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Ein ungemein unterhaltsamer und gefühlvoller Kinderfilm, zu dem auch Erwachsene problemlos Zugang finden sollten, getragen von zwei überaus talentierten Jungdarstellern und einem mehr als namhaften Supportcast von Hollywoodgrößen.

Rein storytechnisch scheint die Geschichte bekannte Vorbilder aus Behinderten/Krankenfilmen zu widerkäuen, wenn ein körperlich kräftiger, aber geistig eher zurückgebliebener Junge auf einen körperlich verkrüppelten, todkranken, aber superintellektuellen Kumpan trifft und mit ihm ein gegenseitig ergänzendes Gespann bildet, daß jedem von beiden zum Vorteil gereicht.
Regisseur Peter Chelsom vermeidet jedoch vorlagengemäß sämtliche bekannten Bilder und ausgerittenen Klischees, sondern führt seine Geschichte flott und mit interessanten Charakteren voran, so daß er die Handicaps seiner Protagonisten nur am Rande berührt.

Über die Stationen des Kennenlernens, der Paarbildung und des üblichen Widerstandes gegen die Widrigkeiten der Welt, in dem Bestreben, ein wahrer Ritter zu sein, formt er über die gesamte Distanz zwei Charaktere, die sich nicht gesucht, aber gefunden haben.
Zusätzlich läßt er um den schwergewichtigen, verschlossenen Max das Geheimnis seiner tragischen Herkunft und baut einen Entführungs- und Rettungsplot ein, der wunderbar in das Geschehen integriert wird und zu Max' geistiger Befreiung führt.

Auch läßt er keinen Zweifel an Anfang und Ende der Geschichte, denn Max erzählt die Geschichte in Form einer Rückblende, womit Kevins Schicksal nicht als dramatischer Bombast daherkommt, sondern aus der Handlung logisch folgert. Besonders positiv ist die Vermeidung jeglichen Kitsches, die man um Kevins Tod noch hätte weben können, sondern faßt das Schicksal in klare, gefühlvolle Bilder aus der Sicht von Max, der nach dem Tod seines Freundes in Verzweiflung zu dem Institut läuft, daß Rettung hätte bringen müssen, um dann festzustellen, daß es sich dabei um die Krankenhauswäscherei handelt.
Gleichzeitig wird eine mythische Gedankenwelt-Ebene eingebracht, wenn die Jungs bisweilen ihre Taten und Umgebung in Ritterzeitvisionen sehen. In diesem Zusammenhang schlagen sich die Jungs schließlich selbst zum Ritter Freak, da sie nur in ihrer Huckepack-Kombination vollwertige Menschen zu sein scheinen, was Max am Ende selbst widerlegt.

Schauspielerisch hat Chelsom hier beachtliche Talente bei der Hand. Elden Henson gibt den beschränkten, aber massigen Max mit beachtlicher Zerbrechlichkeit des Gemüts, die in eine elefantöse Urgewalt ausbrechen kann. Geradezu bezaubernd Kieran Culkin, der seinen berühmten Bruder Macauley hier ausgerechnet mit dem Rollennamen Kevin locker an die Wand spielt. In diesem Zusammenhang ein besonderer Brüller sind seine Schulcafeteria-Imitationen mit Chop-Suey-Nudeln, explizit seine Marlon-Brando-Nachahmung aus dem Paten.

Die nominellen Stars halten sich hier fein zurück. Sharon Stone hat ein paar feine, aber standardisierte Szenen als Kevins Mutter, Gena Rowland beweist als Max Großmutter Mut zur Häßlichkeit und Harry Dean Stanton spielt den mürrischen Opa aus dem Stand.
Meat Loaf ist schmählich unterbeschäftigt, während seine Filmgefährtin Gillian Anderson (Scully aus Akte X) kaum zu erkennen ist, wenn sie als bitchy Schlampe mit roten Haaren richtig loslegt. Schön auch "Soprano"-James Gandolfini als Max# gewalttätiger Vater.

Wer sich natürlich eh keine gefühlvollen Filme ansieht, wird diesen ebenfalls verpassen können. Alle anderen verpassen allerdings eine optisch prachtvolle, ungewöhnliche Kinderfilmvariante, die immer wieder Referenzen an "Heavenly Creatures", "König der Fischer" und "Good Will Hunting" anklingen läßt und sie zu einem wunderbaren Ganzen vermengt.

Traurigkeit ohne Trändrüsendrückerei, Gefühl ohne Kitsch, Spaß ohne Albernheit, Weisheit ohne mahnenden Zeigefinger. Leute, was wollt ihr denn noch mehr? (8/10)

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