Alejandro Amenábars "The Others" gilt unter den selbsternannten und den wenigen professionellen Cineasten sowohl für Genrefreunde als auch für Filmliebhaber generell als Leckerbissen. Besonders wurden eine meisterhafte Inszenierung und das intensive Spiel Nicole Kidmans hervorgehoben, womit ja nicht unbedingt zu rechnen war.
Bisher konnte mich der Film nicht über die ersten 10 Minuten hinaus bei der Stange halten und ich schaltete aus. Das lag an verschiedenen Dingen. Zum einen hatte ich die Schnauze langsam voll von diesen Shyamalan-Filmen. Dieser erzwungene Plottwist zum Ende des Films hin hat genau einmal funktioniert und das war tatsächlich in "The Sixth Sense" von 1999. In allen anderen Filmen wirkte dieser Aha-Effekt mit der Brechstange einfach nur noch peinlich, wobei ich besonders den Film "The Village" hervorheben muss. Und "The Others" gibt sich von der ersten Minute an so geheimnisvoll und mystisch, dass sofort klar wird, dass es wohl am Ende wieder heißt: "ÜBERRASCHUNG!"
Zum anderen wird mit dem unheilvollen Dreieck aus "The House on Haunted Hill" (1959), "Schloß des Schreckens" (1961) und "Bis das Blut gefriert" (1963) ja bereits alles geboten, was zum ausgefeilten Geisterhaus-Grusler dazugehört. Ebenso wenig, wie man die lieblos am Computer zusammengeschusterten Remakes der Klassiker brauchte, war ich an einer Erweiterung des Genres interessiert, die aber inhaltlich und formal nichts wirklich Neues zu ergänzen hatte.
Nach der Sichtung muss ich sagen, dass ich mit dieser Einstellung ganz gut gefahren bin. Das heißt aber nicht, dass "The Others" ein schlechter Film ist, ganz im Gegenteil. Wer oben genannte Filme nie gesehen hat, bekommt einen versiert inszenierten klassischen Gruselfilm zu sehen, der obendrein mit einer tollen Nicole Kidman auftrumpfen kann, die ebenso wunderschön wie unterkühlt ist.
Das Haus spielt hier eigentlich keine so vordergründige Rolle wie in beispielsweise "Bis das Blut gefriert" und schon gar nicht gibt es irgendwelche albernen Horrorelemente wie in "The House on Haunted Hill". Von Daher ist "Das Schloss des Schreckens" der Film, zu dem sich die meisten Parallelen ziehen lassen und der eine vergleichbar tragische Atmosphäre aufweist.
Dabei wird in Amenábars Film jedoch kein Eindruck einer Bedrohung für die Bewohner erweckt. Vielmehr legt sich von Beginn an diese Stimmung der Trauer oder des Tragischen über alles und jeden und diese Stimmung wird so zentral für den Film, dass man schon irgendwie ahnt, was Sache ist. Freilich weiß man es nicht genau, aber die Marschroute ist definitiv klar.
Effekthascherei ist dabei nicht die Sache des Regisseurs, der sich die Zurückhaltung als kreatives Element auferlegt hat. Form und Inhalt passen aber eben gerade dadurch hervorragend zusammen. Der Film spielt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und da hätte eine typische zeitgenössische Inszenierung das ganze Flair zunichte gemacht. Diesen offensichtlichen Fehler machen ja komischerweise viele Filme. Das Altmodische ist hier jedoch das formale Leitmotiv, wodurch "The Others" eine beinahe erfrischende, weil konsequente Geschlossenheit verfolgt, die nicht einmal zum Schluss der Verlockung erliegt, Wände bluten oder Teile des Hauses zusammenbrechen zu lassen oder gar blutige Effekte als Höhepunkt aufgebauter Erwartungen zu nutzen. No Sir.
Allerdings ist die ganze Geschichte dann aber so prototypisch für klassischen Geistergrusel, dass es hier und da vielleicht doch intensivere Szenen oder schlicht mehr Innovationen gebraucht hätte, um so etwas wie einen Wiedersehwert zu erzielen. Denn noch einmal werde ich mir "The Others" trotz der unbestreitbaren Vorzüge nicht anschauen.
Fazit
"The Others" wartet mit zurückhaltendem Grusel der alten Schule auf, der gut und stimmungsvoll inszeniert wird, und mit einer toll aufspielenden Nicole Kidman punkten kann. Allerdings ist der Film näher betrachtet eher einfallslos und ergänzt nichts zum Genre, was man nicht schon mal irgendwo gesehen hat. Dadurch wirkt Amenábars Film doch insgesamt etwas langweilig und ist zu arm an Höhepunkten und Spannung.
1961 hat Jack Clayton mit "Schloß des Schreckens", dessen englischer Titel "The Innocents" erkennen lässt, wie groß die gesuchte Nähe Amenábars doch ist, einen Film geschaffen, den ich "The Others" immer vorziehen würde, weil er einfach stimmungsvoller, spannender und einfach gruseliger ist.