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Ein von Don Simpson und Jerry Bruckheimer produzierter Weihnachtsfilm? Da darf man sich auf ein rohes Fest freuen, wenn auch ohne die gewohnte Action aus dem Hause.
Nicht gerade in Festtagsstimmung ist das Pärchen Caroline (Judy Davis) und Lloyd Chasseur (Kevin Spacey). Die beiden haben eine Ehekrise, besonders angefacht durch eine Affäre Carolines. Nur wenn es darum geht den Therapeuten anzuschnauzen, da harmonieren sie bestens. Ted Demme kontrastiert all das mit Aufnahmen der festlichen Stimmung in den Straßen, ein Hauch Anarchie weht hier, ein subversiver Weihnachtsfilm ist es allerdings nicht.
Ebenfalls vom Pech verfolgt fühlt sich Einbrecher Gus (Denis Leary): Beim Versuch den extrem gut gesicherten Safe einer Luxusvilla auszuräumen wird er mit Katzenpisse besprüht, vom Hund gebissen und sein Fluchtwagenfahrer geht beim Eintreffen der Polizei stiften. Im Kleinen lebt diese Sequenz schon vor, was sich später abspielen wird: Eine Steigerung der Pannen, aber dennoch mit einem glücklichen Ausgang: Gus entkommt lädiert, aber mit reicher Beute.

Da die Polizei allerdings fieberhaft nach ihm sucht, braucht er einen Unterschlupf. Er kidnappt Caroline und Lloyd, quartiert sich bei ihnen ein – und bereut seine Entscheidung bald, denn das Pärchen ist selbst gefesselt noch extrem streitsüchtig…
Denis Leary ist in den USA ein beliebter Komiker, hierzulande eher unbekannt, doch Anfang der 90er wurde er vermehrt in Spielfilmen eingesetzt. In „No Panic“ zügelt sich der Chefzyniker vom Dienst, spielt den Einbrecher mit dem süffisanten Charme, den gelegentlichen Wutausbrüchen und dem Herz am rechten Fleck dennoch ausgezeichnet. Kurz vor dem „Die üblichen Verdächtigen“-Durchbruch war hier der noch unbekannte Kevin Spacey zu sehen, ähnlich wie Filmfrau Judy Davis ist auch seine Performance ein Genuss. Brauchbar auch die Nebendarsteller, leider kaum zum Zuge kommen Raymond J. Barry und J.K. Simmons.
„No Panic“ hat für seine Darsteller ausgesprochen dankbares Material parat, da der Film zu großen Teilen allein im Heim der Chasseurs spielt und fast schon etwas Kammerspiel-artiges besitzen würde, würde er eben keine Komödie sein. Auf diesem begrenzten Raum gibt es dann Reibereien zwischen immer mehr Figuren, die dort eintreffen, denn das Ehepaar erwartet Sohnemann daheim und hat weitere Verwandtschaft geladen. Bei all diesen Streitigkeiten schwingt jedoch stets ein dramatischer Unterton mit, denn die angespannte Situation fördert Wahrheiten zutage, zum ersten Mal kommunizieren viele der Familienmitglieder miteinander, wobei der außenstehende Kriminelle (der sich beim gemeinsamen Essen als Ehetherapeut ausgibt) als Schiedsrichter fungieren muss – daher auch der Originaltitel „The Ref“.

Doch bei all der Aufdeckung von Lebenslügen und unschönen Wahrheiten ist dennoch die Komik für Demme am wichtigsten und tatsächlich kann „No Panic“ mit wunderbar getimten Streitgesprächen und netten Einfällen überraschen, gerade wenn Demme die Situation für Gus immer schlimmer werden lässt, Familienmitglieder, Nachbarn und Cops dauernd bei den Chasseurs klingen lässt. Nicht alle Gags sind Brüller vor dem Herrn, doch charmant ist der Humor auf jeden Fall.
Doch mehr als ziemlich nett ist Ted Demmes Film nicht, es fehlt das Besondere, das Herausragende daran. Arg abrupt werden dann auch die Weichen fürs Happy End gestellt, wenn die Eheleute feststellen, dass sie trotz aller Differenzen immer noch genug gemeinsam haben und ihre Fehler erkennen, während man dem Einbrecher aus lauter Dankbarkeit hilft. Das ist dann doch etwas arg übertrieben und negiert auch ein wenig die sozialkritischen Momente, in denen z.B. thematisiert wird, ob Verbrechen auch aus Not heraus passieren, oder wenn der Einbrecher den Wert eines Gemäldes besser erkennt als dessen Besitzer.

Zu einem Überfilm haben sich die Beteiligten nicht verhoben, aber eine ausgesprochen charmante Weihnachtskomödie der etwas sarkastischeren Art ist hierbei schon entstanden – angesichts der Besetzung durchaus nett anzusehen, gerade in der Adventszeit.

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