Endlich ist es wieder da! Das Dreamteam des düsteren, anspruchsvollen Film: Johnny Depp, Helena Bonham Carter und Tim Burton. Schon so manch großartiger Film geht auf ihre Kappe, vor allem erwähnt seien dabei die beiden Knetgummiträume "Nightmare before Christmas" und "Corpse Bride"! Und auch dieses mal geht es wieder großartig zu, wenn sich ein Musicalhasser (Tim Burton) und jemand der keine blutigen Filme mag (Johnny Depp) an ein blutiges Musical machen. Dabei handelt es sich um "Sweeney Todd", welcher schon in den frühen Filmjahren über die Leinwände flimmerte und seit 1979 nun auch eine Musicalversion erfahren hat. Auch wenn man es auf den ersten Schlag nicht für möglich halten würde, aber ein Kriminalthriller in dem Gesungen wird, dass kann durchaus klappen. Und nun stempelt Burton auch noch seinen ganz eigenen Stempel oben drauf. Herausgekommen ist dabei erneut ein Burton, den man nur lieben kann.
Tim Burtons "Sweeney Todd" ist also die Verfilmung der Musicalversion, welche seit 1979 immer wieder mal erfolgreich am Broadway zu sehen war. Hübscherweise hält sich diese auch recht nah an die Originalstory, wenn auch Unterschiede (zu welchen ich später noch zu sprechen komme) nicht zu übersehen sind. Es geht also auch hier um den dämonischen Friseur "Sweeney Todd", welcher nach Jahren zurück in seine alte Heimat kehrt. Dort wurde ihm einst seine Geliebte, vom jetzigen Richter Turpin, abspenstig gemacht. Und Todd ist auf Rache aus. Unter seinem Geschäft betreibt derweil, erfolglos, die schrullige Mrs. Lovett ihr Pastetengeschäft und es dauert nicht lange, bis die Beiden auf eine gar teuflische Idee kommen. Nämlich die Kunden von Sweeney in möglichst leckere Pastetten zu verarbeiten. Und das Grauen nimmt seinen Lauf... Es ist unverkennbar, dass viele Stücke der Originalgeschichte auch hier wieder ihren Platz gefunden haben. Vor allem was die Hauptfiguren angeht. Vom barbarischen Barbier, über die Verkäuferin vom Geschäft nebenan (bzw. hier ist sie unten drunter), bis hin zum Jungen, welcher seine Dienste verrichtet, dieses mal aber nicht bei Sweeney sondern bei ihr. Allesamt wurden sie von der Originalgeschichte in das Musical herüber gebracht. Genauso bleibt Sweeney auch hier ein Kriminalthriller und bestätigt somit selbst das eigentliche Genre der Story und wird nicht verkitscht oder zur Romanze umgeschrieben. Kurzum, für einen Burtonfilm eignet sich der Stoff in jeder Hinsicht.
Und somit ist es auch nicht verwunderlich, dass Burton die Geschichte in ein absolut glänzendes Filmerlebniss verpackt hat, das einem wieder einmal den Atem raubt. Vor allem die Optik macht erneut unheimlich viel aus. Das düstere Treiben steckt in noch düsteren, schrägen Bildern, welche nur selten einmal einen Funken Licht erhaschen können. Die düsteren Charaktere wurden optimal in die dunkle Umgebung eingepasst. Grelle Farben gibt es nur selten und sind fast immer mit dem Bösen in Verbindung zu bringen, sei es das sudelnde Blut in grellem Rot, aus den Kehlen der Opfer oder der grell blaue Umhang, des Scharlatans Signor Adolfo Pirelli. Nein, hier regiert, mit einer atemberaubenden Weite, die Finsternis und lässt einen so schnell nicht wieder los.
Tja, und dadurch entsteht wiederrum eine Atmosphäre, die jedem Burtonfilm absolut ebenbürtig wird. Es knistert gar sehr, wenn der barbarische Schlitzer das erste Mal im Bild erscheint und bis zum letzten Bild vor dem Abspann lässt dieses Knistern auch nicht mehr nach. Man ist nur so fasziniert von dem Treiben des bösen Geschäftsmannes und seinen skurrilen Ideen, seinem blitzblankem Auftreten und seiner Boshaftigkeit, die für Momente regelrecht auf den Zuschauer übertragen wird. So sehr man ihn eigentlich auch verabscheuen müsste, man sympathisiert mit dem Mann und all den Figuren um ihn herum, ohne dass man seine Taten aber in irgend einer Weise für gut halten würde, auch wenn man ihm dabei nur zu gerne zuschaut. Eine Charakteristik, wie sie nur ein Tim Burton schaffen kann.
Dazu kommen dann natürlich all die wunderbaren Gesangs- und Musikstücke, die dieses ungewöhnliche Musical bis in die letzte Ader beherrschen. Das düstere Treiben wird durch ebenso düstere Stücke versetzt, die zu keinem Moment unpassend wirken und sich tief in die Gehörgänge der Musicalfans eingraben. Wo "Hairspray" vor allem mit schmissigen und flippigen Songs für Stimmung sorgte, sind es hier vor allem düstere Melodien und schaurige Texte, welche das Publikum zum beben bringen. Ab und zu schimmert zwar auch mal ein fröhliches Liedchen durch, aber zu 90% darf sich auch bei dem Gesang wunderbar gegruselt werden, ohne dass dabei aber die Regeln des Musical vernachlässigt werden. Einfach wunderbar!
Wer allerdings die Originalstory kennt wird dennoch nicht ganz drum herum kommen, die Unterschiede zwischen der originalen Non-Musicalversion und der hier vorhanden Musicalversion (zumindest leicht) zu kritisieren. Zwar kann man die Änderungen allesamt keinesfalls als unpassend bezeichnen, doch an so mancher Stelle ist das Abändern des Originals stark spürbar und dürfte bei Fans dessen (ähnlich wie damals bei Webbers Musicalversion von "Das Phantom der Oper") zumindest leicht in die Nase fahren. So ist vor allem der Grund des Tötens von "Sweeney Todd" hier ein völlig anderer, als in der Originalstory. Oder auch Mrs. Lovely, welche hier viel stärker in die Machenschaften des Barbiers verstrickt ist. Und natürlich das Ende, welches hier einen komplett anderen Weg einschlägt, um dem Killer seine gerechte Strafe zukommen zu lassen. Doch insgesamt kann man darüber, aufgrund der eben wirklich gelungenen neuen Ideen, trotzdem locker hinwegsehen, wenn man es aber halt leider auch nicht ganz unter den Tisch kehren kann.
Was die Darstellerleistungen angeht, gibt es dagegen wieder so gut wie gar nichts zu meckern. Sieht man mal davon ab, dass Johnny Depps Gesangstalent in den Anfangsminuten noch ein wenig der Gewöhnung braucht, was sich aber glücklicherweise schnell legt, so kann man ihn wieder einmal nur in jeder Hinsicht loben. Seine Darstellerkunst ist einzigartig und füllt die großen Fußspuren von Tod Slaughter, welche dieser mit der 1936er-Version hinterlassen hat, blendend, wenn auch auf seine ganz eigene Art und Weise, aus. Es ist eine absolute Freude ihm zuzusehen, denn seine Leistung ist schlichtweg einzigartig. Genauso wie die von Helena Bonham Carter, welche ebenfalls in jeder Hinsicht überzeugt, genauso wie Alan Rickman als bösartiger Richter, Timothy Spall als wieseliger Gehilfe des Richters, sowie Ed Sanders, der hier ein bravouröses Debuet darlegt. Nur Sasha Baron Coen konnte mich erneut nicht überzeugen. Was an diesem Typen so lustig und toll sein soll, will sich mir einfach nicht ganz erschliessen, aber nun gut.
Fazit: Ein neuer Tim Burton und wieder ein Meisterwerk, das ist "Sweeney Todd". Die barbarische Geschichte des mörderischen Barbiers, als wunderbare Musicalversion auf 120 schaurige Filmminuten getrimmt, welche zwar einige deutliche Änderungen zur Originalgeschichte aufweist, insgesamt aber eine überzeugende Idee nach der Anderen abliefert. Eine geniale Optik, schaurige Effekte und ein Musicalfundus, der jedem Fan des Genres das Herz zum schlagen, die Augen zum leuchten und die Ohren zum klingeln bringt, ergeben ein Filmerlebnis, welches man sich nie und nimmer entgehen lassen darf. Aber das darf man sich bei Burton ja sowieso nie!
Wertung: 8,5+/10 Punkte