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Es geht um Liebe. Es geht um Eifersucht. Es geht um Habgier, Vergänglichkeit, den Tod und das ewige Leben. Und... es ist eine Komödie! Das ist Robert Zemeckis, wie er leibt und lebt.
Der Erfolgsregisseur und Komödienspezialist („Zurück in die Zukunft“, „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“) nahm in seinem extrem schwarzhumorigen Werk von 1992 gleich auf einen ganzen Haufen von filmischen, lebensphilosophischen und sozialen Themen Bezug und goss sie chemisch wie schematisch passend in die Form einer bitterbösen Fantasykomödie, die gleichermaßen durch wegweisende Effekte und durch pointierte Treffsicherheit in jeder Beziehung Akzente setzen kann. Zemeckis erstellt mit dem Dreigespann Bruce Willis / Meryl Streep / Goldie Hawn eine Konstellation, die in ihrer mit menschlichen Bedürfnissen gespickten Ausgangssituation zu einem absurden Geistertanz ausartet, bei der man sich fragen muss, wo die Menschlichkeit geblieben ist, und in der Konsequenz, was einen Menschen eigentlich ausmacht.

Es beginnt mit einem Szenario, das viele Menschen in dieser oder einer ähnlichen Variante aus eigener Erfahrung kennen dürften. Madeline (Meryl Streep) war schon immer die Erfolgreiche. Schon in ihrer Jugendzeit hat sie ihrer Konkurrentin Helen (Goldie Hawn) stets die Männer weggenommen. So verwundert es auch nicht, dass ihre berufliche Karriere beim Film ebenfalls sehr erfolgreich verlief. Jahre später scheint sich aber eine Wende anzubahnen: Madeline ist auf dem absteigenden Ast und erreicht höchstens noch C-Niveau, während sich Helen nach dem mühsamen Aufbau einer Beziehung mit ihrem Lebensgefährten Ernest (Bruce Willis) kurz vor der Heirat befindet. Doch zuvor muss Helen wissen, ob ihr angehender Mann die „Madeline-Probe“ bestehen kann. Und prompt fällt er durch: statt Helen heiratet Ernest Madeline, und die Abgewiesene verwandelt sich in einen verbitterten Fettkloß und landet in der Psychiatrie.

Das ist der an der Realität orientierte Beginn einer absurden Frankenstein-Parade, die im folgenden ihren Lauf nimmt. Es geht los mit natürlichen Bedürfnissen; Helen ist eifersüchtig, Madeline von Neid zerfressen. In der Konsequenz, nämlich um diese Gefühle auszuschalten, kommt der Wunsch auf nach ewiger Jugend – ein Symbol für das personifizierte Selbstbewusstsein.
Zemeckis verbindet in dieser Filmphase mehrere Zeitperioden miteinander, in der gerade Goldie Hawns Figur verstärkt Veränderungen durchmacht. Erst ist sie glücklich verheiratet, dann wird sie enttäuscht, frisst sich Dutzende Kilos an, rehabilitiert sich, nimmt wieder ab und feiert ein strahlendes Comeback in einem roten Kleid. Aber auch die Ehe zwischen Streep und Willis wandelt sich zur Unzufriedenheit. Immer wieder werden Vanitassymbole eingestreut, wie etwa Kristallgläser (Zerbrechlichkeit) oder das Vergänglichkeitssymbol schlechthin, die Rose (Verfall). Zunächst werden also die negativen Aspekte der Veränderung betont und damit die Notwendigkeit, ihr entgegenzuwirken.
Angetrieben durch den skurrilen, leicht an den „Re-Animator“ erinnernden Soundtrack vermag es Zemeckis, diese Thematik mit ironischer Distanz überaus unterhaltsam zu gestalten. Die inszenatorische Übertreibung wird in jeder Szene deutlich: sei es durch eine Bildkomposition, bei der die Hälfte des Bildes von Helens fettem Hintern verdeckt wird (um so ihre Trägheit darzustellen), oder der Jump Cut auf die Hochzeit zwischen Ernest und Madeline (um Ernests Aussage, Helen brauche sich keine Sorgen zu machen, ins Lächerliche zu ziehen). Damit wird der Film zusätzlich zur Satire und Gesellschaftskritik.

Mit der Szene um Isabella Rossellini und ihr Lebenselixier driftet der Film dann endgültig ins Fantastische ab, was aber nie im Kontrast zur gesellschaftskritischen Funktion steht, sondern diese sogar noch unterstützt. Es wird nämlich eine imaginäre „Was wäre wenn“-Szenerie aufgefahren, durch welche die Folgen von Neugier, Neid und Schönheitswahn verdeutlicht werden, wenn diese Überhand gewinnen. Goldie Hawn und Meryl Streep verlieren nach der Einnahme des Elixiers langsam ihre menschlichen Züge, werden zu hysterischen Nymphen, die nur noch am Erhalt ihres Körpers interessiert sind, wobei sich der eigentliche Grund für den Schönheitswahn – die Bezogenheit auf die Meinung anderer – längst verabschiedet hat. Es geht nur noch um das selbstzweckhafte Verhindern des körperlichen Zerfalls.
Hawn und Streep sind dafür die absolute Idealbesetzung. Anfang der 90er weisen sie mit ihren rund 50 Jahren die nötige Reife und dennoch Attraktivität auf, um die Thematik optimal darzustellen. Vom Typ her ergänzen sie sich gegenseitig außerdem, was darauf hinausläuft, dass die eine die andere je nach Szene an die Wand spielt, und das im ständigen Wechsel, wodurch ein heißer Kampf garantiert ist.
Bruce Willis bleibt als Hahn im Korb gemäß seiner Rolle angenehm unauffällig. Hinter einem Schnauzer versteckt, wird sein Charakter erst zum Ende hin selbst aktiv und handelt bis dahin rein reaktionär. Ist er anfangs noch das Objekt der Begierde, wird er für die beiden Frauen nach Einnahme des Elixiers in seiner Eigenschaft als Leichen-Herrichter das Mittel zum Zweck. Menschliche Gefühle wie Liebe haben sich bis dahin bereits verflüchtigt. Der überforderte Ernest ist nun dank seiner Fähigkeiten für zwei unsterbliche Kreaturen verantwortlich. Nicht umsonst kommen einem da Parallelen zu den alten Universal-Klassikern in den Sinn: die emotionale Leere eines Dracula mit seinen Bräuten, der gegen den Sinn des Lebens verstoßende Experimentalismus eines Frankenstein mit seinem Monster.
Passend dazu findet ein Großteil der Handlung in der Lobby eines großen Schlossgebäudes bei Gewitter statt, was ebenfalls atmosphärisch und von der Ausstattung her mitunter an „Dracula“ mit Bela Lugosi erinnert.

Nicht unterschlagen werden dürfen die oscarprämierten Effekte, die sich speziell bei den eigentlich tödlichen Verletzungen der beiden Hauptdarstellerinnen bemerkbar machen. Ein Loch im Bauch und ein um 180 Grad gedrehter Kopf sorgen für viel Situationskomik und unvergessliche Momente, die den Film unverwechselbar machen. Um 1992 fand die Blue Screen-Technik mit „Terminator 2“, aber eben auch mit „Der Tod steht ihr gut“ erstmals zu einer Reife, die den Special Effects-Sektor revolutionierte. Das wird auch hier deutlich; Streeps geisterhafter Gang mit dem auf den Rücken gedrehten Kopf sieht auch heute noch unverschämt gut aus, und das Loch in Hawns Bauch muss sich nicht vor einem Jahre jüngeren Effekt aus einer Akte X-Episode verstecken (welche wegen der auffallenden Ähnlichkeit vielleicht auch als Hommage an Zemeckis' Film verstanden werden darf; zumindest, sofern man auch den Door-Kick aus dem „Men in Black“-Trailer als Hommage an die Szene aus „Sieben“ interpretiert, in der Brad Pitt die Tür zur Wohnung des Serienkillers aufbricht). Make-Up und Effekte vervollständigen das auch sonst schon perfekte Werk aus technischer Sicht.

„Der Tod steht ihr gut“ ist tiefschwarze Sozialsatire mit großartigen Hauptdarstellern, aufsehenerregenden Special Effects und stets treffendem Humor, der durch eine rasante und abwechslungsreiche Handlung getragen wird. Die Handschrift von Zemeckis ist deutlich erkennbar; der Regisseur drückt seinem Werk einen persönlichen Stempel auf und macht ihn damit zu einem im wahrsten Sinne des Wortes (wie auch im übertragenen Sinne) zeitlosen Klassiker, der vor allem diverse unvergessliche „Magic Moments“ in sich vereint. Ein wahres Wunder, dass sich Hollywood noch nicht an einem Remake vergangen hat.

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