Es sind nicht gerade wenige, die das Talent des Regisseurs Herzog für -sagen wir es mal vorsichtig- allenfalls mittelmäßig halten. All jenen zufolge ist es allein (oder zum größten Teil) Kinski und dessen genialer darstellerischen Leistung zu verdanken, daß Herzog nicht im Orkus der cineastischen Belanglosigkeit stecken blieb. Diese Meinung ist wahr und falsch zugleich - Herzog ist sicherlich ein überdurchschnittlicher Regisseur, aber seine Karriere (sein Schicksal?) war durch Kinski geprägt - und das mehr als ihm lieb war (und ist).
Dies wird an MEIN LIEBSTER FEIND mehr als deutlich - den Begriff Dokumentation möchte ich im Zusammenhang mit diesem Film bewußt nicht verwenden - er ist vielmehr eine Art Abrechnung. Und Herzog möchte sich nun in das (seiner Meinung nach) rechte Licht setzen, die Größenverhältnisse zwischen sich und seinem irgendwo zwischen Genialität und Wahnsinn hausierenden Hauptdarsteller zurecht rücken. Und Kinski kommt summa summarum äußerst schlecht weg . Da bleibt ein fader Beigeschmack - Jahre nach Kinskis Tod, wo sich dieser nicht mehr wehren kann, soetwas...
Aber andererseits: Wen juckts? Kinski ist und bleibt eine Ikone, da kann Herzog erzählen was er will. Der Zusammenprall zweier extremer Charaktere ("zweier kritischer Massen" - O-Ton Herzog) - als solchen beschreibt der gute Werner die künstlerische Zusammenarbeit. Da mag er Recht haben - aber gegenüber dem Klaus muß er trotzdem in der zweiten Reihe Platz nehmen, daran ändert auch dieser Film nichts. Man fühlt es Herzog ja irgendwie nach - da mußte er über Jahre den Terror der Kinskischen Austicker erdulden und so steuern, das am Ende das dabei herauskam, was uns Cineasten auch heute noch so verzückt - und dann kriegt der andere auch noch das größere Stück vom Kuchen. Aber, na ja, so ist das nun mal. Als Fazit bleibt, daß MEIN LIEBSTER FEIND kein adäquates Kinski-Portrait, sondern eine aus persönlichen Motiven gefärbte Schilderung einer Haßliebe ist. Kinski-Fans treibt dieser Film sicher die Zornesröte ins Gesicht, aber warum nicht mal Kinski aus dieser Sicht? 8/10