Yeah, das ist der Film, den Harrison Ford verpasst hat zu drehen, obwohl es sein Ding wäre: Tochter wird von Menschenhändlern entführt, er rettet sie, Schluss. Aber der gute Indy hat eben außer ein bisschen Axtschwingerei nie so richtig zugehauen, und hier setzt Liam Neeson an. Er gibt hier den biederen, verhärmten Kontrollfreak, dessen Tochter..., was seine Kenntnisse und Fähigkeiten, die man als Geheimagent oder wasweißich im Ruhestand eben so hat, reaktiviert und ihn zu einem Berserker mutieren lässt. Mit einem Mienenspiel, gegen welches sich das von Keanu Reeves wie method acting ausnimmt, hinterlässt er eine Spur von Blut und gebrochenen Knochen, die als collateral damage euphemistisch bezeichnet wäre.
Die Story ist schönster klassischer "Einer gegen alle"-Stoff: Tochter s. oben, 0 Überraschungen, die eine Wendung kommt mit Ansage, die Bösen sind die üblichen Halbrasierten mit den ganz komischen Sprachen und werden weggemäht wie die Bowlingkegel in "Big Lebowski", die Gefangennahme ist sinnlos wie kurz, am Ende sind alle glücklich, ganz besonders - ich!
Hier werden keine Schwachsinnstricks aus der CGI-Kiste hervorgewühlt wie in "Live Free or Die Hard", schicke Autos gibt es verhältnismäßig wenige und auch die Darstellung moderner Technik (Mobiltelefone, Internet, Überwachung) wird nicht überstrapaziert, blödsinnige Bruckheimer'schen Explosionsorgien fehlen komplett. Straight back to the eighties, ohne Kompromisse. Was hier an Selbstjustiz und brutaler Gewalt präsentiert wird, lässt Arnie in "Commando" wie einen Schulbuben aussehen, der schüchtern nach ein paar Bonbons fragt. Einfach geil.
Das beste jedoch ist die Besetzung der Hauptrolle: Kein alter Haudegen wie Bruce Willis oder Steven Seagal darf sich hier zum dreißigsten Mal an Vorderasiaten und Hintereuropäern auslassen, auch kein grinsendes Poppergesicht wie Vin Diesel oder Paul Walker bekommt hier eine Chance zu zeigen, was so ein amerikanischer Familienvater alles kann, wenn man seine Tochter etc., sondern entgegen jeder Erwartung Liam Neeson, der als Oskar Schindler in etwa so viele Menschen rettete wie er hier aus dem Weg räumt. Auf eine mechanische und trockene Weise, die sonst nur ein Terminator an den Tag legt und welche manches Mal sehr amüsiert, schießt und schlägt er sich durch Paris, dass man nur noch staunen und genießen kann.
Positiv möchte ich noch erwähnen, dass Luc Besson, der am Drehbuch beteiligt war, nicht allzu deutliche Spuren hinterlässt - er neigt ja dazu, an sich gute Filme mit zuviel Kitsch und Klischee zu beladen, so wie in "Léon – Der Profi" oder zuletzt in "Unleashed", für den er ebenfalls mit Robert Mark Kamen das Drehbuch verfasste. Aber hier gibt es genau die perfekte Portion Kitsch und Klischee, die ein unterhaltsamer Film braucht, der zeigt, wie ein Vater seine Tochter, die...
Hier wurden die Achtziger unkompliziert mit einer besonderen Note (Neeson) und angemessen modernisiert in die Neuzeit geholt. Super.