Die Hölle…ist ewiges Leben in Brügge…03.12.2008
Gute Filme kommen zur Zeit überall her, nur nicht aus Amerika. Hier ist wieder so ein Fall zu besprechen, diesmal aus England, natürlich ein Gangsterfilm, aber wer eine weitere Variation von „Snatch“ oder gar irgend etwas in Richtung Tarantino erwartet, liegt hier völlig daneben. Der Film ist eine melancholische Melange aus Auftragsmördern, Schuld, Vergebung, Drogen und einem Zwerg. Es ist unbedingt notwendig, sich diesen Streifen in der Originalfassung anzusehen, denn die wirklich sehr pointierten Dialoge und vor allem der Tonfall von Colin Farrell sind unübersetzbar – aber alleine schon einen Punkt wert. Und ein weiterer Punkt geht an die wirklich schönen Aufnahmen der sicher nicht allseits bekannten Stadt Brügge…kaum einer kennt Belgien, und wenn, dann ist von Brüssel die Rede. Ich darf aber an dieser stelle die Aufmerksamkeit auch auf Gent lenken und darüber hinaus noch auf die vielen wirklich ausgezeichneten belgischen Bierspezialitäten hinweisen.
Von denen nehmen die beiden Auftragskiller Ken und Ray auch das eine oder andere Glas zu sich, während sie in Brügge auf weitere Befehle des geheimnisvollen und leicht cholerischen Hintermannes Harry warten. Die beiden Killer nehmen die zu überbrückende Zeit – Vorweihnachtszeit übrigens – jeder auf eine andere Art hin. Ken ist kulturell interessiert und erlebt die Stadt auf zahlreichen Spaziergängen, Ray indes verliebt sich in eine Belgierin, die ein Filmteam mit Drogen versorgt. Beim Filmteam auch dabei: ein Zwerg, und wir lernen, daß die Selbstmordquote unter Zwergen anscheinend recht hoch ist. Doch mit Harrys Anruf ändert sich die Tonlage des Films…einer der Killer soll den anderen erschießen, da bei einem früheren Mord ein Bub ums Leben kam und dies sich mit Harrys Ehrendkodex nicht deckt. Doch der Killer weigert sich…und so kommt es mit Harrys Anreise zum Showdown in Brügge, den nur einer überleben wird…vielleicht.
Das ist sicher nicht jedermanns Sache, denn eigentlich passiert in Brügge nicht viel. Die zwei Herren leben in die Tage hinein, treffen verschiedene Leute, nehmen Drogen…und schließlich gibt es das große Finale. Doch während man hierzulande aus solchem Stoff bedeutungsschwangeres Betroffenheitskino gemacht hätte, zaubert der Brite einfach eine melancholische Killerkomödie aus dem Hut, die wirklich überraschend frisch und innovativ ist. Das liegt auch an den Schauspielern, gerade Farrell als Ray und Brendan Gleeson als Ken wirken ab und an wie Stan und Laurel…ohne Slapstick. Action gibt es wenig, dafür viel Dialog, der aber wirklich fein ausgearbeitet ist. Und es gibt ja auch noch Brügge, unverdorbener Hintergrund dieses sehr speziellen Films und sicher eine Reise wert. Den Film indes kann man gut gucken, muß aber bereit sein, sich auf Actionverzicht zugunsten Killerdialog einzulassen - 8/10.