Im Kino kaum beachtet, auf Video bestimmt wieder ein Renner, das sind alles Merkmale eines Standardthrillers, der vom deutschen Verleih wieder mal stiefmütterlich beworben wurde.
Hier versucht sich Gary Fleder an seinem Nachfolger von "Kiss the Girls" und er hat wieder einen Star abgegriffen (zwei sogar), der dem Standardplot Würze gibt.
Es geht um den Familienpapi und Brilliantpsychiater Michael Douglas, dessen neueste Errungenschaft auf dem Gebiet maroder Psyche eine sechsstellige Zahl im Hirn verborgen hat, die eine Gruppe böswilliger Krimineller unbedingt haben will, um einen dollen Diamanten abzugreifen, den ein bereits hingerichtetes Bandenmitglied unterschlagen hat. Zu diesem Zwecke entführen sie das achtjährige Töchterlein und erpressen Dad auf freudianische Weltklasseleistungen bis 17.00 Uhr am selben Thanksgivingnachmittag.
Ein Schelm, wer da nicht irgendwie an Mel Gibsons "Kopfgeld" denkt, auch so eine mißratene Schote aus dem Gebiet der Entführungen/Erpressungen.
Immerhin: den hier kann man ansehen, ohne gleich einen Gehirnkrampf zu bekommen, aber schmerzhaft zucken tut es schon.
Rennen gegen die Zeit waren zwar schon immer gut, aber was Douglas hier bewerkstelligt, hat wenig mit Therapie, sondern mehr mit "Bitte, bitte" zu tun. Trotzdem hat die Handlung vor allem im Mittelteil reichlich Drive, wenn die Entführer eine Komplettüberwachung schalten, der befreundete Psychiater irgendwie mit drinhängt und eine findige Polizistin ebenfalls in Rekordzeit hinter den Schlingeln herrecherchiert.
Trotzdem können die Logiklöcher einen manchmal verschlucken, wenn es die bösen Buben schaffen, eine Wohnung in Rekordzeit komplett zu verkabeln, ohne daß die bettlägerige Ehefrau etwas davon merkt und dann auch noch das Kind unbemerkt klauen. Auch bleibt bis zu den Schlußtiteln offen, wie es die Ganoven denn herausgefunden haben, daß es sich um eine sechstellige Zahl handelt, obwohl aus dem Knacksmädel nichts herauszuholen ist außer Schweigen. Und wenn er sie dann gegen Ende in die betreffende U-Bahn-Station schleift, um mit dem Vorschlaghammer die Blockade aufzubrechen, wehrt sich die Gute nicht mal. Dafür war keine Zeit.
Wirklich schwächeln tut der Film dann jedoch beim 0-8-15-Showdown auf einer nächtlichen Friedhofsinsel, wo Daddy über sich hinauswächst, die Polizistin gerade noch rechtzeitig kommt, um ihn zu retten (und selbst angeschossen zu werden) und der Bösewicht ein Schicksal erleidet, das in Parallelmontage an das seines einstigen Opfers erinnert. Am Ende fehlt nur noch die Einblendung, daß man das Psychowrack später adoptiert hat, aber die Blicke sprechen eh Bände.
Hier ist der Titel mal nicht Programm, denn schweigen kann man bei all den bekannten Versatzstücken kaum, vor allem wenn es gar zu schwülstig, formelhaft oder unlogisch wird. Wenigstens stöhnen sollte drin sein. Trotzdem kann man eine brauchbare Zeit haben, denn Douglas ist nie enttäuschend und Sean Bean ist eben der Fiesling, der so ist, wie er immer ausschaut.
Während also die eine Hälfte Zuschauer ächzt, was das Zeug hält, wird die andere begeistert sein, weil es doch relativ spannend ist, was hier aufgefahren wird. Ich treff mich da in der Mitte und lasse all die schlechten Videopremieren hinter mich fallen. Aber ins Kino mußte man deswegen wirklich nicht. (6/10)