Review

Den Plot bitte woanders lesen -

Die 80er markieren eine Trendwende des Kinos in Hollywood und somit auch weltweit. Waren die 70er nocht gut für Filme, die sich aus heutiger Sicht noch mit Tiefe interpretieren lassen, so setzte sich in dem folgenden Jahrzehnt das durch, was heute als typisches Hollywoodkino verstanden wird und sich im Wesentlichen auch heute noch als Standard entpuppt. Auch in den 70ern gab es coole Typen mit großen Knarren, schnellen Autos und flotten Sprüchen auf den Lippen. Jedoch schossen sie sich durch Filme, die stilistisch und inhaltlich im Vergleich geradezu sperrig waren und die Aufmerksamkeit des Zuschauers verlangten. Was folgte, war nicht mehr Film als Darstellung von Menschen in diversen Situationen, sondern eine Überzüchtung an Mythos und Polemik, dumpf, einfach und geradeaus. Es kam die Zeit der Oneliner, der Überbietung an Action und dem sinkenden Anspruch an Geschichten, sowie dem steigenden Anspruch an die Umsätze. Sequels wurden so selbstverständlich wie das Weihnachtsfest und die offene Kommunikation über Gewinnmargen von Produktionsfirmen und ihre Filme. Es war die Zeit von Schwarzenegger (ein amerikanischer Held, meist mit amerikanischem Namen in den amerikanischen Filmen, der aber akustisch so was von unamerikanisch war, dass sich diese Filme schon allein deswegen nicht ernst nehmen lassen können!), von Mel Gibson (keiner rollt sich so wie er!), Cuck Norris (der nicht mal genug Mut zum Schnurbart hatte!) und natürlich von Sylvester Stallone!
Kurz: Das Kino wurde einfacher und tumber. Und die absolute Ikone dieser Zeit war John Rambo. Bezeichnender Weise war er dies natürlich durch ein Sequel. Ich glaube kaum, dass Rambo durch "First Blood" einen solchen Ruf erlangt hätte. Es bedurfte schon einer eingänglicheren Bildsprache, die Muskeln in Nahaufnahme zeigte, detaillierte Aufnahmen des Ausrüstungsprozesses präsentierte und so den maskulinen Mythos inszenierte, der begeistert von einem lauernden Publikum empfangen wurde. Ein Mann, der einhändig ein MG abfeuert und im Alleingang dem Vietcong und den Russen zeigt, was er von ihrer politischen Denkweise hält. Diese wird natürlich nicht thematisiert, sondern stellt sich im Alltag durch Menschenverachtung, Folter, Mord und andere Keinigkeiten dar. Da weiß der Amerikaner, wer der Feind ist und warum. Und mit ihm auch der Rest der zivilisierten, westlichen Welt. Rambo III war dann noch einfacher gestrickt und ist besonders durch sein unfreiwillige Komik im Herzen der Zuschauer verankert. Noch härter, noch simpler. Geradezu, als wolle man die ausgehenden 80er noch einmal feiern. Diese Filme ernst zu nehmen und einer Analyse zu unterziehen ist dabei allerdings vollkommen falsch. Sie sind nun einfach Kinder ihrer Zeit und allenfalls ein gute Quelle zur Mentalitätsgeschichte für kommende Generationen. Auf jeden Fall sind sie aber eine Mordsunterhaltung.
John Rambo, der beinahe 20 Jahre später das Licht der Lichtspielhäuser nutzt, sollte eigentlich ein Anschluss an den ernst zu nehmenden (streitbar!) ersten Teil der Saga bilden. Aber wer hat denn bei dem Namen "Rambo" einen zerütteten Vietnamveteran im Sinn? Keiner! Und so macht der Film alles richtig, indem er eigentlich eine konsequente Fortsetzung zu den Folgeteilen ist. Gefangene werden befreit. Neben Rachegeschichten einer der besten Grundplots, wie ich finde.
Nun aber zum Eingemachten.

Als ich vor einem Jahr den ersten Trailer zu John Rambo sah, dachte ich, dass es doch eventuell einen Gott geben könnte. Roh, ungeschliffen, dreckig und ungemein brutal kam dieser 3 Minuten 30 Trailer rüber. So viel Splatter hatten nicht mal alle Fulci-Filme zusammen zu bieten!
Der Film im Ganzen entwickelt dann eine Dynamik, die so die letzten 10 Jahre des Actionkinos locker in den Schatten stellt. Keine CGI-Effekte (die sehen auch immer noch lächerlich und schlecht aus - das ist einfach so!), keine ausgeklügelte Kameraarbeit und andere Spirenzien.
Rambo will erst nicht und als er muss (aus gutem Herzen), da macht er es halt richtig. Die Brutalität ist immens überzogen und für einen Film dieser Art fast zu sehr ausgeprägt. Blutige Einschüsse, das A&O von 80er-Action, gehen schon zwischen zerplatzenden Köpfen, abgeschossenen Gliedmaßen und halbierten Körpern (ja, der war in zwei Hälften gerissen!) beinahe unter. Die Dichte dieser grafischen Schlachterei nimmt gen Ende hin so zu, dass man nur noch staunt, lacht und sich auf die Schenkel klopft. Und da liegt das Problem, das dieser Film in der öffentlichen Meinung haben wird. Durch die drastischen Gewaltdarstellungen zu Beginn des Films an burmesischen Einwohnern schlägt der Film eine Richtung ein, die als kritisch verstanden werden kann, aber wohl als Rechtfertigung für das anschließende Schlachtfest verstanden werden wird. Der Spagat zwischen moralischem Zeigefinger und durchtrainiertem Abzugsfinger wird wohl sauer aufstoßen. Aber hey, von mir gibts zu diesem Thema den durchgestreckten Mittelfinger, denn die Konsequenz, mit der Stallone die Ikone hier inszeniert, ist so bitter nötig für das zeitgenössische Kino, wenn man sich an Die Hard 4.0 erinnert oder nocheinmal das Actionkino der letzten Jahre Revue passieren lässt, dass man ihm nur noch danken kann.
So bleibt nur zu sagen, dass es Stallone tatsächlich gelungen ist, nach seinem zu Recht gelobten Rocky VI eine weitere Duftmarke zu setzen, die sein Schaffen in Hollywood nicht mehr auf Rocky I und den anschließenden Abstieg beschränkt. Der Mann hatte in den 80ern Erfolg, ein Jahrzehnt lang Pause und nun haut er noch mal richtig auf den Putz und setzt sich ein eigenes Denkmal, dass in der heutigen Filmlandschaft nur allzugern aufgenommen wird. Wer kann das schon von sich behaupten.
Wer Action in Reinform mag: ab ins Kino!

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