Review

Keinohrhasen…

…ist die neue, schöne, leichte und romantische Komödie von und mit Til Schweiger. Für mich reicht die Tatsache, dass Til Schweiger die Regie führt (nach „Der Eisbär“, „Auf Herz und Nieren“ und vor allem „Barfuss“) schon als hinreichendes Qualitätsmerkmal aus. Wer mit den anderen drei Werken und insbesondere dem Letztgenannten oder Til Schweiger nichts anfangen kann, sollte auch hier die Finger davon lassen. Alle anderen können zugreifen und werden einen amüsanten und schönen Abend verleben.
Aufgrund der gleichen Konstellation im Bereich Drehbuch, Regie, Hauptdarsteller und Genre muss sich „Keinohrhasen“ seinem direkten Vorgänger “Barfuss“ zum Vergleich stellen und geht dabei aber als aufopferungsvollkämpfender Verlierer vom Platz. Sicher, die Geschichte ist ansprechend, aber ihr fehlt eben das besondere Etwas. Zu oft haben wir genau diese Geschichte schon gesehen und um ein herausragender Genrevertreter zu sein, bedarf es zwar nicht zwingend der totalen Innovation, aber eben zumindest eines kleinen Extras.
Ein paar Abstriche sind für mich ebenso beim Soundtrack zu machen, der zwar aus einigen schönen Liedern besteht (so weiß insbesondere der Titelsong „Apologize“ zu überzeugen), jedoch schwingt in ihm eine zu große Melodramatik mit, die gar nicht so recht zu diesem doch überwiegend fröhlichen Film passen will. Da fehlt mir an der einen oder anderen Stelle einfach so ein Fetzer wie „Barefoot“.
Die Bilder hingegen sind perfekt, haben einen Hauch von sepia, sind entsprechend in warmen Farbtönen wie gelb und braun gehalten und tragen mit diesem Wohlfühlfaktor ganz erheblich zu der positiven Grundstimmung bei.
Nora Tschirner ist als Anna nett anzuschauen und sie macht ihre Sache auch wirklich ordentlich, kann aber nicht so brillieren wie es Johanna Wokalek in „Barfuss“ getan hat. Zudem steht ihr die eigene Rolle auch ein wenig im Weg. Zum einen funktioniert bei ihr die „hässliche Entlein“-Nummer nicht, da man trotz Hornbrille und Schlabberlook einfach sieht, dass sie hübsch ist und zum anderen, ist eben diese Überspitzung bei der Auswahl der Kostüme völlig unnötig. Den besten Beweis dafür, dass es niemandem merkwürdig erscheint, wenn eine Kindergärtnerin adrett oder flippig angezogen ist liefert die Figur von Annas Freundin Miriam (Alwara Höfels). Und auch die Erlebnisse in Annas Kindheit reichen meiner Ansicht nach nicht als Begründung für diesen Kleidungsstil aus. Weniger wühlen in der Altkleidersammlung wäre hier also mehr gewesen.
Til Schweiger hat beinahe die gleiche Rolle wie immer, wenn er in deutschen und vor allem seinen eigenen Komödien mitwirkt, versteht es aber auch diesmal sie bestens auszufüllen. Er spielt Ludo den Klatschjournalisten und ist trotzdem vom ersten Moment an Sympathieträger. Wieder einmal nimmt man ihm dabei die Mischung zwischen Lebemann und sich hinter diesem Image versteckenden Gutmenschen vollumfänglich ab.
Das von ihm im Film genähte Plüschtier, der Hase ohne Ohren, ist nicht nur niedlich anzuschauen, sondern gleichzeitig eine Metapher für seine Figur und bei genauer Betrachtung für die meisten Menschen. Obwohl wir nicht perfekt sind, so können wir doch liebenswert sein und es sind ja unter anderem unsere Fehler, die uns zu etwas Besonderem machen.
Etwas Besonderes sind auch die oben bereits genannte Miriam und Ludos Kollege Moritz (Matthias Schweighöfer), die für viele Lacher sorgen und dazu eine warmherzige Stimmung verbreiten. Beide Darsteller bekommen genug Gelegenheit, um ihr ausdrucksstarkes und abwechslungsreiches Mienenspiel präsentieren zu können, und die junge Dame hat zudem ein paar äußerst witzige und überraschend geschliffen formulierte Mono- bzw. Dialoge vorzutragen. Und wie sollte es da anders sein - natürlich passen die beiden am Ende bestens zusammen.
Die beiden Auftritte von Jürgen Vogel könnten unterschiedlicher nicht sein. Ist der erste noch ein echtes Highlight, so kann man den zweiten nur als Tiefpunkt des Films werten. Dass er einfach nur als Tröster auftritt, der sich mit Anna nett unterhält, wäre ja noch gegangen, aber dass die beiden dann so eine Art Beziehung haben sollen, wirkte doch reichlich konstruiert und war zudem mehr als unnötig.
Daneben gibt es haufenweise kleinere Nebenrollen, die mit bekannten deutschen Gesichtern wie Christian Tramitz, Armin Rohde, Wolfgang Stumph, Barbara Rudnik oder Rick Kavanian stets passend besetzt sind und zur Erheiterung beitragen.
Die heimlichen Stars des Films sind für mich aber ganz klar die zwei Schweiger-Töchter, die als Cheyenne-Blue (Emma Schweiger) und dem Mädchen mit der Mütze (Lilli Schweiger) das Herz eines jeden normalen Zuschauers im Sturm erobern dürften. Wer noch keine Kinder hat, der wünscht sich solche, wie die beiden sie darstellen.
Apropos Kinder - viele Gags und Dialoge sind ein wenig „anrüchig“ und so wundert es einen auch nicht, dass in unserem sexuell verklemmten Deutschland eine Diskussion über die Altersfreigabe ab 6 Jahren ausgelöst wurde. Ich persönlich halte Sie für überflüssig, da der Film trotz der vermeintlichen „Sauereien“ viele gute Werte (wie Liebe, Treue, Freundschaft oder Ehrlichkeit) vermittelt, die jedes Kind gebrauchen kann.
Der Schluss war dann ein wenig langatmig. Natürlich ist ein retardierendes Moment nicht erst seit heute ein Standard, auf den kaum eine Liebeskomödie verzichtet, aber hier wäre genau das aus meiner Sicht angebracht gewesen. Dafür hätte ich lieber die Entwicklung der Beziehung von „Feinden“ zu Freunden zwischen Ludo und Anna etwas ausführlicher dargestellt bekommen, in der deutlich mehr Potential für gute Unterhaltung als im etwas flachen Ende gelegen hätte.
Der Abschlussgag mit dem Taxifahrer ist im Grunde hervorragend, wird aber zu breit getreten, um im Ergebnis trocken auf den Punkt zu kommen. Insofern verspielt der Film hier ein wenig seine Chance mit dem letzten Eindruck noch mal richtig Punkte zu machen.

Bei allen genannten Stärken und Schwächen verbleiben bei mir doch noch 8 von 10 Punkte in der Waagschale.

Wem der Film gefallen hat, könnte auch Freude an den Folgenden haben:

- Der Volltreffer
- Besser geht’s nicht
- Der gezähmte Widerspenstige

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