Review

Heute sind die Franzosen dran, mit dem Versuch der kursierenden Folterhorrorwelle neue Impulse hinzuzufügen. Frontier(s) heißt das Werk von Regisseur Xavier Gens und was die neuen Impulse angeht, so viel sei schon mal vorweggenommen, wird der Streifen wohl keine Kreativitätspreise abräumen.

Handlungstechnisch rahmt man die übliche, Jugendliche geraten in abgelegenem Gemäuer an degenerierte Hinterwäldler und verlieren nach und nach Einzelteile sowie ihr Leben -Story, in die letztjährigen Jugendkrawalle und die aufgeheizte Stimmung in den französischen Immigrantenvierteln ein. Das sorgt zwar für einen gewissen Authentizitätsbonus, aber letztendlich führ diese Backstory zu nichts und ist für die eigentliche Handlung, möchte man sie schmeichelhafterweise so nennen, völlig irrelevant. Und so beginnt nach dem, zugegebenermaßen interessanten Auftakt, die große Zitatenschlacht, oder direkter ausgedrückt das Ausschlachten der unzähligen internationalen Genrevertreter der letzten Jahre. Das Grundsetting vom Texas Chainsaw Massaker, inklusive klassischer Dinnersequenz mit der Familie, dabei auch ein hilfsbereites missgestaltetes Mädchen, direkt aus The hills have Eyes entnommen, eine Fluchtszene, die frappierend an Wolfs Creek erinnert, zwischendurch ein paar [Rec]-typische Handkamera im Nachtsichtmodus Schnipsel, ach ja und nicht zu vergessen ein paar mehr oder weniger attraktive Damen, die im Hostel Stil den Neuankömmlingen im Nachtlager einen heißen Empfang bereiten, natürlich im patentierten Haus der tausend Leichen Baby-Firefly-Look. Diese Liste ließe sich noch recht lang und auch zunehmend detailliert fortsetzen, der Film klaut ja nicht unbedingt schlecht und auch nicht bei den schlechtesten Genrefilmen, nur leider wird er dabei nie zu mehr, als zur Summe der Einzelteile.

Dies ist auch der größte Vorwurf, den man den Machern machen kann, das Fehlen eines Alleinstellungsmerkmals, die Abwesenheit frischer, eigener Ideen. Des Weiteren gibt es Probleme im Spannungsbogen, der Film ist zwar rasant im Erzähltempo, jedoch zu selten wirklich beklemmend da leider viel zu vorhersehbar. Die Opfer sind durch die Bank weg unsympathisch, selbst der Twist die Heldin als schwanger zu bezeichnen wirkt aufgesetzt und stört auch gelegentlich die Logik der Killer, mit der sie die Dame am Leben lassen. Die Täter entsprechen den gängigen Klischees, als Backstory hat man eine Nazivergangenheit gewählt, diese Idee verfehlt leider die angedachte Wirkung, da es zu übertrieben reißerisch und somit unglaubwürdig rüberkommt. Der gnadenlose Realismus eines Borderland wir hier niemals ansatzweise erreicht. Regisseur Gens hatte wohl vom Hitman-Dreh noch die ein oder andere Kiste Platzpatronen übrig, die noch schnell effektreich verpulvert werden mussten, leider helfen die teils überzogenen Actionszenen dem Film nicht weiter, sie schaden eher, da sie den Realismus von dem das Genre eigentlich lebt, weiter herunter drehen. Was den Gewaltgrad anbelangt, kann man Frontier(s) zugute halten statt auf exzessive grausame Folterszenen zu setzten, eher harte klassische Splattereffekte zu bevorzugen. Diese sind bis auf ein paar deutliche CGI-Blutfontänen wirklich hervorragend gelungen und somit wohl das einzige was dem Zuschauer mittelfristig im Gedächtnis bleiben wird.

Stilistisch wird es zudem noch arg nervig, sowohl Farbfilter wie auch Schnittgewitter sind ausufern über die Laufzeit verteilt wurden, allerdings ohne dass man in ihr Einsatz einen künstlerischen Mehrwert bedeutet. Das Texas Chainsaw Massacre war zwar auch sehr verspielt bei der Optik, hatte aber einen durchgängigen Stil welcher das Setting super unterstrichen hat. In Frontier(s) bekommt fast jede Location eigene Farbfilter spendiert, was irgendwie inkonsistent wirkt. Die Actionszenen sind halbwegs vernünftig geschnitten, dafür sind andere Szenen, wie Dialoge in Videoclipästhetik gehalten, was wohl dem Tempo helfen sollte, aber wie auch die meisten Farbfilter nur vom eigentlichen Geschehen ablenkt. Vieles passt einfach nicht zusammen.

Fazit: Frontier(s) ist nichts weiter als ein Standardslasher ohne eigene Ideen. Von Regisseur Xavier Gens hochmodern mit allerlei zielgruppengerechten Schnickschnack voll gestopft, legt sich der Film beim Aufbau einer spannenden Atmosphäre und emotionaler Bindung an den Zuschauer selber Steine in den Weg. Es bleiben zwar unterm Strich ein gutes Tempo und einige hervorragende Splattersequenzen übrig, doch Horrorfilmvielgucker werden nur sehr schwer darüber hinwegsehen können, wie dreist und unmotiviert man sich hier eine Story aus Versatzstücken und gängigen Genreklischees zusammengewürfelt hat. Für sich genommen ist Frontier(s) sicher kein Desaster, aber durch die stilistische Ungelenktheit kein besonders stimmiges Erlebnis.

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