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Notorischer Macho verliebt sich in Mauerblümchen und wird zum guten Kerl bekehrt. Diese Story aus dem Heimbaukasten für romantische Komödien, häufig eingesetzt für TV-Filme, von denen nach einmaliger Ausstrahlung nie wieder jemand redet, diente Til Schweiger für sein knallhart beworbenes Filmprojekt, dem schon kurz nach seiner Premiere die Lorbeeren nur so um die Ohren flogen. Selbst der größte RomCom-Muffel entdeckte plötzlich seine sanfte Seite, die bekannten Plüschfiguren verkauften sich wie Eistee im Hochsommer und Dutzende Pärchen verdanken ihr Liebesglück nur diesem Film. Die wenigen kritischen Stimmen verhallten fast ungehört, ansonsten hagelte es kollektiv Lob und Anerkennung. Schön, dass es im deutschen Kino noch echte Qualität gibt. Oder vielleicht doch nicht? Allgemeine Beliebtheit geht nicht unbedingt mit der tatsächlichen Güte eines Films einher, das ist kein Geheimnis. Doch selten klaffte diese Lücke so offensichtlich und erschreckend wie im Fall von „Keinohrhasen“.

Die Aufzählung der Mängel beginnt bei bereits erwähnter Reißbrettstory und geht weiter bei Charakterzeichnung und Dialogwitz. Man erwartet bei einer lockerleichten Komödie sicher keine subtile Psychoanalyse, doch zumindest genug Tiefgang, um die Figuren mit Leben zu erfüllen. Schon hier offenbart sich die geballte Unfähigkeit Schweigers, dem Zusammenspiel der Akteure Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die zumeist langweiligen und statisch vorgetragenen Dialoge wirken wie ein Flickwerk aus bekannten Beziehungskomödien von „Der Stadtneurotiker“ bis „Harry und Sally“. Alles hat man irgendwie schon einmal gehört, kein Wortwechsel scheint etwas eigenständiges zu bieten. Fast bekommt man den Eindruck, als hätte Schweiger sich beim Drehbuchschreiben wahllos durch die Dialogzitate der IMDB geklickt. Inspiration durch copy/pastee sozusagen. Es wird schon keiner merken. Bei diesem Defizit an Kreativität ist es nur eine logische Folge, dass die Hauptcharaktere zu Abziehbildern verkommen. Ein Macho, dem man die Wandlung zum Guten keine Sekunde abnimmt (was das pathetische Ende umso lächerlicher erscheinen lässt) und ein hässliches Entlein, das dankbarerweise nicht zum Schwan mutiert. Man fragt sich aber unweigerlich, woher ihr plötzliches Interesse an diesem egozentrischen Schmierlappen eigentlich kommt. Sie verliebt sich einfach in ihn, weil es ihm Drehbuch steht. Oder will Schweiger uns damit sagen, das Frauen nun mal auf solche Typen stehen? Auch wenn Einzelfälle aus der Realität dies bestätigen, wirkt das Handlungskonstrukt hier einfach nur aufgesetzt und dumm.

Bei diesen Voraussetzungen können einem die (sicher nicht schlecht bezahlten) Darsteller eigentlich nur noch leid tun. Nora Tschirner kann mit ihrem natürlichen Charme so gut wie nicht punkten, zu sehr wird dieser hinter ihrer eindimensionalen Figur verborgen. Til Schweiger spielt hier einfach nur den Part, den er im Schlaf beherrscht; nämlich den des einfältigen Proleten, den er schon in „Manta, Manta“ glänzend ausfüllte und in „Der bewegte Mann“ perfektionierte. So gesehen kann man Schweiger hier kaum einen Vorwurf machen, da er seinen Ludo scheinbar genau auf seine beschränkten schauspielerischen Qualitäten ausgelegt hat. Leider behielt er diesen reichlich oberflächlichen Stil auch für den Rest seiner Figuren bei.

Stichwort Humor. Das ausgelutschte Klischee, wonach die Deutschen angeblich keinen haben, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Dumm nur, dass Filme wie „Keinohrhasen“ dieses mit einer geradezu erschreckenden Selbstverständlichkeit in regelmäßigen Abständen bestätigen. Nun soll das allgemeine Niveau der hiesigen Gags nicht mit Totalausfällen wie den „7 Zwerge“-Filmen oder gar „Erkan & Stefan“ gleichgestellt werden. Das eigentliche Ärgernis besteht hier einmal mehr in der offensichtlichen Einfallslosigkeit. In diesem Sinne sind die klassischen Slapstickeinlagen noch positiv hervorzuheben, da sie einem immerhin noch den einen oder anderen Schmunzler entlocken können (mit Ausnahme des Klitschko-Cameos). Richtig peinlich wird es aber, wenn ein Witz, der schon viele Jahre zuvor durch Zeitschriften und Internet allgemein bekannt war, für eine Schlusspointe verarbeitet wird, die auch ohne Kenntnis des Vorbilds eher Kopfschütteln als Gelächter erntet. Auch die dazu passende Vorgeschichte mit dem sturen Taxifahrer, der ein verletztes Kind (!) nicht bis ins Krankenhaus fährt, ist so unfassbar dämlich, dass es schmerzt.

Last but not least bleibt noch das Kernstück einer jeden Beziehungskomödie: Die emotionale Komponente. Nach „Barfuss“ kann man Til Schweiger ein initiatorisches Gespür für Zwischenmenschliches sicher nicht absprechen. Erfrischenderweise hat er genau auf diesem Sektor einige gelungene Szenen zu bieten. Genannt sei hier die Sequenz, in der Anna Ludo ihre Gefühle offenbaren will und immer wieder von Geräuschen aus der Umgebung gestört wird. Ein tragikomischer Moment, der durchaus berühren kann. Leider sind solche hier die Ausnahme. In den meisten Fällen findet der Regisseur nie einen befriedigenden Weg, dem Zuschauer die Spannung zwischen seinen Charakteren zu vermitteln, was zur Folge hat, dass einem das Schicksal der beiden letztenendes gleichgültig ist.

Mit „Keinohrhasen“ liefert Til Schweiger einen Film im kinotauglichen Format, aber ohne jeden kinotauglichen Inhalt ab. Hinter Cinemascope, Merchandising, einem hörbaren Soundtrack und vielen namhaften Nebendarstellern verbirgt sich ein seelenloses Patchworkprodukt, das man in dieser Form eher aus dem Land auf der anderen Seite des großen Teiches erwartet. Von Hollywood lernen heißt eben Geld verdienen lernen. Zumindest in dieser Hinsicht hat Schweiger alles richtig gemacht.

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