1972 fragt Werner Herzog für seinen Film AGUIRRE, DER ZORN GOTTES Klaus Kinski für die Hauptrolle an. Dieser sagt zu, was der Start einer lange währenden Hassliebe und einer professionellen Zusammenarbeit sein sollte, aus der bis 1987 vier weitere Filme entstanden…
Herzog reist nun, Jahre nach Kinskis Tod 1991 in der Nähe von Los Angeles, an einige Schauplätze ihrer damaligen Zusammenarbeit, befragt die Kollegen von damals nach ihren Erinnerungen und zeigt Archivaufnahmen, um dem Zuschauer den schwierigen Charakter des Ausnahmeschauspielers und Herzogs Verhältnis zu diesem nahe zu bringen.
Eindrücklich sind da auf der einen Seite Kinskis Egomanie und seine cholerischen Ausbrüche: Da beschimpft er während seiner JESUS CHRISTUS ERLÖSER-Tour das Publikum oder auf dem Set von FITZCARRALDO den Produktionsassistenten aufs Übelste und schreit sich die Lunge aus dem Leib; Justo Gonzáles, Statist bei AGUIRRE, hat heute noch eine Narbe auf dem Kopf von einem Schlag, den Kinski ihm bei den Dreharbeiten verpasst hat und Herzog, der in seiner Jugend drei Monate in derselben Wohnung wie Kinski lebte, weiss zu erzählen, wie dieser in einem Tobsuchtsanfall ein Badezimmer kurz und klein geschlagen hat.
Andererseits wissen Eva Mattes (WOYZECK) oder Claudia Cardinale (FITZCARRALDO) nur Gutes über ihn zu berichten und haben ihn als hochprofessionellen, zärtlichen und scheuen Menschen in Erinnerung; freundlich bis harmlos wirkt er auch in Archivaufnahmen zusammen mit Herzog scherzend auf einem Filmfestival (dass die beiden sich schon mal gegenseitig mit dem Tod bedrohten, machte ihrer Freundschaft augenscheinlich keinen Abbruch) oder wenn er im Dschungel mit einem Schmetterling spielt.
Aber nicht nur über Kinski erfährt man hier etwas, sondern auch über Herzog, der sich unfreiwillig (?) als nicht minder egomanisch und eingebildet erweist: Zwar ist er nie durch exaltierte Wutanfälle aufgefallen, war aber oft ebenso ein sturer Dickkopf wie Kinski, fällt hier seinen Interviewpartnern gerne mal ins Wort, um seine eigenen Ansichten zum Besten zu geben oder lässt ein paar ziemlich beleidigende Sprüche über den Verstorbenen ab (wenn er zum Beispiel Kinski Feigheit oder ein „gerütteltes Mass an natürlicher Dummheit“ vorwirft). Würde der Behandelte noch leben, hätte er Herzog für diesen Film wohl eins in die Fresse gehauen. (Wobei er selbst mit eben diesem in seiner wohl tatsächlich zum grössten Teil erfundenen Autobiographie auch nicht gerade herzlich umging.)
Herzogs Dokumentation betrachte man also tunlichst nicht als objektive solche, sondern als eine in jedem Fall sehr unterhaltsame, aber eben sehr subjektive Anschauung über die Freundschaft eines selbstverliebten Exzentrikers zu einem anderen selbstverliebten Exzentriker.