„Sie sind keine gute Schauspielerin!“
In Genrefilmkreisen genießt US-Regisseur Ken Wiederhorn eine gewisse Popularität aufgrund seines Beitrags zur „Return of the Living Dead“-Reihe im Jahre 1988. Nach einigen Folgen für die Serien „Freddy's Nightmares“ und „Die Verschwörer“ drehte er daraufhin nur noch einen einzigen Spielfilm, den ohne phantastische oder komödiantische Elemente auskommenden Thriller „A House in the Hills“ der 1993 in US-luxemburgischer Koproduktion entstand.
„Wundert mich, dass sich ’n Typ wie du für so’n Scheiß interessiert!“
Die junge und attraktive Kellnerin Alex Weaver (Helen Slater, „Supergirl“) träumt von einer Schauspielkarriere und absolviert ein Casting nach dem anderen. Als sich die Gelegenheit eröffnet, evtl. eine Rolle in einer Seifenoper zu bekommen, nimmt sie dankend das Angebot ihrer Bekannten Susie (Toni Barry, „Proteus – Das Experiment“) an, diese am Wochenende als Housesitterin in einem luxuriösen Anwesen in den Hollywood Hills zu vertreten. Die Zeit möchte sie nutzen, um sich in Ruhe auf das Vorsprechen vorzubereiten. Das Haus gehört dem vermögenden Ehepaar Rankin (Elyssa Davalos, „Die Rückkehr der Semmelknödelbande“ und James Laurenson, „The Wall“), das das Wochenende auf einer Yacht verbringen möchte. Der Grund: Seit einem Mordfall herrscht Mrs. Rankin zu viel Trubel in der Wohngegend. Als sich die unbedarfte Alex allein im Gebäude befindet, verschafft sich der ehemalige Sträfling Mickey (Michael Madsen, „Reservoir Dogs“) unter einem Vorwand Zutritt, weil er sich an den Rankins rächen möchte. Er nimmt Alex als Geisel und wartet. Mit der Zeit beginnen die beiden jedoch, sich füreinander zu interessieren, immer wieder jäh gestört vom neuen Nachbarn Willie (Jeffrey Tambor, „Samstag, der 14.“) – der ebenfalls ein anderer ist, als er zu sein vorgibt…
Wiederhorn weiß, wie er sein Publikum abholt und eröffnet seinen Film direkt mit einer kurzen Sexszene im Stehen, während der eine Frau im Pool ermordet wird. Sex & Crime werden also unmittelbar im Prolog suggeriert, bevor dem Zuschauer die einen schönen alten Käfer fahrende Alex vorgestellt wird, die nach einem Casting zum Recast eingeladen wird und, nachdem sie Susies Angebot angenommen hat, sich allein in der luxuriösen Wohnung oben ohne zeigt und sich durch den Kleiderschrank der Besitzerin wühlt. Als Fehler scheint sich zunächst zu erweisen, dass sie sich dem vermeintlichen Kammerjäger Mickey als Hausherrin vorstellt – er glaubt ihr nämlich zunächst kein Wort, als sie angesichts der von ihm ausgehenden Gefahr ihre Lüge richtigstellen will. Ein Foto bringt schließlich Klarheit, was ihn indes nicht daran hindert, sie zu fesseln. In dieser Konstellation wird viel geplaudert, für Alex scheint es Schlimmeres zu geben.
Dieses sich lediglich aus zwei Personen zusammensetzende Kammerspiel wird ergänzt, als der neue Nachbar Willie sich vorstellt und das Haus betritt. Alex versucht Mickey auszutricken, ein Katz-und-Mausspiel entbrennt – an dessen Ende steht, dass sie miteinander knutschen. Dank der gefesselten Alex haben diese Bilder einen starken Fetisch-Touch, wenngleich sie später erneut abzuhauen versucht, nachdem Mickey sie losgemacht hat. Als Willie wieder auftaucht, glaubt dieser nach einem Erklärungsversuch, Mrs. Rankin würde ihren Mann mit einem Kammerjäger betrügen. Plötzlich zeigt dieser selbst seine wahnsinnige Seite und will Alex misshandeln, woraufhin diese mit Mickey ein Team gegen Willie bildet. Als die Situation nach der Rückkehr der Rankins vollends eskaliert, muss gar sie ihren ehemaligen Peiniger Mickey beschützen.
Was hätte man aus dieser abenteuerlichen Dreiecksgeschichte nicht Aufregendes machen können, denn die Ansätze sind alle da: Das sog. Stockholm-Syndrom, eine zwischen Freiheitsdrang, Karrieregeilheit und Devotismus hin und her gerissene junge, attraktive Frau, Sado-Maso-Fetisch, Fesselspielchen, ein Racheplan und ein frei herumlaufender wahnsinniger Mörder inmitten einer Gegend der Reichen und Schönen. Trotz namhafter Schauspieler gerät „A House in the Hills“ unter Wiederhorn jedoch zu einem atmosphärisch drögen, unglaubwürdig und unrealistisch konstruierten hilflosen, halbherzigen Versuch eines Erotik-Thrillers, der letztlich viel zu zahm und unentschlossen ist und mit seiner ’90er-TV-Optik ebenfalls enttäuscht. Dass auch an der Ehe der Rankins die Vorfälle nicht folgenlos vorübergehen, mag als Pointe einer falschen Idylle, in der sich durchweg psychologisch auffällige Figuren bewegen, in gewisser Weise befriedigend sein. In seiner Gesamtheit bleibt Wiederhorns letzte Regiearbeit aber leider weit unter ihren Möglichkeiten zurück – was irgendwie symptomatisch für sein Œuvre ist.