Bryan Mills ist ein ehemaliger CIA-Agent, der früher in zahlreichen brisanten und hochgefährlichen Einsätzen sein Leben riskierte und sich inzwischen in Los Angeles zur Ruhe gesetzt hat. Damit bezweckt Bryan vor allem, die Beziehung zu seiner 17 jährigen Tochter Kim zu retten, die er in der Vergangenheit aufgrund seines Jobs oftmals vernachlässigte. Als Kim ihn kurz nach ihrem Geburtstag dann jedoch bittet, ihr eine Erlaubnis für eine anstehende Reise nach Paris zu geben, verweigert Bryan zunächst seine Einverständnis, weiß er aufgrund seines alten Jobs doch um die Gefahren in der Welt. Kurz darauf lässt sich Bryan dann allerdings doch erweichen und genehmigt den Urlaub, allerdings nicht ohne seiner Tochter zuvor einige gut gemeinte Sicherheitshinweise ans Herz zu legen. Zu diesem Zeitpunkt kann noch niemand ahnen, dass Kim und ihre Freundin Amanda nur wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Paris von berüchtigten Menschenhändlern entführt werden. Zu deren Pech kann Bryan die Tat allerdings am Telefon mitverfolgen und erhält so einige markante Hinweise zu den Tätern. Unverzüglich reist der ehemalige CIA-Agent nach Paris, wo ihm nun ein gnadenloser Kampf gegen die Zeit bevorsteht, so bleiben ihm von nun an erfahrungsgemäß noch ungefähr 96 Stunden, bis die Spur seiner Tochter endgültig verwischt wird. Mit aller Härte nimmt Bryan die Verfolgung der Täter auf...
Es gibt sie immer wieder: Jene Filme, an die man aufgrund ihrer althergebrachten Thematik eher skeptisch herantritt und die einen dann ob ihrer exzellenten Handhabung alter Versatzstücke dennoch voll und ganz zu begeistern wissen. Im Jahr 2008 sorgten jüngst die Franzosen für eine derartige Überraschung, indem sie das Genre des Actionfilms um das fulminante Highlight 96 Hours bereicherten. Der Regisseur Pierre Morel, der bereits mit Ghettogangz - Die Hölle vor Paris auf sich aufmerksam machen konnte, inszenierte eine gnadenlos unerbittliche Rachestory um einen Mann, der auf der Suche nach seiner Tochter halb Paris in Schutt und Asche legt. Dieses althergebrachte Storykonstrukt wurde in diesem Fall von keinem geringeren als von Luc Besson aufs Papier gebracht und erweist sich in der Umsetzung als einer der geradlinigsten und konsequentesten Actionkracher der letzten Jahre. Die größte Überraschung in 96 Hours stellt jedoch zweifellos sein Hauptdarsteller dar. Brachte man Liam Neeson bislang doch eher mit ruhigen Charakterrollen in Verbindung, so füllt er die Fußstapfen von Charles Bronsen und Co. hier nicht nur mühelos aus, sondern wirkt gar, als hätte er nie etwas anderes gemacht als reihenweise Bad Guys aufzumischen.
In einer Zeit, in der das Actionkino beinahe obligatorisch für die breite Masse zusammengeschustert wird, ist ein Film wie 96 Hours ein regelrechter Segen für die Fans der klassischen Gangart des Genres. Ungemein schnörkellos kommt dieses Werk daher und präsentiert seinem unter Hochspannung stehenden Publikum in geballten 90 Minuten die Quintessenz dessen, was dem Actionfilm in den letzten Jahren immer mehr abhanden kam. Ohne jeden Kompromiss geht es dabei zur Sache, wenn Bryan Mills als perfekt trainierte Ein-Mann-Armee auf der Suche nach seiner Tochter ein ganzes Menschenhändler-Kartell auseinandernimmt und dabei wahrlich keine Gefangenenen macht. In hochkarätigen Bildern präsentiert Pierre Morel seinen Zuschauern fast schon im Minutentakt adrenalintreibende Schießereien, halsbrecherische Verfolgungsjagden und erstklassige Prügeleien, die man einem Liam Neeson in dieser direkten Brutalität sicherlich nicht zugetraut hätte. 96 Hours ist wie eine durchgehende Achterbahnfahrt, die zwar nicht mit neuen Ideen aufwartet, einen durch ihre perfekte Präsentation althergebrachter Elemente dafür aber schier aus den Socken fegt.
Gekonnt schaffen es die Macher dabei zudem, dem Publikum im ersten Drittel die verschiedenen Charaktere näherzubringen. Bryan Mills mag ein perfekt trainierter und mit allen Wassern gewaschene Top-Agent sein, doch zu Beginn des Films ist er in erster Linie ein liebevoller und absolut aufopfernder Vater und diese Rolle ist Liam Neeson wie auf den Leib geschneidert. Das richtige Gespür für Dramaturgie ist zudem eine der hervorstechendsten Eigenschaften Films. So wird bereits vor Kim's Entführung eine dichte Spannung aufgebaut, da man als Zuschauer natürlich schon im Voraus weiß, was geschehen wird dies einem in Anbetracht der sympathischen und sehr menschlich wirkenden Charaktere nähergeht als in so manch anderem Film. Eine gewisse Schwarzweißmalerei und Vorhersehbarkeit gehört dabei sicherlich dazu und untergräbt in keinster Weise das durchgehende Niveau von 96 Hours. Es ist eine wahre Freude, der unaufhaltsamen Ein-Mann-Armee Liam Neeson bei seinem Rachefeldzug zu folgen, der seinen Gegnern aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung als CIA-Agent dabei stets mehrere Schritte voraus scheint und diesen mit aller Härte und Kompromisslosigkeit entgegentritt. Die bereits erwähnten, perfekt choreographierten Fights gehören dabei mit zum Besten, was das Genre seit langer Zeit zu bieten hat und werden jedem Actionfan die Freudentränen in die Augen treiben.
Wer bei alledem mit der Lupe auf Makelsuche geht, wird sich auf Dauer sicherlich an diversen Logiklöchern und der eben doch sehr einfach gehaltenen Story stoßen können, doch trübt dies den Sehspaß insgesamt nicht einmal ansatzweise, sobald man sich einmal mit der konsequenten Machart des Films angefreundet hat. Als überzeugend erweisen sich weiterhin ebenso die Nebendarsteller, die von Liam Neeson zwar ausnahmslos an die Wand gespielt werden, ihre Parts dennoch glaubhaft an den Mann bringen. Naturschönheit Famke Janssen als giftige Exfrau und Maggie Grace als Tochter in Not haben zwar nicht überwiegend viel zu tun, bringen ihre Rollen jedoch überzeugend rüber.
96 Hours, bzw. Taken, so der Originaltitel, ist alles in allem nicht mehr und vor allem nicht weniger als der Archetyp des brachialen Actionkinos. Ohne den Anspruch, das Genre mit neuen Ansätzen bereichern zu wollen, wird eine bekannte Geschichte an den Mann gebracht, die hier aber bis ins Detail mit einer derartigen Zielsicherheit daherkommt, dass es eine wahre Freude ist. Trotz der Vorhersehbarkeit der Handlung wird eine durchgehende Spannung auf hohem Niveau gehalten und zudem mit einer Vielzahl brutaler Nahkämpfe, Verfolgungsjagden und Schießereien bereichert. Liam Neeson spielt seine Rolle derweil so markant und hervorragend, als wäre er seit jeher im Actiongenre zuhause und rundet diesen enorm kurzweiligen und unterhaltsamen Actionkracher damit perfekt ab.
Taken
Frankreich 2008, 90 Min.
Freigabe: FSK 16
Regie: Pierre Morel
Darsteller: Liam Neeson, Maggie Grace, Famke Janssen, Xander Berkeley, Katie Cassidy, Olivier Rabourdin, Leland Orser, Jon Gries, David Warshofsky, Holly Valance, Gérard Watkins, Marc Amyot