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Für die Studentin Lara (Friederike Kempter) bricht eine Welt zusammen: eben hat sie erfahren, daß ihre Eltern und ihre kleine Schwester in Rumänien mit dem Auto tödlich verunglückt sind. Um ihre Schwester ein letztes Mal zu sehen, fährt sie - begleitet von drei Freunden - in das rumänische Dorf, in dem sich der Unfall ereignete. Nach einem unfreundlichen Empfang im örtlichen Krankenhaus gewährt man ihr widerwillig einen Blick auf die Leichen, empfiehlt ihr aber eindringlich, danach sofort nach Deutschland zurückzukehren. Beim Verlassen des Krankenhauses trifft Lara auf die junge Nikita (Ioana Iacob), die ihr offenbart, daß der Tod ihrer Familie kein Unfall war. Tatsächlich entpuppt sich das tragische Ereignis als die Spitze eines unglaublichen Eisbergs, und Lara und ihre Freunde sehen sich bald mit einer tödlichen Gefahr konfrontiert.
Daß man mit einem minimalen Budget einen mehr als ordentlichen Film abliefern kann, beweist Andy Fetscher eindrucksvoll mit seiner Abschlußarbeit für die Ludwigsburger Filmakademie Baden-Württemberg. In den Händen eines weniger talentierten Regisseurs wäre Bukarest Fleisch wohl zu einem 08/15 Wald-und-Wiesen-Splattermachwerk verkommen, doch Fetscher umschifft diese Untiefen phantasievoll und gekonnt, obwohl weder das teils klischeehafte Drehbuch noch die Figurenkonstellationen besondere Qualitäten aufweisen und der eine oder andere trashige Moment nicht vermieden werden konnte. Als Casting-Glücksgriff erweisen sich sowohl Friederike Kempter als auch Ioana Iacob, die es mühelos schaffen, ihren jeweiligen Figuren Leben einzuhauchen und dem Zuseher zumindest so nahe zu bringen, daß sie ihm nicht egal sind. Was Bukarest Fleisch dann endgültig über das Mittelmaß hinauskatapultiert ist die ungewöhnliche, extrem stilisierte und experimentierfreudige Bildsprache sowie die gekonnte, stimmungsvolle Inszenierung. Es mag gekünstelt und unmotiviert wirken, wenn das Geschehen des Nachts plötzlich Night Vision-ähnlich präsentiert wird, aber das ist einfach derart packend, effektvoll und spannend umgesetzt, daß man sich gerne mitreißen läßt. Bisweilen geht es sehr derbe und blutig zur Sache, doch als selbstzweckhafte Effekthascherei wirken diese Sequenzen glücklicherweise nie. Die Musikuntermalung ist ein weiterer großer Pluspunkt, denn sie dudelt nicht ziellos nebenher sondern wird gezielt eingesetzt, um die Wirkung gewisser Momente zu verstärken. Als Beispiel diene die Fluchtszene gegen Ende, die durch den Einsatz eines 8 Weeks Later-ähnlichen Scores fast schon epische Qualitäten erreicht. Bukarest Fleisch ist ein richtig guter, mitreißender und brisanter Öko-Horrorfilm aus deutschen Landen, der noch einige Zeit in meinem Gedächtnis verweilen wird und der der seltene Glücksfall eines Filmes ist, der Stil und Substanz auf erfrischende Weise miteinander kombiniert. Bitte mehr davon.

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