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Roland Emmerichs Filme strahlten von Beginn an eine riesige Freude daran aus, Geschichten zu erzählen, wie sie in den 50er und 60er Jahren in der Trivialliteratur üblich waren. Seine Filme sind nicht trennbar von Erich von Dänikens Theorien, dass Ausserirdische die Kultur auf die Erde brachten, und den Abenteuercomics aus der Feder von Hanns-Rudi Wäscher. Anfang der 60er Jahre tauchte zum ersten Mal in "Nick, der Weltraumfahrer" das Sternentor auf, dass es in "Stargate" zu Ruhm brachte. "Independence Day" verwendete eine Vielzahl weitere Plottwists aus Wäschers Weltraum-Epos, die Emmerich geschickt unter Verwendung moderner amerikanischer Klischees erzählte.

Eine deutliche Signifikants lag in den Abenteuercomics der 50er und 60er Jahre auf der Vermischung verschiedener Kulturen, geschichtlicher Epochen und Entwicklungsstufen. Wäschers Tarzanableger "Akim" (aus einem italienischen Comic entwickelt) konnte sowohl auf Außerirdische als auch Dinosaurier treffen, genauso wie Nick auf fernen Planeten Ureinwohnerstämmen begegnete. Die gesellschaftliche Sichtweise war entsprechend der damaligen Zeit konservativ geprägt (auch um dem ständigen Schundvorwurf der allgemeinen Meinung zu begegnen) - Frauen kamen ausschließlich als Love-Interest oder Opfer vor und die vielen Ureinwohner (meist Afrikaner) ordneten sich selbstverständlich willig dem weißen Anführer unter.

Trotzdem lag die Fazination dieser Comics auch in ihrer damaligen Provokation, denn zum Einen galt das Medium als solches schon als anrüchig (wenn es sich nicht explizit kindlich gab), zum Anderen waren die Helden deutlich liberaler als die vorherrschende bürgerliche Meinung. Auch wenn der "weiße" Held immer der Anführer war, pflegte er zu sämtlichen Mitmenschen, unabhängig der Hautfarbe, ein freundschaftliches Verhältnis, verstand sich als Beschützer der Tierwelt und Natur und die meisten Geschichten drehten sich darum, Schwächere aus dem Terror von Diktaturen zu befreien.

Emmerich, Jahrgang 1955, wuchs mit diesen Vorbildern auf, und ein Film wie "10,000 B.C." ist ohne diese Einflüsse nicht zu verstehen. Deutlich sind auch Elemente aus "Stargate" wieder zu erkennen, wie sich als Götter aufspielende Diktatoren, Pyramiden oder das geknechtete einfache Volk - also klassische Mythen der Trivialliteratur. Deshalb sollte man auch keinerlei innere zeitliche Logik oder gar Authentizität von diesem Film erwarten, was sich schon beim Anblick der beiden Protagonisten D'Leh (Steven Strait) und Evolet (Camille Belle) erübrigt. Trotz "prähistorischer" Kleidung wirken Beide mit ihren glatten Gesichtern, seinem modischen Bart und den strahlend weißen Zähnen direkt MTV entsprungen.

Emmerich erzählt seine Geschichte dementsprechend in einfachster Linearität, der man problemlos folgen kann. Trotzdem kommen keine Längen auf, weil er in angemessenem Tempo Ereignis an Ereignis reiht - von der Mammutjagd, über die Entführung der Dorfbewohner, der Dinojagd im hohen Gras und der Begegnung mit anderen Völkern bis zum Showdown in einer Art Früh-Ägypten. Das Ganze ist reiner Comic oder neudeutsch "Trash" mit klaren Hierarchien und klischeehaften Charakteren. Wer mehr darin sehen will, gar kritisches Potential entdecken möchte oder patriarchalische Strukturen in Frage stellt, wird "10,000 B.C." nicht mögen - dafür bleibt der Film zu einfach gestrickt.

Aber er ist sympathisch und man spürt immer die innere Begeisterung der Macher, die hier letztlich einen eigenwilligen Weg gehen. "10,000 B.C." ist keineswegs berechnendes Block-Buster-Kino, denn dafür sind die auffälligen Szenen - wie das Panorama mit der Pyramiden-Baustelle oder die Mammutjagd - viel zu selten und gemessen an dem Showwert von "Independence Day" oder zuletzt "Day after Tomorrow" schwach. Emmerich selbst erwähnte, dass ihn vor allem die naturalistischen Computerszenen mit den Mammuts und dem Säbelzahntiger reizten, für die die neuste Technik notwendig waren - ein sehr spezieller Gesichtspunkt, denn für den Zuschauer handelt es sich im Grunde nur um etwas größere Elefanten und Tiger, deren Beeindruckungsgrad deutlich hinter einem Godzilla oder King Kong liegt.

Emmerich zieht in seinem neuesten Film die Attraktivitätsschraube nicht weiter an, weshalb "10,000 B.C." es hinsichtlich seines Erfolges beim Publikum schwerer haben wird. Parallel geht er in Sachen Theatralik ebenfalls einen neuen Weg, denn trotz typischer Liebes- und Sterbeszenen, als auch gewisser religiöser Symbolik, bleibt deren Gewichtung deutlich hinter seinen früheren Filmen zurück, ganz abgesehen davon, dass die wie üblich dramatische Musik diesmal nicht im Dienste eines (US- amerikanischen) Landes steht, sondern nur für einen kleinen Nomadenstann aufspielt.

"10,000 B.C." ist ein in Erzählstruktur und Weltbild altmodischer Abenteuerfilm, dessen moderne Produktionstechnik nicht die übliche heimliche Hauptrolle spielt. Mit dieser Mischung erfüllt Emmerich weder die Erwartungshaltung an ein authentisches Stück Zeitgeschichte, noch an einen schnell-geschnittenen Block-Buster-Film, sondern er erzählt nur eine märchenhaft, comicartige Geschichte, die gute Unterhaltung bietet (6,5/10).

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