Mit "In Bruges" gab Martin McDonagh 2008 sein Spielfilmdebüt und überraschte mit einer launigen wie traurigen Story um zwei Killer in einer belgischen Kleinstadt. Für den einen der Himmel auf Erden, für den anderen die Hölle.
Die Story: Weil Ray (Colin Farrell) seinen ersten Killerjob vermasselte, müssen er und Killerkollege Ken (Brandon Gleeson) ins belgische Brügge. Während Ken sich für die Mittelalterkulisse interessiert, langweilt sich Ray, bis er die hübsche Chloe (Clémence Poésy) kennenlernt. Dann erhält Ken den Auftrag Rey zu eliminieren, was dieser aber nicht macht. So muss Boss Harry (Ralph Fiennes) selbst nach Brügge, um den Job zu Ende zu bringen.
Filme über Killer gibt es zuhauf, doch McDonagh kann dem Genre etwas erfrischendes abgewinnen, weil er statt auf Coolness auf menschliche Emotionen setzt. Die beiden Hauptfiguren sind völlig verschieden und wirken gar nicht wie Killer. Der junge Ray ist impulsiv, vergnügungsorientiert und auch ein wenig einfach gestrickt. Sein Partner Ken ist deutlich älter, gutmütiger und ruhiger. Also beste Voraussetzungen für Streits und Differenzen, die aber nie über die Strenge schlagen. Zumal Ken im Laufe des Films wie eine Art großer Bruder für Ray daherkommt. "In Bruges" verfügt auf jeden Fall über interessante und unverbrauchte Charaktere. Dazu zählen auch die Einheimischen wie beispielsweise der Waffenverkäufer Yuri (Etic Godon) und manche Skurrilitäten wie der kleinwüchsige Schauspieler Jimmy (Jordan Prentice), was die Absurdität der Geschichte noch steigern kann.
Der heimliche Hauptdarsteller ist die titelgebende Kleinstadt Brügge, die
von den Luftangriffen des 2. Weltkrieges soweit verschont wurde und daher fast
noch im Mittelalter versunken ist. Man weiß während des Films nicht so
genau, ob man nun mal in diese Stadt reisen soll oder nicht. Kommt wahrscheinlich darauf an, ob man sich mehr mit Ken oder mehr mit Ray identifizieren kann.
Martin McDonagh fängt die Bilder von Brügge mit einer fast schwerelos wirkenden Kamera ein, lässt Nebel und Düsternis hervorkommen, so dass man wirklich denkt, man sei im Mittelalter. "In Bruges" ist ausnahmslos schön fotografiert, aber nicht so, dass der Film wie ein Werbespot für die Stadt wirkt, denn sie strahlt eben auch ein dunkles Flair aus, was dem Film eine originelle Atmosphäre verschafft. Trotz einiger kleiner Längen hält der Film die Spannung gut im Vordergrund, ohne auf allzu plakative Szenen zu setzen. "In Bruges" ist doch ungewöhnlich blutig, was aber durch die einzigartige Stimmung der Bilder abgemildert wird. Wirkliche Actionszenen gibt es nicht, was dem Film aber nicht schadet, steht doch die Geschichte und ihre Figuren im Vordergrund.
McDonagh zeigt in seinem Film, der häufig faszinierend zwischen Tragikkomödie und Farce schwankt, sowohl traurige als auch lustige Szenen, wobei die ersteren doch besser überzeugen können. Das Ende ist konsequent, aber auch ein wenig vorhersehbar geraten.
Ein Pluspunkt des Films sind die Darsteller. Colin Farrell ist nicht gerade mein Lieblingsschauspieler, doch er geht in seiner Rolle gut auf, und zeigt sich gerade in den Momenten, in denen Ray labil ist, sehr überzeugend. Auch Brandon Gleeson, sicherlich eines der bekanntesten Nebenrollengesichter, ist eine verlässliche Größe und zeigt in seiner Rolle viel Ausstrahlung. Den Vogel schießt aber Ralph Fiennes als dauerfluchender Gangsterboss ab, bei dem es einen Heidenspaß macht, ihm zu zuschauen. An dieser Stelle sei auch auf die Englische Originalfassung verwiesen, die sich einer herrlich derben Sprache bedient.
Auch die übrigen Darsteller können überzeugen, was letztlich auch an ihren originellen Charakteren liegt.
Fazit: McDonaghs Spielfilmdebüt ist ein Film, der sich auf jeden Fall sehen lassen kann. Die von ihm selbst geschriebene Story gefällt dank starken Figuren, fiesem Humor und einem sehr atmosphärischen Soundtrack. Außerdem ist Brügge in diesem Film - wer diese Stadt noch nie gesehen hat - einmal einen Blick wert.