So gerät man in die Bredouille: Regisseur Tim Burton und Charaktermime Johnny Depp als Gespann, - da ist der Kinobesuch spätestens seit „Sleepy Hollow“ Pflicht.
Aber dann der Musical-Hintergrund, - für jemanden der dieser Form von Unterhaltung normalerweise aus dem Weg geht, eventuell ein abschreckendes Element.
Man hofft einfach, dass mehr gesprochen als gesungen wird, doch dem ist leider nicht so.
Und dennoch kann das Gesamtergebnis zufrieden stellen, dank visueller Stärken und herausragenden Darstellern.
Schauplatz ist das düstere London des 19. Jahrhunderts. Der Barbier Sweeney Todd kehrt nach 15 Jahren Gefangenschaft hierher zurück, um sich an Richter Turpin (Alan Rickman) und dessen Umfeld zu rächen, da dieser sein einst harmonisches Familienleben mit Frau und Tochter zerstörte. Unterstützt wird der Barbier mit den tödlich angelegten Rasierklingen von Mrs. Lovett (Helena Bonham Carter), die den zahlreichen Leichen im Keller des Hauses auch etwas Praktisches abgewinnen kann…
Burtons Stärke, einen trostlosen viktorianischen Schauplatz mit dichter Atmosphäre zu erschaffen, kommt auch hier hervorragend zum Tragen. Die Optik gleicht einem Hochglanz-Grau, in der die weiß geschminkten Gesichter wie traurige Puppen wirken.
Im Kontrast dazu füllen einige Rückblenden das triste Geschehen mit Farbe und die morbide Grundstimmung wird ab und an von leichten Humoranflügen durchzogen, etwa in der Sequenz, als sich Mrs. Lovett eine rosige Zukunft mit Todd ausmalt.
Viel Substanz gibt die Geschichte indes nicht her, erst in der zweiten Filmhälfte fließt und spritzt das Blut recht ordentlich (ich meine neun Kehlenschnitte gezählt zu haben) und es ist ein wenig Bewegung drin, bis das in jeder Hinsicht tragische Finale einsetzt.
Im Gesamtbild bleibt allerdings eine gewisse Handlungsarmut hängen, bedingt durch die zahlreichen Songs, die lediglich narrativer Funktion sind, aber nur selten Bewegung und Gesang miteinander vereinen. Ein kompletter Song über Rasierklingen, einer von der jungen Johanna, eingesperrt beim Richter, zweimal gar der Song des Jünglings, der diese anschmachtet, - nicht selten vergehen maximal drei Minuten Pause, bis einmal mehr gesungen wird und handlungstechnisch nichts dabei herumkommt.
Kompositorisch bringt man zwar stimmungsmäßige Abwechslung, doch die meisten Melodien erscheinen wenig markant, im Ohr bleibt allenfalls das instrumentale Hauptthema hängen. Zudem singen die Darsteller selbst und einer wie Johnny Depp ist nun mal nicht der größte Sänger unter der Sonne, erstaunt aber immerhin positiv mit impulsiven Einlagen, die viel schauspielerische Hingabe sichtbar werden lassen, was bei Helena Bonham Carter und Alan Rickman recht enttäuschend ausfällt.
Allerdings versteht Burton es ausgezeichnet, die Vorlage des Horror-Musicals von Stephen Sondheim musikalisch ins Geschehen einzubinden, ob mit einer rasanten Kamerafahrt durch die nebeligen Gassen Londons oder einfach nur beim Hacken am Küchentisch, - die stimmungsvolle Einheit funktioniert, sie gibt eben nur nicht allzu viel her.
Und so ist der Gesamteindruck tatsächlich, wie ein wenig befürchtet, nicht die totale Begeisterung über dieses Horror-Musical, das mehr Musical denn Horror bringt.
Die makabere Grundstimmung, die stilvolle Ausstattung und ein gewohnt intensiv aufspielender Johnny Depp gleichen zum Glück einiges aus.
Für Musical-Muffel allerdings nur eingeschränkt zu empfehlen.
Knapp
7 von 10