Review

In dem neuesten Werk von Antoine Fuqua („Replacement Killers“, „Bait – Fette Beute“) nimmt Denzel Washington Ethan Hawke mit zu dem titelgebenden „Training Day“.
Die Handlung nimmt dabei auch wirklich nur diesen Trainingstag ein und so beginnt es mit dem Aufstehen von Jake Hoyt (Ethan Hawke). Dem jungen Polizisten ist die Freude richtig anzumerken, denn an diesem Tag darf er mit Detective Alonzo Harris (Denzel Washington) auf Streife gehen, um danach eventuell in dessen Einheit aufgenommen werden. Obwohl der Zuschauer Alonzo noch nicht kennengelernt hat, strahlen diese ersten Minuten eine nahezu mythische Verehrung für den erfahrenen Cop aus.
Alonzo erweist sich beim ersten Zusammentreffen dann auch als sehr cooler Typ: Mit seinen witzig-respektlosen Art gewinnt er sowohl das Vertrauen von Jake als auch das des Zuschauers. Zudem wirkt er sehr viel lockerer als andere Polizisten; allein sein „Streifenwagen“, gleichzeitig rollendes Büro für ihn und seinen Partner, ist eine Aussage für sich. Das ist nicht nur ungewohnt und cool für den Zuschauer, sondern auch gleichzeitig eine schneidige Einführung des Cops, der etwas andere Methoden als gewohnt anwendet.

Im Laufe des Tages lernt Jake die Ermittlungsmethoden Alonzos kennen, mit denen er allerdings einige Probleme hat. Anfangs ist er nur verwundert über Alonzos Art drogenkaufenden Collegekids und Vergewaltigern gegenüber, aber nach und nach überschreiten Alonzos Methoden immer mehr die Grenze der Legalität. Jake muss sich entscheiden, ob er dies für die begehrte Versetzung in Kauf nimmt oder Alonzo vor den Kopf stößt. Aber dieser ist ein gewiefter Taktiker...
Um gleich eines vorwegzunehmen: Die Aussagen der Produzenten „Training Day“ sei ein realistischer Polizei-Thriller sollte man ganz schnell als Verkaufsargument abtun. Denn viele von Alonzos Aktionen sind garantiert nicht realistisch, heben aber dafür den Funfaktor des Films, z.B. die rüde (für den Zuschauer schadenfrohe) Zurechtweisung der Collegekids oder die Schießerei mit der Gang vor dem Haus eines Drogendealers namens Sandman – Alonzo ballert locker mit zwei Wummen um sich und trotzdem weiß nachher kein anderer Polizist darüber Bescheid.

Vielmehr als ein tatsächlicher Einblick in Polizeiarbeit, auch wenn der Film sich nicht in die Actiongefilde von „Lethal Weapon“ und Co. begibt, ist „Training Day“ ein durchstrukturierter Thriller. Ein Trainingstag würde nie so viele Ereignisse beinhalten wie dieser hier, doch der Film selbst macht klar, dass dies ein Konstrukt ist, hinter dem ist in erster Linie Alonzo steht. Anfangs ist es noch witzig mit anzusehen wie unkonventionell der legendäre Bulle vorgeht, seine Aktionen werden nur graduell „schlimmer“. Doch man merkt, dass dieses Spiel um Faszination und Vorbildfunktion ein abgekartetes ist, in dem Jake anfangs nur der Spielball ist, der sich emanzipieren muss.
Denn trotz aller (anfänglicher) Freude an Alonzos unkonventionellen bis inkorrekten Vorgehensweisen ist Antoine Fuquas Copthriller auch ein Moralstück: Wie weit kann und darf ein Cop gehen? Stellvertretend erörtert Jake für den Zuschauer die Frage, wenn er mehr über Alonzo erfährt und das anfangs noch mythische Bild des Supercops mehr und mehr Risse bekommt. Tatsächlich ist es dann die einzige Situation an diesem Trainingstag, in der Jake mal aktiv wird, nicht nur von Alonzo mitgeschleift wird, in der er aus eigener Überzeugung eine gute Tat vollbringt, eines der wichtigsten Ereignisse des Tages, vor allem in der Rückschau.

Auch wenn Fuquas Polizeifilm in erster Linie ein wunderbar durchgetakteter, wenn auch etwas konstruierter Thriller ist, so lockern doch einige Schießereien die Handlung auf. Diese sind dann in der Tradition amerikanischer Polizeifilme gemacht und werden meist mit deren Standardarsenal von Pistolen und Pumpguns ausgetragen. Es sind kleine Auflockerungen, die aus „Training Day“ keinen Actionreißer machen, dank der versierten Regie Fuquas aber für knallige Schauwerte sorgen und für die harten Seiten des Polizeialltags stehen, der im filmischen Bereich ja gerne betont bis überbetont wird.
Hauptattraktion im schauspielerischen Bereich ist auf jeden Fall ein cool agierender Denzel Washington, der als Alonzo so richtig die Sau raus lässt: Charmant, locker, faszinierend, so tritt er auf, als potentieller Verführer, von dem man bald nicht mehr weiß, ob man ihm über den Weg trauen kann, und das spielt Washington großartig. Da Ethan Hawke nicht ganz mithalten, aber trotzdem verkörpert den Grünschnabel überzeugend. Einige kleine Rollen sind übrigens mit den Musikern Snoop Doggy Dogg, Dr. Dre und Macy Gray besetzt, die Teil eines starken Castings sind, das für Nebenrollen markante Gesichter und Darsteller ausgewählt hat: Fantastisch ist John Glenn als Spitzel, ansonsten sieht man Tom Berenger, Raymond J. Barry und Harris Yulin als verschworenes Beamtenkonzil, Eva Mendes als Alonzos Geliebte, Nick Chinlund, Peter Greene und Jaime Gomez als Mitglieder von Alonzos Team sowie Cliff Curtis, Terry Crews, Raymond Cruz und Noel Gugliemi als Gangmitglieder und Hood-Bewohner. Viele davon treten zwar nur in ein oder zwei Szenen auf, doch „Training Day“ gibt tatsächlich jedem von ihnen Raum zum Glänzen.

Ein wirklich realistisches Bild des Polizeidienstes mag „Training Day“ nicht sein, will er aber auch gar nicht: Stattdessen ist Fuquas Copthriller eine spannende, gut konstruierte Geschichte über die Gefahren von Faszination und Verehrung, mal humorvoll, mal actionreich, aber stets packend und durchweg toll besetzt.

Details
Ähnliche Filme