Review

Hier haben wir es mit dem zweitintensivsten - ich wiederhole: zweitintensivsten - Film der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights zu tun. Obwohl so hart und intensiv, dass man selbst als vielerprobter Hardgoreseher unruhig auf dem Kinosessel umherrutscht und sich im Magen ein seltsames Gefühl breitzumachen beginnt, kommt diese französische Varation des "Texas Chainsaw Massacre" / "Hostel" Torture Porns - Themas nicht an den alles hinter sich lassenden "Inside" - ebenfalls aus Frankreich - heran. Doch seine Stellung als Abschlussfilms des ersten Abends hat er sich verdient und was den Härtegrad angeht lässt auch dieser "High Tension" meiner Meinung nach hinter sich (nicht unbedingt graphisch, aber psychologisch durchaus).

Der Film fängt mit der Flucht einer Gruppe Jugendlicher aus dem von Unruhen erschütterten Paris an. Der Bruder von Yasmine wurde angeschossen und muss ins Krankenhaus gebracht werden. Doch dort wartet bereits der Sicherheitsdienst mit unangenehmen Fragen - sodass man wieder flüchten muss. Dies erfolgt in zwei Gruppen, einerseits Yasmine und Alex, andererseits der schüchterne Farid und der großmäulige Tom. Letztere sind bereits ein gutes Stück vorausgefahren und kommen zuerst in der Herberge mitten in der Einöde Frankreichs an - wo sie auf eine äußerst skurrile Familie von blutdurstigen Hinterwäldlern treffen, die vom Vater, einem geistig gestörten Alt-Nazi, angeführt werden. Als Tom eine der Töchter, mit der er geschlafen hat, als Hure bezeichnet, nehmen ihm dies ihre Brüder natürlich übel. Sie versuchen den gestörten Inzest-Folterknechten zu entkommen, doch stürzen auf der Flucht in einen Schacht, wo eine Gefahr lauert, mit der die beiden Jugendlichen nicht gerechnet hätten. Währenddessen treffen auch Yasmine und ihr Begleiter auf der Torture-Farm ein...

Was uns "Hitman"-Regisseur Xavier Gens hier vorsetzt, ist Terrorfilm in Reinkultur. Bis ich "Inside" zu Gesicht bekam, war dies für mich auch nicht nur der Film des Festivals, sondern einer der mit Abstand härtesten Vertreter seiner Zunft, die mir je untergekommen sind. "...verstört Gens Trip mit dem Nihilismus der 70-er Exploitation und zeigt ohne Wimpernzucken all das, was sich HOSTEL letzten Endes doch nicht traute: FRONTIER(S) zu sehen grenzt an Masochismus. Dieser Film schmerzt ungeheuerlich, ist aber...nun ja, verdammt gut.", wie das Programmheft der FFN es formulierte. Trifft wirklich mehr als zu.

Der Film ist nicht nur äußerst hart, sondern auch unfassbar krank. Allein die Idee des Familienoberhaupt-Nazis, der eine Sippe von Übermenschen mit reinem Blut züchten möchte, oder die missgebildeten Kinder von Hans und seiner Frau, die in den Schächten unter der Farm hausen, oder die an Fleischerhaken aufgehängten Leichen (und Lebenden!), die an die Schweine verfüttert werden, nachdem man sie bis zur Bewusstlosigkeit gefoltert hat.
Hat man bis zum Showdown schon das Gefühl einen auf die Psyche drückenden Vorschlaghammer gesehen zu haben, legt man mit diesem auch graphisch nochmal ordentlich nach und lässt - wie bereits aus "High Tension" gewohnt - neben Spitzhacken, Äxten, Schusswaffen und Heckenscheren auch eine Kreissäge zum Einsatz kommen.
Der Kampf zwischen Yasmine und der blonden Tochter auf dem Hof ist dann auch mit das Intensivste, was ich seit langem gesehen hab. Vor allem wenn man sich Yasmine näher ansieht - blutüberströmt, zuckend wie eine Epileptikern, paralysiert und schon fast katatonisch. Eine unglaubliche schauspielerische Leistung. Kurzgeschoren und gegen Ende zu allem bereit erinnert sie dann auch mehr als einmal an die hervorragende Hauptdarstellerin aus "High Tension".

Der Film bietet viel. Ein Storykonzept nicht unähnlich der Idee von "From Dusk Till Dawn" (harmloser Beginn, der nicht erahnen lässt, was da noch kommt), Torture-und Sickoszenen wie in "Hostel", "Texas Chainsaw Massacre" (Remake), aber auch klaustrophobische Momente wie in "The Descent". Als Farid und Tom nach ihrer Flucht in den Schacht stürzen und schwerverletzt durch den engen Durchgang krabbeln bis Tom stecken bleibt...heulend wie ein kleines Kind, nach seiner Mutter schreiend, in der Hand ein langsam zur Neige gehendes Feuerzeug...das ist schon ganz großes Beklemmungskino.

Frontière(s ist hart. Frontière(s) tut weh. Und ist zugleich aber so unheimlich gut. Letztlich eher FILM als "Inside", dennoch mit geringem Unterhaltungswert, denn diesen Begriff sollte man bei Filmen diesen Genres meiner Meinung nach nicht verwenden. Sicherlich einer der härtesten und krassesten Beiträge ever zum Terrorgenre.

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