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Das Thema Nordirland und die IRA ist nicht nur eine höchst komplizierte und unbeständige Angelegenheit, sondern auch ein seit Jahrzehnten nicht zu Ruhe kommender Konflikt, der in kaum einem Film einmal richtig aufgearbeitet worden ist – „A Prayer for the Dying“ ist ein perfektes Beispiel für eine verschenkte Chance und auch „The Devil’s Own“ muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nur an der Oberfläche zu kratzen. Dabei erwartet man bei einem Actionthriller (eigentlich ein Mix aus Drama und Thriller, da nur zu Beginn kurz Action) von Alan J. Pakula („The Pelican Brief“) gar keine tiefgründige Aufarbeitung des Stoffes, aber grundlegende Hintergrundinformationen sollten doch vorhanden sein.

Stattdessen muss man sich als Zuschauer fast immer seinen eigenen Reim bilden und vor allem zu Beginn Szenen hingeben, die längst nicht frei von Klischees sind. Wenn in den ersten Minuten ein maskierter Mann ein Landhaus stürmt, in dem eine Familie in triefender Idylle sich gerade dem Abendessen widmet und das Oberhaupt vor den Augen der Kinder erschießt, ist deren spätere Gesinnung schon gerechtfertigt?!

So mangelhaft die Hintergrundinformationen auch sind (Nicht mal eine marginale Texttafel oder ein weisender Kommentar wird geboten), der bald folgende, bleihaltige Konflikt in Belfast ist stark vom irischen Naturkolorit geprägt und bleibt dabei ungemein realistisch – zumindest weitestgehend. Denn als Frankie McGuire (Brad Pitt) vom Militär verhaftet werden soll, entfacht er zusammen mit Gleichgesinnten einen kleinen Straßenkrieg. Auch hier bleibt ein fahler Beigeschmack, da es erstens dem zahlenmäßig weit überlegenen Militär aus unerfindlichen Gründen nicht gelingt ihn einzukreisen und zweitens ein britischer Agent auftaucht, der sämtliche negative Klischees bedient und später genau das Bild abgibt, dass sich die Iren von Leuten seines Schlags gemacht haben. Er hat im Film nur die Funktion ein möglichst negatives Licht auf die Vorgehensweise Britanniens zu werfen.

Entkommen, aber nicht gerettet – Frankie wird nach Amerika geschickt, um dort Stinger-Raketen zu besorgen, die die Feinde endlich in die Knie zwingen sollen. Im Grunde ein Witz, weil wirklich nur die verbohrtesten Terroristen an so eine Lösung glauben können. Zumindest bezieht der Film so keine Stellung und überlässt die Entscheidung dem Zuschauer.

Brad Pitt wollte während der Dreharbeiten unbedingt aus dem Film aussteigen, da das Drehbuch mehr als nur einmal umgeschrieben wurde. Worauf das Skript in seiner frühsten Version hinaus wollte bleibt ungeklärt, allerdings sollten später wohl die Fans beider Stars bedient werden. Die überlange Charakterisierung des Polizisten Tom O’Meara (Harrison Ford), der, ohne zu wissen wen er bei sich aufnimmt, in Amerika McGuire Unterschlupf in einer kleinen Kellerwohnung gewährt und eben Frankies nimmt zwar ungemein viel Platz ein, führt die beiden Personen aber nicht zu der angestrebten Vater-Sohn-Beziehung zusammen. Pitt bleibt recht reserviert, Ford ist mehr mit seiner Familie und seinem Job beschäftigt. Die wenigen gemeinsamen abendlichen Barszenen bringen den Film dabei nicht weiter.

Pakula verschenkt dabei so viele interessante Ansätze. Wie sieht zum Beispiel die Struktur der IRA in Amerika aus? Stattdessen muss sich McGuire mit einem skrupellosen Waffenhändler (Treat Williams) herumschlagen. Während dessen kommen ihm irgendwie die Gegner auf die Spur, er lebt sich bei O`Mearas ein, aber so recht interessant wird das Szenario nicht. Während dessen hat Tom mit beruflichen Problemen zu kämpfen, die zwar seine Einstellung zu Waffen und Gewalt klar stellen, aber nie so ausgewälzt hätten werden müssen.

Insbesondere wenn sich der Film auf die Zielgerade bewegt, wird man das Gefühl nicht los, dass hier so einiges fehlt oder anders hätte laufen müssen. Tom will die Wahrheit herausfinden, stolpert über zu viele Zufälle und trifft schließlich auf Frankie, während dieser seinerseits mit den Waffen abdampfen will. Selbst zum Schluss findet man keinen knackigen Dialog, in dem beiden Menschen sich mit ihrer so unterschiedlichen Auffassung von Gewalt auseinander setzen. Der eine versucht sie einzudämmen, der andere rechtfertigt sie. Aufeinander einwirken können sie aber während des gesamten Films nie, da eben die Beziehung zueinander fehlt.

Fazit:
Leider zu oberflächlicher Thriller, der sein Thema völlig verschenkt. Die Vorbereitungen zu einer spannenden Auseinandersetzung wurden mit der Konstellation Ford/Pitt zwar getätigt, doch die Durchführung ist enttäuschend. Ein Film, der hinter die Kulissen blicken wollte, aber an seinem Anspruch scheitert eine ausführliche Charakterstudie mit leicht konsumierbarer Unterhaltung zu koppeln. Irgendwie enttäuschend, wenn auch nicht richtig verhunzt. Es hätte einfach vieles anders laufen müssen.

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