French Backwood Massacre
"Frontier(s)" wird seinen Ruf als dummer Cousin von "High Tension", "Martyrs" oder "Inside" wohl nie wieder los - kann er darauf mittlerweile nicht fast schon stolz sein? Denn über zehn Jahre nach dieser massiven vordersten Welle an französischen Hardcore-Horror-Perlen, erinnert sich an Xavier Gens' degenerierten "Texas Chainsaw Massacre"-Klon noch immer jeder genauso wie an die genannten, besseren Schockbrocken. Und das hat seine Gründe.
"Frontier(s)" ist trotz seiner enormen Brutalität leicht verdaulich und von den Genannten wohl die klare Wahl, zumindest bei Horror-Spezis, wenn man mal den Kopf frei kriegen will, nicht zu verstört werden will. Er ist schnell, berechnbar, fies und irgendwie trotz all seiner perversen Schocks und grandiosen Bluttaten, leichtfüßig, oldschool und gute Unterhaltung. Oder besser gesagt: platt brutale Unterhaltung. Ohne allzu viel Engagement oder Involviertheit. Denn die politische Grundtsimmung ist nur maue Fassade - im Grunde ist es ein reiner Schlachtfetzen, wie ihn Leatherface oder das Smith-Ehepaar genauso gut fänden wie wir zurückgebliebenen Gore-Sickos.
Mitten in die Tumulte einer aus dem Ruder gelaufenen politischen Wahl, ergaunert sich eine Clique junger Franzosen einen beachtlichen Geldbetrag und flüchtet damit aufs abgeschiedene Land - wo eine kannibalistische Alt-Nazi-Familie sie schon hungrig in ihrem Landsitz und ihren Minen erwartet... Das klingt nach feinstem Schmarn, doch Gens' Terrortieftritt spielt sich so bierernst und gewalttätig, dunkel und gnadenlos runter, dass man nur den Hut ziehen kann. Keine unnötigen Abbiegungen, keine "cleveren" Finten, schnell weg mit dem Ballast oder ablenkenden Untertönen - was bleibt ist ein Überlebenskampf gegen die Abartigkeiten der Menschheit, gegen Auswüchse unserer Spezies, denen man gerne zuguckt, egal ob beim Metzeln oder Sterben, doch die man niemals in der Realität haben wollen würde. Als Zuschauer fühlt man sich da überlegen, sicher und amüsiert, muss nur das schlechte Gewissen irgendwie runterdrücken. Sozusagen "Schwiegertochter gesucht" für abgestumpfte Horrorköpfe.
Den Darstellern kauft man ihre inzestuösen Auswüche genauso wie ihre unerträglichen Leiden ab, sodass Grenzen neu abgesteckt werden und der Film seinen Titel durchaus zu Recht trägt. Um in höhere Regionen des Genres vorzudrängen fehlt es dem Brutalohappen an Eigenständigkeit und Ideen, an Substanz und an Eleganz, an Kunstfertigkeit und Inhalt - doch wie gesagt, muss das ja auch nicht immer sein. "Frontier(s)" ist der Vorschlaghammer. Deftig, saftig, stahlhart. Man kann nur hoffen, dass man als Betrachter sein psychisches Haus in Teilen auch abreißen will und nicht gerade eher ein Skalpell benötigt...
Fazit: ultrahart, dreckig, intensiv und trotz möchtegern-politischem Unterton ziemlich hohl, was nicht immer negativ oder böse gemeint ist. "Frontier(s)" ist eher ein Schlusslicht des (vor 10 Jahren) neuen französischen Horror-Extremismus, jedoch gleichzeitig wunderschön leicht bekömmlich und rigoros in seinem Tempo und seiner Gangart. Macht keine Witze und kennt keine Grenzen.