Bei Hammer-Filmen denkt der Horrorfan meistens zuerst an Cushing/Lee-Paarungen, an Vampirfilme oder Kostümdramen vergangener Jahrhunderte, schön düster und erlesen – und bunt.
Was dabei leider meistens untergeht, ist, dass Hammer ganz nebenbei auch eine ganze Reihe von düsteren (Psycho-)Thrillern in kernigem Schwarz-Weiss veröffentlicht hat, die ganz in der Tradition der Erfolgswelle von Clouzots „Die Teuflischen“ und Hitchcocks „Psycho“ stehen. Der psychologische Teil davon war dann zwar nicht immer ganz sattelfest, aber es ergab an den Nerven zerrende Filme mit wirklich aufregenden Schurken und manchmal einem recht beachtlichen Bodycount. Oliver Reed hat sich da sehr erfolgreich mit dran beteiligt.
Der 1964 offenbar für kleines Geld „Nightmare“ gehört eindeutig auch in diese Kategorie, die etwas über den noch abstruseren „Quota Quickies“ (die eine Kino-Double-Bill mit Absonderlichkeiten füllten) stand, aber eben unterhalb der farbigeren Prestigeproduktionen, mit denen man in Amerika gut abkassieren konnte.
„Nightmare“ ist noch – und dabei lief der Trend langsam aber sicher auf Grund – in monochrom gedreht worden und es ist schlecht vorstellbar, diesen Film genauso effektiv in Farbe zu drehen (das ging schon bei der „Wendeltreppe“ übel schief). Allein die erste Hälfte des Films ist in verunsichernde, angsterfüllte Düsternis getaucht, mit scharfen Kontrasten und reichlich effektvoller Kreischerei – hier haben die Macher offenbar hocheffektiv bei „The Haunting“ gespiekt.
Doch genau das Wörtchen „Hälfte“ definiert das Kernproblem dieser 82-Minuten-Produktion, denn während die erste Hälfte effektiver Terror ist, bietet die zweite Hälfte ein Mystery-Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man ahnt, wie die Figuren aufgestellt sind und wohin das alles führen soll.
Natürlich wird der Zuschauer auf dem Weg zum Ende doch noch düpiert, aber leider ist der finale Hut-Trick nicht ganz so überzeugend, wie er sein sollte; ganz abgesehen davon ist die Pointe, wenn man denn länger darüber nachdenkt, ein ziemlich bitterer Brocken, so man ihn denn der Polizei verkaufen möchte.
Die Nähe zu „Psycho“ wird auch hier im Aufbau beschworen, wenn die junge Janet hier aus dem Institut für junge Mädchen (man könnte auch munkeln: „mental Instabile“) trotz hysterischer Alpträume heim in das Anwesen „Hightowers“ geschickt wird. Janet hat den Mord ihrer augenrollenden Mutti an ihrem Vater praktisch mitangesehen (an ihrem Geburtstag) und wird nun in ihren Träumen verfolgt. Für sicheres Umfeld sollen nun Anwalt-cum-Cousin Henry, Profi-Nurse Grace, Haushälterin Mary und Chauffeur John sorgen, aber das klappt in dieser vielzimmerigen Gruft nur kurz, denn Jenny sieht überall und mehrfach eine im Gesicht entstellte Tote herumliegen, die praktischerweise bei der Beweisführung immer wieder verschwunden ist.
Das führt natürlich zu sehr viel Hysterie und schließlich zu einer Affekthandlung, die wie der Duschmord in „Psycho“ den Film kurz nach der Halbzeitmarke komplett in eine andere Richtung dreht.
Von da an wird der Film zu einem mysteriösen Katz- und Maus-Spiel, bei dem man ahnt, wie der Hase läuft, was allerdings nicht ganz das gewünschte Resultat provoziert.
Wie überhaupt der Plot und die Logik nicht eben so ganz mit dem Look und der Atmosphäre mithalten können.
Schon die Idee der ersten Hälfte ist nur bedingt überzeugend, wenn man bedenkt, worauf der Verlauf hinauslaufen soll und wie wahrscheinlich genau dieses Resultat ist. Wenn dann in Hälfte 2 sich das Spiel scheinbar wiederholt, ist es nicht sonderlich gut verständlich, warum die beteiligten Figuren sich so verhalten, wie sie es tun: zusammen bleiben, sich gegenseitig verdächtigen, zu übersteigert oder zu wenig reagieren.
Da hat dann eine weibliche Figur zu wenig Nervenkostüm und eine männliche ist zu sehr kontrolliertes Arschloch, um mehr als die üblichen Reaktionen einzufahren („Die haben es verdient!“).
Dennoch fällt „Der Satan mit den langen Wimpern“ (ich hab leider nicht rausgefunden, welche Figur damit gemeint sein soll) gegenüber manch anderem „Thriller“ positiv auf, eben wegen der effektiven Atmosphäre (die aber noch etwas geisterhafter sein könnte) und einer Story, die sich heutzutage wie absurder Wahnwitz anhören würde, damals aber ein fieser, kleiner Crowdpleaser war, mit todernstem Gesicht gespielt und finster bis ins Mark.
Nicht gut nachvollziehbar, aber sehr angenehm zu sichten. (7/10)