Auf dem Mulholland Drive geschieht ein Autounfall. Eine Betroffene, die Schwarzhaarige Rita (Laura Elena Harring) läuft verletzt und völlig verstört vom Unfallort weg und findet Unterschlupf bei der schüchternen Betty (Naomi Watts), die in Hollywood als Schauspielerin groß rauskommen will. Da sich Rita an nichts mehr erinnern kann, machen sie sich auf die Suche nach ihrer Identität.
Das ist ganz grob gesagt die Story. Wenn ich alles erzählen würde, könnte man Seiten damit füllen. Außerdem bestünde dann die Gefahr, dass ich irgendetwas falsches schreibe, denn verstanden hab ich wie so Viele fast nichts. Wie anno 97 mit “Lost Highway” gelang Lynch ein verstörendes, mysteriöses Verwirrspiel, in dem nichts ist wie es scheint, und bei dem man nach dem Sehen genauso schlau ist wie vorher. Oder eben noch weniger weiß, weil der Film so viele falsche Fährten legt, dass die Gefahr verdammt groß ist, irgendwo den Faden zu verlieren.
Die ersten 90 Minuten geht alles noch relativ normal zu. Ein paar Fragen stellt man sich zwar hier schon (Was hat der Cowboy mit der Story zu tun? Welche Funktion hat die Sequenz im Fast Food Restaurant?), aber insgesamt bleibt alles recht übersichtlich. Der sogenannte “Lynch’sche Bruch” erfolgt dann etwa eine halbe Stunde vor Schluss, wo dann nichts mehr so ist wie vorher, wo alles in Frage gestellt wird und der Zuschauer völlig alleine gelassen wird. Interpretieren soll man das selber, was sich allerdings als nicht allzu leicht herausstellen wird, da man irgendwo immer an einer Ungereimtheit hängen bleibt. Eine Interpretation meinerseits will ich jetzt nicht zum Besten geben, dazu hab ich mir noch nicht genug Gedanken gemacht.
An Genialität ist das alles natürlich nur schwer zu überbieten, da hat sich Lynch selber wieder einmal ein Denkmal gesetzt. An “Lost Highway” kommt “Mulholland Drive” meiner Ansicht nach aber dann doch nicht ran. LH war zwar in sich noch unschlüssiger, hat mich aber über die gesamte Laufzeit besser bei der Stange gehalten. “Mulholland Drive” bietet zu lange einfach nichts überragendes, vor der entscheidenden Wendung gibt es genug Längen, die das Zuschauen ganz schön schwer machen. Positiv hervorzuheben sind ein paar schön ästhetische Lesbenszenen *sabber* und ein Schockeffekt, den ich in dieser Art selten zuvor erlebt habe. Überhaupt ist der gesamte Film ziemlich angsteinflößend und verstörend, weil Lynch geschickt mit den menschlichen Urängsten spielt und Figuren erschafft, die durch ihre absurde Darstellung Unsicherheit hervorrufen (Theatersängerin, Cowboy etc.). Zum zwischendurch schauen ist “Mulholland Drive” sicher nicht geeignet, auch werd danach schlafen will, wird sich schwer tun.
Ich hör jetzt dann auf, denn recht viel mehr kann man da sowieso nicht erklären. Den sollte man auf jeden Fall mal gesehen haben, wem “Lost Highway” gefallen hat, der wird auch von “Mulholland Drive” begeistert sein. Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn, aber das war mit den Werken des David Lynch nie anders. Ich tendiere zu ersterem, denn bisher hatte alles, was ich von dem gesehen habe, seine Qualitäten. Da macht “Mulhollan Drive” keine Ausnahme. Mysteriös, verstörend und merkwürdig. Mit einigen Längen, trotzdem der am genialsten gestrickte Films des Jahres 2001.