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Seit „Saw“ und „Hostel“ wird stets gern gefoltert im Kino, der Serienkillerfilm als „Sieben“-Plagiat geriet da ins Hintertreffen, doch „Untraceable“ haut wieder in die Richtung.
Das Metier ist sogar ein nur teilweise beackertes; es geht um Computerkriminalität und die zugehörigen FBI-Ermittler. Diane Marsh (Diane Lane) ist eine davon und spürt auf digitalen Pfaden nach Verbrechern. Nebenbei unterhält sie sich mit ihrem Kollegen Griffin Dowd (Colin Hanks) über die Arbeit und tatsächlich: Die Einführung von Charakteren und Szenario in „Untraceable“ ist fast unverschämt gut, denn so spannend wurde während des Sitzens am Computer verrichtete Arbeit selten gezeigt.
Bei ihren Recherchen stößt Diane auf die Seite killwithme.net, auf welcher der Betreiber das Töten einer Katze zeigt, während User dies anschauen und kommentieren dürfen. Getreu dem Filmtitel ist der Ursprung der Seite nicht zu ermitteln, das Teil von daher auch nicht abzuschalten. Allerdings sind Katzenmorde selten eine aufregende Sache im Kino, das weiß auch Gregory Hoblit und so gibt es bald das erste menschliche Opfer.

Dies wird vor den Webcams platziert und perfiderweise bestimmt die Zuschauerzahl, ob und wie schnell er stirbt. Natürlich glotzen die Webvoyeure und der Mann stirbt, worauf man Diane zur Leiterin einer Task-Force ernennt, um den Killer zu fassen...
In Zeiten, in denen man Handyvideos von Hinrichtungen sehen kann, wirkt ein Film wie „Untraceable“ aktueller denn je, wenngleich die Idee vom Mord vor der Kamera nicht ganz neu ist, ähnliche Momente kennt man aus „Virtuosity“ und Co. Das Böse will Publikum und die verlotterte Gesellschaft der Mediennutzer liefert selbiges nur zu gerne, so die Anklage, die aber etwas einfältig daherkommt. Interessant sind Einblendungen der User-Kommentare, welche das Treiben der Seite positiv wie negativ kommentieren, wobei leider annehmen muss, dass die Idee hirntoter Vollspacken, die Mord als Unterhaltung bejubeln würden, durchaus in der Realität anzusiedeln ist.
Tatsächlich funktioniert „Untraceable“ auch über weite Strecken als spannender Thriller ohne großartige Schauwerte, denn Action gibt es wenig und in den Blutszenen hält die Kamera kaum drauf; das ist mal was anderes als die aktuellen Folterfilme, auch wenn die Idee des gequälten Opfers diesen ideologisch nahe steht. Recht interessant konstruiert ist auch die Hintergrundgeschichte, trotz ihrer Überstilisierung der Fähigkeiten des Täters, und auch die Subplots sind überraschend gut ausgearbeitet: Diane ist zwischen ihrer Rolle als Ermittlerin und der als alleinerziehende Mutter hin- und hergerissen, ausgerechnet Internetermittler Griffin hält große Stücke auf Online-Dating usw.

Mit zunehmender Laufzeit versumpft „Untraceable“ dann allerdings etwas, da sich das Rezept etwas erschöpft: Neues Opfer, wieder ohnmächtige Polizei, immer größere Zuschauerzahlen, immer schnellerer Exitus. Zum Glück ist dann die Auflösung angesagt, ehe „Untraceable“ zu sehr ermüdet, der Showdown fällt dann aber doch enttäuschend kurz und simpel aus, wodurch „Untraceable“ im Abgang einen unbefriedigenden Nachgeschmack hinterlässt.
Diane Lane als erschöpfte Ermittlerin spielt dafür durchweg überzeugend und wirkt dabei weder zu tough noch zu zartbesaitet, weshalb man ihr sowohl Berufs- auch als Privatleben der Hauptfigur blendend abnimmt. Colin Hanks beweist erneut, dass er Talent hat und nicht nur wegen Papa Tom in der Filmbranche gelandet ist, Billy Burke als Teamergänzung supportet ganz gut. Joseph Croos spielt den Mordbuben mit dämonischem Blick, damit man auch sofort erkennt, dass er ein Killer ist. Anfangs weigert sich „Untraceable“ das Gesicht des Mörders zu zeigen, um dann ohne besonderen Grund mit dieser Regel zu brechen, aber das stört nicht groß.

„Untraceable“ fängt interessanter an, als er endet, denn trotz des ungewöhnlichen Metiers, Hoblits souveräner Umsetzung und der gesellschaftskritischen Ansätze läuft sich der Film mit der Zeit etwas tot, das Finale ist gar eine Enttäuschung. Solide Genreware, die ihre Stärken aber besser ausspielen könnte.

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