearbeit (erste liegt schon 8 Jahre zurück), zu der er auch das Drehbuch schrieb ist besser als alles was ich in den letzten Monaten (Stand 06.2003) im Kino oder auf DVD sah.

Nach dem 3. Weltkrieg wird ein totalitärer Staat (Flagge erinnert an die, der deutschen Nationalsozialisten im 2. Weltkrieg)erschaffen, da man der Meinung ist, einen 4. Weltkrieg würde die Menschheit nicht überleben.
Man beraubt man den Bürgern "Liberias" mittels einer Droge aller Gefühle, während man Bücher, Filme und Musik und alles was an die Vergangenheit erinnert verbrannt und zerstört. Zwar werden hierbei Erinnerungen an "Fahrenheit 451" oder "1984" wach, doch erweist sich das in diesem Fall nicht als störend, da der Film nur die Grundideen, nicht aber den Verlauf oder das Filmkonzept dieser Klassiker übernimmt.

Damit die Idee des Staates geschützt wird, gibt es sogenannte "Clerics", die dank Training Meister des Nahkampfes und Schußwechsels sind, da sie die Reaktionen ihrer Gegner vorhersehen können und gelernte Bewegungen("Gun-Katas") nutzen. In einem furiosen Start kämpft der Cleric John Preston in einem dunklen Raum gegen mehrere Mitglieder des Widerstandes, die nicht in dieser totalitären Welt leben wollen. Als wenig später John (Christian Bale) seinen engsten Mitstreiter (Sean Bean) erschießen muss, weil dieser die Droge absetzte und sich alter Kultur hingibt, verändert sich sein Leben.
Auch er setzt die Droge ab und beginnt auf einmal die Welt mit völlig anderen Augen zu sehen. Aber an Hand seiner nicht mehr streng logischen Reaktionen und Gefühlsausbrüchen ahnt seiner neuer Partner was mit ihm passiert. Er wird ein Feind des Systems...

"Equilibrium" zeichnet sich dabei nicht nur durch eine facettenreiche Story aus, die dank Ausradierung mehrerer Hauptfiguren niemals vorherbar ist und am Ende noch einige Überraschungen auf Lager hat, sondern auch durch eine eindringliche und depressive Darstellung der farblosen Gesellschaft die bewusst komplett in grauen Farben gehalten wird. Besonders eindrucksvoll gerieten die Szenen, in denen Massen von Menschen wie Zombies durch die Stadt marschieren und sich auf Befehl ihre Droge spritzen. Dazu sind überall riesige Leinwände angebracht, auf denen der Führer in ihnen zu verstehen gibt warum Emotionen falsch sind und man sich die Droge zuzuführen hat.
Die "Nether"-Welt außerhalb der Stadt, die auf verlassenen Fabrikgeländen in der Nähe Berlins gedreht wurden geben dem Film das Tüpfelchen Endzeitfeeling und passen zur in Schmutz und Dreck lebenden Reistance.

Doch auch der Charakterausbau wird nicht außer Acht gelassen. Schnell wird deutlich, dass Preston auch unter Drogeneinfluss nicht völlig vom System überzeugt ist. Seine Frau wird "abgeholt" und sein regierungstreuer Sohn will seinen besten Freund melden, weil dieser eine menschliche Regung (weinen) gezeigt hat. Etwas unschlüssig geriet hingegen sein Partner Taye Diggs, dessen Figur fies grinsend sich besonders am Ende von Gefühlen (Wut,Lüge, Hinterlistigkeit) leiten lässt und eigentlich gar nicht auf Droge sein kann.

Glanzstück des Films sind aber die Kampfszenen, in denen nur mit Fastmotion und Wirework gearbeitet wird. Dank äußerst attraktiver Schnitte können sie durchaus mit dem Gernegiganten "Matrix" mithalten, ohne aber so spektakulär zu sein. "Equilibrium" geht aber auch einen völlig anderen weg und kopiert nicht zum x-ten mal die Bullettime. Statt dessen sieht man schnelle und irre Fights, in denen trotz Schußwaffen auch mal in den Nahkampf gewechselt wird und auch Härte gezeigt wird. Eine Beschreibung fällt schwer, aber wer die Matrixfights mochte, wird auch hier seinen Spaß haben.

Den durchweg positiven Eindruck behält man auch durch die Musik, für die sich der Hans Zimmer Schüler Klaus Badelt verantwortlich zeigt: Der Einsatz von orchestrahler und choraler Musik passt zur Stimmung wie zu den Kämpfen und ist eine Auszeichnung wert.

An die Wand spielt Christian Bale in diesem Film alle weiteren Progatonisten. Der Badman aus "Shaft 2000" oder "American Psycho" wandelt sich vom unterkühlten emotionslosen Killer sehr langsam zum richtigen Menschen, was man minutiös mitverfolgen kann, denn er ist sich anfangs nicht über seine Gefühle bewusst und muss erst lernen wie er damit umgehen muss.

Fazit:
Absolut gelungener Gehimtipp von Kurt Wimmer, der mit seiner Bildästhetik, Kameraführung und den furiosen Fights den Eindruck erweckt, als ob diese düstere Utopie das dreifache Budget besessen hätte. Die spannende Story überzeugt dank vieler Finten, Überraschungen und kann trotz einiger Anleihen überzeugen. Den Rest erledigt Christian Bale: Ansehen, staunen und DVD kaufen!

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