Review

Hochbrisantes Material!

„Ich kenne dich Terry, und ich keine deine Freunde, du warst immer schon auf den großen Wurf aus, einer, der allem einen Sinn gibt - und ich habe ihn für dich - eine Bank!"
(Martine Love)

„Sunshine Sunshine Reggae, don´t worrie, don´t hurry, take it easy" - Wer kennt diese Textzeile des Gute-Laune-Klassikers „Sunshine Reggae" von der Gruppe Laid Back nicht, bei der bei jedem unmittelbar die Sehnsucht nach Urlaub, einen Mojito oder Fernweh geweckt wird? Sommer Sonne, Strand, warmes Wasser, alleine irgendwo in der Karibik unter strahlend blauem Himmel in glasklarem Wassermit zwei wunderschönen oberkörperfreien Strandnixen plantschend und als Nachschlag herrlicher Sex mit den selbigen- was könnte es schöneres geben? Untermalt mit den lässigen und relaxten Klängen von T. Rex Rockklassikern „Get it on" beginnt der britische Thriller „The Bank Job" mit mit Jason Statham in der Hauptrolle. Der Film entstand unter der Regie des Neuseeländers Roger Donaldson, der in der Filmbranche kein Unbekannter ist mit Regiestücken wie etwa „Die Bounty" (1984), „Species" (1995), „Dante´s Peak" (1997) oder etwa „Thirteen Days" (2000). Die Handlung des Streifens basiert teilweise auf einer wahren Begebenheit, das Drehbuch stammt jedoch von Dick Clement und Ian La Frenais, die bisher hauptsächlich Drehbücher für US Serien geschrieben haben, aber auch in der „Tracey Ullman Show" bereits aufgetreten sind.

Man befindet sich im Jahre 1970, eben irgendwo an einem Traumstrand in der Karibik. Leider bleibt diese Szene nicht unbeobachtet. Ein neugieriger Zaungast fotographiert die drei Vergnügten gerade mitten im Liebesakt. Die Folgen bleiben jedoch noch unklar, denn die Handlung macht einen Schnitt und springt ins Jahr 1971 in Londons Osten, wo Terry Leather (Jason Statham) seine Autowerkstatt hat. Larry ist jedoch nicht der typische Automechaniker: Blaumann, dreckig und ölverschmierte Hände. Terry Leather ist anders, er ist cool: Dreitagebart, braune Lackschuhe, eine schwarze Stoffhose und eine lange, modische braune Lederjacke. Alles ist easy, alles in bester Ordnung, er hat seinen Laden zumindest nach aussen voll im Griff, auch dank seines lockeren, kumpelhaften Umgangstons mit seinen Angestellten. Dies ändert sich jedoch schon bald, als zwei düstere Gestalten, die nicht zum Spaßen aufgelegt sind auf seinem Gelände erscheinen und wahllos auf seine neurestaurierten Autos einschlagen, um ihre Schulden bei ihm einzutreiben. Offensichtlich läuft das Geschäft mit den Autos nicht so gut als erhofft. Zum Glück fährt die hübsche Martine Love (Saffron Burrows: „Troja" (2004), „Klimt" (2006), eine alte Freundin von Terry, mit ihrem schwarzen Mini vor, um ihm ein Angebot zu unterbreiten. Sie ist äußerst hübsch, lange braune Haare, schlank, ein Typ von Frau, der man nur ungerne einen Wunsch abschlagen möchte. Deshalb möchte sie ihn auch für einen Job anwerben, dern er kaum ablehnen kann. Prinzipiell möchte Terry keine illegalen Sachen mehr drehen, aber wer kann so einem Angebot schon wiederstehen und ausserdem bietet es ihm die Möglichkeit, seine Schulden in der kriminellen Unterwelt zu begleichen.

Wieder ein Schnitt: 3 Wochen früher, irgendwo in einem noblen, holzvertäfelten Aufzug in London. Man erfährt, dass es sich bei dem geheimnisvollen Fotographen in der Karibik vor einigen Monaten um einen gewissen Michael X (Peter de Jersey) handelt und dass es sich um keine geringere Person als Prinzessin Margaret vom königlichen Hofe auf einem der Bilder handelt, die während des Liebesaktes geschossen worden sind. Michael X selbst hat (im wahrsten Sinne des Wortes; er ist Afroamerikaner) keine weiße Weste. Die Bilder haben für ihn eine erpresserische Funktion. Er verwendet sie als Mittel um sich Ärger mit der Metropolitan Police vom Halse zu halten, die damit den den britischen Geheimdienst MI5 unter Druck setzen, der natürlich alles dafür tut, damit diese Bilder nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Deshalb will der MI5 mit allen zu Verfügung stehen (il)legalen Mitteln auch versuchen, an die Aufnahmen in den eigenen Besitz zu bringen und somit Sicher zu stellen. Es wird vermutet dass sich das hochbrissante Material in einem geheimen Schließfach in der Lloyds Bank in London befindet.

Nun kommt Martine Love ins Spiel. Dummerweise wird sie am Flufghafen dabei erwischt, wie sie ein paar Päckchen Heroin ins Land schmuggelt. Das ehemalige Model steckt tief in der Klemme und würde alles dafür tun, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen. Zum Glück hat der Geheimdienst - Agent Tim Everett (Richard Lintern) eine Lösung aus der Misere parat. Sie möge doch in ihren kriminelle Kreise die geeigneten Leute finden, die bereit dazu sind, eben diese Lloyds Bank auszurauben, um für die britische Regierung und das Königshaus hochbrisantes Material zu besorgen. Bei einem gemeinsamen Treffen in einer Londoner Nobelkneipe überzeugt Martine Terry Leather, er möge eine fähige Truppe zusammen zu stellen, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sie überzeugt ihn, indem sie im verdeutlicht, dass in dieser Bank das Alarmsystem ausgetauscht werden soll und für die Dauer einer Woche, die Schließfächer und die „versteckten, geheimen Vermögen" praktisch unbewacht sind. Wer kann dieser hübschen Frau und diesem Angebot schon wiederstehen? Terry weiß natürlich nicht, dass Martine von der Gegnerseite angeheuert ist und eigentlich nur die Bilder besorgen soll. Für Terry zählt, wie könnte es anders sein, nur die Aussicht auf Reichtum.

An dieser Stelle irgendwo setzt die wahre Begebenheit an. Im September 1971 fand wirklich ein spekatkulärer Bankraub in der Lloyds Bank in der Londoner Baker Street statt, bei welchem 500.000 Pfund erbeutet wurden. Das große Medieninteresse und das Interesse der Öffentlichkeit wurden jedoch bereits nach vier Tagen auf eine mysteriöse Art und Weise im Keim erstickt, als die britische Regierung zur Überraschung aller eine soggenannte Defence Notice verhängte, was eine absolute Schweigepflicht für die Medien zur Folge hat, da sonst die nationale Sicherheit gefährdet wäre. Schließlich kam es zu vier Verurteilungen, die aber in Anbetracht der Größenordnung der Tat eher als glimplich zu betrachten sind. Die genauen Umstände und Hintergründe sind bis heute noch ungeklärt. Wie auch im Kinofilm, so reichten die Verwicklungen und Mutmaßungen auch damals bereits von kriminellen Kreisen, über den britischen Geheimdienst bis hinein in britische Königshaus.

Die Gruppe um Terry Leather soll nun diesen Bankraub begehen. Zusammen mit seinen Kumpanen mietet er sich in ein Geschäft in einem Nebengebäude der Bank ein, wo sie sogleich damit beginnen, einen Tunnel zum Tresorraum der Bank zu graben. Die Zusammenstellung der Crew erinntert ein wenig an „Ocean´s Eleven" und die Herstellung der verschiedenen Hilfsmittel und Werkzeuge ein wenig an den guten, alten MacGyver. Wie auch in der realen Vorlage, verständigen sich die Ganoven während der Grabungsarbeiten mittels walkie-talkies. Die Aktionen der Gruppe werden von zwei MI5-Agenten überwacht, die vor dem Geschäft warten, in der Hoffnung, dass keine Störungen auftreten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ein Amateurfunker fängt einen Funkspruch zufällig ab und informiert die Polizei. Während diese versucht, den Funkspruch zu lokalisieren und es für die Bankräuber immer brenzliger wird, gelingt es ihnen schließlich doch, den Auftrag auszuführen. Martine Love findet schließlich auch die Box mit den Fotos. Als Terry Leather einen Blick darauf wirft und erkennt, welches hochbrisante Informationen sie enthalten und welches Gefahrenpotenzial sie mit sich bringen, nimmt er sie an sich. Welche dramatischen Auswirkungen diese Handlung mit sich bringt, kann er jedoch noch nicht ahnen. Während zwei der sechs Bankräuber mit ihrer zustehender Beute das Weite suchen, kommt es zur Aussprache zwischen Terry und Martine, da er wissen wollte, woher sie wusste, in welcher Box sich die brisanten Aufnahmen befanden. Es kommt zur Aussprache und sie beichtet ihm, dass sie vom MI5 erpresst worden ist. Panisch verlassen sie ihren Unterschlupf, die Ereignisse spitzen sich jedoch immer mehr zu.

Die Story des Films bietet sehr viel Potenzial und ist auch ansprechend umgesetzt. Das Setting, London im Jahre 1971 ist perfekt getroffen, wie auch die Kostüme und Verhaltensmuster der Schauspieler: Alles in allem very British. Auch wenn der Film anfangs mit recht schnellen Schnitten, „heißen" und interassenten Kameraeinstellungen zu überzeugen weiß, so benötigt der gut eineindreiviertel Stunden lange Film doch eine gewisse Zeit, bis er richtig an Fahrt aufnimmt. Zwar gibt es überzeugende und durchaus authentisch wirkende Einblicke in die rauhe, harte kriminelle Unterwelt Londons, besonders jedoch die erste Hälfte von „The Bank Job" wirkt ein wenig uninspiriert und wartet mit etwas Längen auf, wo man sich schlichtweg ein gewisses mehr an Esprit und Drive gewünscht hätte. Der Zuschauer erhält Einblicke in die verschiedensten, menschlichen Abgründe diverser britischer Gesellschaftsschichten und der Interessenskonflikte, leider vermisst man dabei, besonders in der ersten Hälfte, etwas mehr Tiefgründigkeit. Die Figuren wirken anfangs zu eindimensional und zu wenig facettenreich, was jedoch nicht an der schauspielerischen Leistung ist, die man durch die ganze Besetzung als superb bezeichnen kann, sondern vielmehr an der zu oberflächlichen un plakativen Umsetzung des Regisseurs. Der Soundtrack ist durchaus passend und unterstreicht das Bildgeschehen vortrefflich, jedoch bietet er keine Überraschungen. Die schauspielerische Leistung vor allem von Jason Statham („Bube, Dame, König, grAs"; 1998; „Snatch - Schweine und Diamanten"; 2000; „Crank"; 2006; „Die Schwerter des Königs"; 2007) ist durchaus überzeugend. Statham wird vermutlich nie ein großer Charakterdarsteller werden, wie etwa ein Philip Seymour Hoffman oder ein Robert deNiro, für die Rolle des Terry Leather als cooler Ganove ist er aber geradezu ideal. Gratulieren muss man den Machern von „The Bank Job" zum einen dafür, dass sie sich an einen derartig brisanten Stoff überhaupt heran gewagt - und auch alles in allem gut umgesetzt - haben, und auch dafür, dass sie die Besetzung selbst bis zur kleinsten Nebenrolle, wenngleich auch mit ziemlich unbekannten Schauspielern äußerst gut getroffen haben. Erst gegen Ende des Films kommt es zu einem wahren Showdown. Je weiter der Film voranschreitet, umso sehenswerter und spannender wird er bis zur endgültigen Auflösung, da sich die verschiedenen Blickwinkel und Absichten der diversen Parteien (Politik, Polizei, Geheimdienst, Bankräuber) zu einem großen, stimmigen Ganzen zusammenfügen. Alles in allem ist „The Bank Job" ein gut gemachter Polit-Thriller und ein sehr authentischer und detailreicher britischer Gangsterkrimi, der sehr gut zu unterhalten weiß, aufgrund des brisanten Stoffes sein vollständiges Potenzial jedoch nicht ausschöpfen kann.
(8/10 Punkten)

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