Abt.: Daddy ist doch der Beste
Bryan Mills, ehemaliger Topagent der Regierung, hat sich nach Los Angeles zurückgezogen, um in der Nähe seiner Ex-Frau Lenore und ihrer gemeinsamen Tochter Kim zu wohnen. Vergeblich bemüht er sich um Kontakt zu der verwöhnten Siebzehnjährigen, die in einer Welt des Luxus lebt, seit Lenore einen reichen Geschäftsmann geheiratet hat. Unter dem Druck von Leonore stimmt Bryan einer Europareise seiner Tochter zu. Kim fliegt mit ihrer Schulfreundin Amanda nach Paris, wo die beiden Teenager kurz nach ihrer Ankunft in die Fänge von Menschenhändlern gelangen, die systematisch die Aufenthaltsorte junger Touristinnen sondieren. Bryan muss das brutale Kidnapping am Telefon hilflos mit anhören. Ihm bleiben nur 96 Stunden, seine Tochter aus den Fängen der international operierenden Schlepperorganisation zu befreien, bevor sie für immer verschwindet.
Man kann sich beinahe nur noch wundern, in welcher Regelmäßigkeit unsere französischen Nachbarn ein Top Action- oder Horrorthriller aus dem Ärmel schütteln. Wenn dann noch Luc Besson das Drehbuch verfaßt kann ja auch fast nichts mehr schiefgehen und tatsächlich ist 96 Hours eine absolute Top-Produktion. Ich hatte dabei eigentlich schon befürchtet, das das Genre des knallharten Selbstjustizgemetzels auf der Liste der aussterbenden Arten sich befindet, aber hier wird genau das geboten, kompromißlose Action mit einem Frührentner, der eine blutige Spur quer durch Paris hinterläßt.
Liam Neeson scheint dabei für die Rolle des Einzelkämpfers eine seltsame Wahl zu sein, aber er macht seine Sache hervorragend. Nachdem er die erste halbe Stunde noch den sorgenvollen Vater spielt und als Gelegenheitsjob den Bodyguard für ein fiktives Popsternchen spielt, gibt es nach dem dramatischen Telefonat mit seiner Tochter nach der Landung in Europa kein Halten mehr. Der albanische Mädchenhändlerring wird hierarchisch von unten nach oben zerlegt und wirklich jeder der Fiesos erleidet einen unschönen Tod.
Egal ob mit der Schußwaffe oder bloßen Händen, Mills schlachtet sich in bester Seagal Manier durch die Pariser Unterwelt und hinterläßt einen beachtlichen Bodycount. Dazu wird er von der französischen Polizei gejagt, die verständlicherweise das Treiben beenden will, zumal sie selbst korrupt und in die Machenschaften verstrickt ist. Es gelingt den Machern dabei gut, den Zuschauer zum mitfiebern zu animieren, denn dieser kann sich gut mit dem Mills Charakter und seinen Motiven identifizieren. Zudem freut man sich ja heutzutage beinahe schon hier keine CGI Orgie zu erleben, sondern einen noch wirklich handgemachten Thriller zu haben.
96 Hours bietet ein beinahe perfektes Bild eines Rachefeldzuges, der lediglich zu Beginn ein wenig schleppend beginnt, danach aber ordentlich, roh und brutal durchstartet. Es gibt praktisch keine Längen oder Schwächen, sondern Spannung in Reinkultur. Für mich einer der besten Thriller des neuen Milleniums.
9/10